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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Maureen
ist einfach nicht mein Typ …«
    Â»Wer ist denn dann dein Typ?« Fredericks Neugier war offensichtlich
geweckt.
    John zuckte mit den Achseln. »Das letzte Mädchen, das mein Typ war,
ist tot. Jetzt warte ich auf die nächste …«
    Â»Und dann wird geheiratet, und ihr kauft euch eine Waschmaschine,
einen Kühlschrank, ein Auto und ein Haus – oder?« Frederick sah ihn lauernd an.
»Gib es zu – dann bricht wieder der wahre John hinter der Fassade eines Bodgie
hervor.«
    John war überrascht. »Nein, wieso? Ich will nicht heiraten, und im
Moment ist meine Wohnung kaum groß genug für mein Bett, da träume ich von etwas
anderem als einer Waschmaschine und einem Kühlschrank. Auch wenn ein kühles
Bier im Bett eine schöne Idee ist – und dafür ist ein Kühlschrank nun einmal
die Voraussetzung.« Er lachte bitter auf. »Aber jetzt habe ich erst einmal
meinen Job verloren und kann froh sein, wenn ich überhaupt meine Wohnung behalten
kann. Ab nächster Woche wird es eng mit der Miete …«
    Frederick klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter. »Wenn es
knapp wird, gib Bescheid. Ich kann dir immer was leihen, mein Vater hat mir ein
paar Reserven für das große, gefährliche Auckland gegeben.« Noch einmal ein
Klopfen, dann bestellte Frederick die nächste Runde Bier. Keine Spur mehr von
Misstrauen und Zorn.
    Die nächsten Wochen vergingen in einem wilden Wirbel von Rock’n’Roll, zu viel Bier, Tanzen, Feiern und Schlaf erst ab den frühen Morgenstunden.
Viel zu spät bemerkte John, dass er keinen Cent mehr besaß und ordentlich
Schulden bei seinen Freunden angehäuft hatte. Besonders bei Frederick, dessen
Launen immer unberechenbar waren. Er öffnete seine Schublade, in der er einst
seine kümmerlichen Ersparnisse aufbewahrt hatte, und fand nur noch eine
lächerliche Zehnpfundnote, die er bisher wohl übersehen hatte, weil sie eng
zusammengefaltet in einer Ecke klemmte. Mit einem Stirnrunzeln sah er den
Geldschein an. Es konnte doch nicht sein, dass er jetzt schon wieder arbeiten
musste? In zwei Tagen war seine Miete fällig – bis dahin musste er dringend
eine neue Einnahmequelle finden. John seufzte. Seine Lust auf schwere Kisten
oder gefrorene Lammhälften war gering. Das Leben ohne Arbeit fühlte sich gut
an, das ziellose Sich-treiben-Lassen mit seinen neuen Freunden machte ihm
wirklich Spaß. So wollte er weiterhin leben.
    Während er in die Schublade sah und auf ein Wunder irgendeiner Art
hoffte, fiel ihm wieder der dunkelhaarige Kunde in der Milkbar ein. Ewan. Er
sollte seine Freiheit ohne Job wenigstens dazu nutzen, auf die Südinsel zu
reisen und seinen kleinen Bruder zu besuchen. Vielleicht brauchte Ewan ja
dringend seine Hilfe? Oder einen Rat für seine Zukunft. Seufzend schob er die
Schublade zu. Also zuerst einmal nach Charteris Bay, dann wieder Arbeit im
Hafen suchen. Da er kein Geld hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als in
Richtung Süden zu trampen und auf viele nette Mitbürger zu hoffen, die ihn ein
Stück des Wegs mitnehmen würden. Entschlossen griff er nach der Zehnpfundnote,
zog sich seine geliebte Lederjacke über und machte sich auf den Weg. Seine
Freunde würden auch ein paar Tage ohne ihn zurechtkommen.
    An der Straße in Richtung Süden stellte er sich hin und winkte den
vorüberfahrenden Autos zu. Schon bald hielt ein Farmer mit einem Pick-up an und
nahm ihn auf der Ladefläche mit bis in die Nähe des Lake Taupo. John machte es
sich gemütlich, blinzelte durch halb geschlossene Augenlider in die Sonne und
genoss die Fahrt. Immer wieder schlief er ein – und wurde aus seiner Träumerei
erst gerissen, als der Fahrer anhielt und ihn am Straßenrand stehen ließ. Das
Glück blieb ihm treu, nur wenige Minuten später hielt ein Lastwagenfahrer, der
Ladung für die Südinsel fuhr. Er sah ihn und seine Kleidung zwar mit einer
hochgezogenen Augenbraue an und murmelte etwas von »Hat man das jetzt so in der
Stadt?«. Aber dann winkte er ihm zu, er solle ins Führerhaus springen. John
konnte sogar die Überfahrt auf die Südinsel mit ihm verbringen – bei jedem Fahrzeug
durften zwei Personen mit an Bord.
    Erst einige Meilen nach Picton musste er sich wieder auf die Suche
nach einer neuen mitleidigen Seele machen. Doch es war längst zu spät am Tag,
es blieb ihm nichts anderes

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