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Der Gesang des Blutes

Der Gesang des Blutes

Titel: Der Gesang des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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fluchtartig in diese Einöde? Hier irgendwo war das Geld versteckt. Sie hatten es gar nicht in der Stadt. Logisch, natürlich nicht. War ja auch viel zu heiß.
    Er musste warten. Musste einfach nur warten, bis dieser Scheißkerl ihn zu seinem Geld führte. Dann konnte er ihm immer noch jeden Finger einzeln mit der Rosenschere abkneifen. Was für ein Spaß!
    Aber diese Warterei … verdammt, das war nicht sein Ding. Schon die endlosen Stunden in Hamburg, am Straßenrand im Wagen sitzend. Eine einzige Qual. Und dabei hatte er noch Glück gehabt. Ohne den Tipp von Kalle Stolz wäre er Erics Bruder nicht so schnell auf die Schliche gekommen. Oh Mann, was für eine Familie. Die Brüder hassten sich, und der Vater verriet den Sohn an jemanden, der eindeutig Mordgedanken mit sich trug. Was für ein Spaß!
    Radduk beugte sich vor, als Robert Stolz den kleinen Dorfladen verließ. Auf seinem Weg zum Wagen schaute er sich aufmerksam um. Ja, dachte Radduk, guck ruhig, du Penner. Mich wirst du erst entdecken, wenn es zu spät ist. Ich bin nicht so dämlich wie Hardy. Dieser Idiot. Ließ sich erwischen wie ein Anfänger und machte damit alles kaputt. Jetzt war er selbst kaputt, mehr oder weniger.
    Zeitgleich mit Robert Stolz startete Radduk den Motor seines Wagens. Als er sicher war, nicht gesehen zu werden, fuhr er vom Vorplatz des Gasthauses, wo er verborgen hinter einer immergrünen Hecke geparkt hatte, und verfolgte den BMW . Stolz fuhr zurück. Was sollte das? Wusste der Kerl nicht, wohin er wollte?
    Ungefähr zwei Kilometer außerhalb des kleinen Kaffs bog er plötzlich ab. Radduk fuhr an der Einfahrt vorbei und sah die Bremslichter des BMW vor einem tiefliegenden Fachwerkhaus aufleuchten. Nicht weit entfernt führte ein Wirtschaftsweg in einen Kiefernwald. Dort parkte Radduk seinen Wagen. Am Rand der einsamen Landstraße lief er zurück. Das Pochen seines Blutes und die schneidende Kälte des Windes ließ sein Gesicht schmerzen, als wäre die Verbrennung erst einen Tag alt. Dafür würde Stolz büßen. Schlimmer, als er es sich je vorgestellt hatte.
    Gegenüber des Hauses drückte Radduk sich ein paar Schritte in den Wald hinein und beobachtete. Da keine Blätter mehr an den Pappeln und Büschen waren, konnte er das Grundstück gut einsehen. Und was tat Stolz da? Er schlich um das Haus und sah in die Fenster.
    Dort musste sein Geld sein. Was für ein Interesse konnte er sonst daran haben? Hier lebte jemand, dem er vertraute und der seine Beute für ihn aufbewahrte. Vielleicht war dieser Jemand nicht da? Vielleicht kam Stolz unangemeldet, weil der Tod der kleinen Schwuchtel und Hardy ihn aufgescheucht hatten? Vielleicht sollte er einfach da rübergehen und dem Kerl eine Kugel verpassen?
    Radduk kroch aus dem Wald, hielt sich aber im Schutz der Böschung. Erst als Robert Stolz hinter dem Haus verschwand und er sich davon überzeugt hatte, dass rechts und links kein Auto zu sehen war, spurtete Radduk über die Straße. Er nutzte jedoch nicht die mit Schotter belegte Hofeinfahrt, sondern schlug sich durch die Büsche auf das Stallungsgebäude zu. Er hatte es fast erreicht, da tauchte Stolz neben der Hausecke auf. Radduk ließ sich auf die Knie fallen. Hinter einem unordentlichen Haufen alter Bretter ging er in Deckung. Durch eine Lücke in dem Wirrwarr beobachtete er Stolz.
    Der ging auf die Haustür zu und las offensichtlich den Namen auf der Klingel. Dann drückte er ein paarmal den Knopf und wartete. Schließlich wandte er sich ab und ging zu seinem Wagen. Radduk richtete sich ein wenig auf und brachte seine Waffe in Anschlag.
    Robert Stolz blieb einen Moment in der geöffneten Tür seines Wagens stehen und betrachtete das Haus. Dabei stand er mit dem Rücken zum Holzhaufen. Radduk zielte und zog den Abzug durch. Nichts!
    Als er endlich entsichert hatte, war Robert Stolz längst eingestiegen.
    «Verdammte Scheiße», flüsterte Radduk und sah dabei zu, wie der Blödmann rückwärts die Einfahrt hochfuhr.

    Während der Fahrt zurück nach Althausen glich Kristins Kopf der Drehtür eines stark besuchten Kaufhauses. Verschiedene, nicht immer zusammenhängende Gedanken kamen und gingen hinein und wieder hinaus, beschäftigten sie für eine Sekunde, um dann zu verschwinden und den nächsten Platz zu machen. Nach und nach schien sich dabei jedoch etwas herauszubilden. Ungefähr so, als säße sie vor einem Puzzle mit dreitausend Teilen: Sie nahm dieses und jenes Teil, versuchte es einzupassen, legte es wieder weg, nahm ein neues,

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