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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Firma einklagen. Was hätte ich dann machen können? Die
wundersame Rettung aus dem Tsunami erfinden? Das wäre wahrscheinlich sogar
deinem leichtgläubigen Vater irgendwann komisch vorgekommen.« George Cavanagh
grinste selbstzufrieden, während er mit seinen Wahrheiten herausrückte.
    Â»Er hat sich nie wieder gemeldet?«, hakte Brandon noch einmal nach.
Bei dieser Aussage wollte er ganz sicher sein.
    Â»Nein.« Sein Großvater schüttelte den Kopf. »Das Erste, was ich von
ihm gehört habe, ist die Geschichte, dass er bei Ruihas Beerdigung aufgetaucht
ist. Nachdem er danach allerdings auch wieder spurlos verschwunden ist, muss
man wohl davon ausgehen, dass er uns in Ruhe lässt. Ich für meinen Teil bin an
einem Wiedersehen auch nicht interessiert.«
    Damit setzte er sich an seinen Schreibtisch, schlug eine Akte auf
und sah seinen Enkel fragend an. »War das alles, was du wissen wolltest? Ich
habe zu tun, entschuldige mich.«
    Brandon sah den alten, arroganten Mann einen Moment lang an. Dann
schüttelte er den Kopf. »Du hast recht – ich will nichts anderes von dir. Melde
dich doch bitte, wenn dir noch etwas einfällt. Es könnte immerhin sein, dass
das Leben deiner Urenkelin davon abhängt.«
    Damit ging er wieder und schlug auf den langen Gängen den vertrauten
Weg zum Büro seines Vaters ein. Der hatte schon vor Jahren die Leitung der
Pacific Shipping Company übernommen. Zumindest auf dem Papier – in Wirklichkeit
gab es immer noch keine wichtige Entscheidung, die nicht über den Schreibtisch
von George Cavanagh lief. Ewan schien sich an dieser Regelung allerdings nicht
zu stören.
    Er sah überrascht auf, als sein Sohn plötzlich in seinem Büro
auftauchte. »Brandon! Was machst du denn hier? Ich dachte, dir wäre die
Büroluft hier viel zu trocken!« Er nahm ihn herzlich in die Arme und war
offensichtlich wirklich erfreut, ihn zu sehen.
    Â»Ein paar Stunden ertrage ich sogar dein Büro – solange du von mir
nicht verlangst, dass ich für immer hier einziehe!«, erklärte Brandon und ließ
sich unaufgefordert auf den Besucherstuhl fallen. Seine Abneigung gegen einen
Schreibtischjob war für seinen Vater keine Neuigkeit mehr.
    Ewan Cavanagh drückte auf den Knopf seiner Gegensprechanlage. »Einen
großen Milchkaffee, bitte«, befahl er seiner unsichtbaren Sekretärin. Dann sah
er seinen Sohn fragend an. »Ich hoffe, das ist immer noch dein
Lieblingsgetränk?«
    Brandon nickte. »Aus eurer Kaffeemaschine immer …«
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, während die ältliche
Blondine, die, solange Brandon denken konnte, im Vorzimmer seines Vater gesessen
hatte, den Kaffee und ein paar Kekse brachte. »Die magst du doch besonders!«,
zwinkerte sie ihm zu – und Brandon kam sich eine Sekunde lang wieder wie der
kleine Junge vor, der seinen Papa nur kurz im Büro besuchen durfte. Dann
verschwand sie, und Ewan sah seinen Sohn fragend an.
    Â»Du wirst nicht nur wegen unseres Kaffees hier sein …?«
    Â»Nein.« Brandon schüttelte den Kopf. »Wir suchen weiter nach einem
passenden Spender für Ava. Bis jetzt sind wir noch nicht fündig geworden,
allmählich wird es eng … Deswegen wollen wir auch unbedingt John finden.
Immerhin ist er ihr Großonkel. Was weißt du über ihn, seit er hier aus
Christchurch verschwunden ist?«
    Ewan sah seinen Sohn nachdenklich an. »Ich weiß wirklich nicht, wo
er im Moment steckt«, sagte er nach ein paar Sekunden. »Das musst du mir
glauben.«
    Â»Aber?« Brandon sah seinen Vater lauernd an. »Das klingt, als
würdest du etwas anderes wissen und wärst dir nicht so sicher, wie du es mir
sagen sollst.«
    Ãœber Ewans Gesicht ging ein leises Lächeln. »Du kennst mich gut! Und
du hast recht.« Er sah nachdenklich auf seine Hände, die mit einem
Kugelschreiber spielten, dann gab er sich offensichtlich einen Ruck. »Ich habe
John nach seiner Flucht aus Christchurch gesehen. Mehrere Male.«
    Â»Wann?« Brandon konnte seine Neugier kaum bezähmen.
    Sein Vater zuckte leicht mit den Schultern. »Immer dann, wenn John
es für richtig hielt. Mal hat er mich auf dem Weg zur Schule abgepasst, später
dann in meiner Wohnung … Und jedes Mal ging es ihm darum, zu erfahren, wie es
mir ergangen ist. Kein einziges Mal hat er von sich selbst geredet. Sicher, ich
habe ihn

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