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Der Gesang der Orcas

Der Gesang der Orcas

Titel: Der Gesang der Orcas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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betreiben. An so etwas zu denken war natürlich Unsinn. Zumal ich von Javid wusste, dass er ganz andere Pläne hatte. Aber zum ersten Mal kam mir die Idee, hierher zurückzukehren, wenn ich alt genug war, um mein Leben selbst zu bestimmen.
    Während ich den Salat zubereitete, kümmerte sich Freda um das Hühnchen und den Reis. Ich hatte wirklich großen Hunger und es duftete so verführerisch aus der Backröhre, dass mir das Wasser im Mund zusammenlief. Meinen Appetit hatte ich wieder und auch sonst fühlte ich mich sehr lebendig. Das hatte ich Javid zu verdanken. Auf einmal sah ich die Welt mit Augen, die er mir geöffnet hatte.
    Â»Dein Vater ist mächtig sauer auf Javid«, sagte Freda.
    Ich horchte auf. »Hat Javid das erzählt?«
    Sie lächelte kopfschüttelnd. »Nein, mein Sohn spricht nicht über solche Dinge, jedenfalls nicht mit mir. Aber dein Vater war bei mir und hat mich gebeten mit Javid zu reden.«
    Meine Augen wurden rund und groß.Nun war er zu weit gegangen.
    Freda legte mir eine Hand auf die Schulter. »Wir Makah sind in Liebesangelegenheiten anders als ihr Weißen«, sagte sie. »Wir reden nicht über diese Dinge, wir respektieren sie einfach. Ich möchte meinem Sohn nicht verbieten mit dem Mädchen zusammen zu sein, das er mag.« Ich ließ das Messer fallen und umarmte Freda. Sie drückte mich an sich und strich mit ihrer Hand mein Rückgrat auf und ab. »Ich vertraue Javid«, fuhr sie fort. »Deshalb weiß ich, dass er nie etwas tun würde, was du nicht auch möchtest.«
    Ich löste mich von ihr. »Das stimmt«, sagte ich, »aber mein Vater sieht das anders. Ich muss morgen mit ihm und Lorraine nach La Push fahren, obwohl ich überhaupt keine Lust dazu habe. Viel lieber würde ich Javid helfen die Orcas aus der Nähe des Ölteppichs zu vertreiben.«
    Â»Ist es das, was er vorhat?« Freda musterte mich eindringlich mit ihren schrägen schwarzen Augen.
    Ich zuckte die Achseln. »Genau weiß ich es nicht. Aber eine der drei Walkühe ist trächtig und ihr Kalb wird sicher bald geboren werden. Wenn sie in den Ölteppich geraten …«
    Â»Das ausgelaufene Öl ist noch weit vor der Küste«, unterbrach mich Freda. »Und sieh dir diesen Nebel an. Solange er anhält, kann die Küstenwache nichts unternehmen und die Leute vom Umweltamt auch nicht. Und Javid kann erst recht nichts ausrichten mit seinem lecken Schlauchboot.«
    Da hatte sie wohl Recht.
    Das Hühnchen war fertig und sie holte es aus der Röhre. Dazu gab es Wildreis von den Ojibwe-Indianern aus Kanada und grünen Salat mit Sojakernen und Wildzwiebelschalotten. Es war tröstlich, bei Freda in der kleinen, gemütlichen Küche zu sitzen und mit ihr knuspriges Hühnchen zu essen. Im Augenblick konnte ich mir nichts Besseres vorstellen, außer natürlich, Javid wäre hier.
    Â»Im Übrigen ist La Push sehr schön«, tröstete sie mich beim Essen. »Bestimmt kommt ihr auch nach Rialto Beach. Allerdings glaube ich nicht, dass sich das Wetter ändern wird. Dein Vater will doch bestimmt Fotos machen.«
    Â»Wahrscheinlich«, sagte ich. »Aber das ist nicht mein Problem.«
    Â»Wie die Orcas nicht sein Problem sind.«
    Â»Ja«, sagte ich. »Jeder muss sich um das kümmern, was ihm wichtig ist.«
    Â»Vielleicht wäre es einfacher, wenn jeder von euch etwas Interesse zeigen würde an dem, was der andere tut und was ihm wichtig ist«, bemerkte Freda. »Dein Vater denkt, es interessiert dich überhaupt nicht, was er macht.«
    Â»Das stimmt nicht«, protestierte ich. »Ich weiß,dass mein Vater gute Fotos macht. Schließlich wären wir sonst nicht hier.«
    Â»Na siehst du. Würde dein Vater keine guten Fotos machen, hättest du Javid gar nicht kennen gelernt und die Orcas auch nicht.«
    Ich sah Freda an und entdeckte dieselben lustigen Funken in ihren Augen, die ich aus Javids Blick kannte, wenn er sich über mich amüsierte. Ich konnte nie böse sein deswegen.
    Â»Ist das die Art und Weise, wie ihr Makah die Dinge seht?«, fragte ich leise.
    Freda lachte ihr warmes Lachen. »Keine Ahnung, ob alle Makah das tun, aber ich schon, und ich bin schließlich eine Makah. Glaub mir«, sagte sie, »die Dinge ab und zu auch mal auf diese Weise zu sehen hilft über große Hürden hinweg. Wenn du dich mal verirrt hast, Sofie, folge

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