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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Dinge nicht wieder passieren? Vielleicht ist das Minenunglück ein Auslöser für wirtschaftliche und politische Veränderungen in diesem Land.«
    Destra verschluckte sich fast an seinem Whisky. Donnerwetter, dachte er, die kleine Maus, die ich bei ihrer Ankunft in Guyana am Flughafen kennen gelernt habe, hat sich in einen brüllenden Löwen verwandelt. Sie klingt ja schon fast wie Xavier, wenn er im Busch agitiert. Gott weiß, was sie als Nächstes vorhat. Aber bevor er das Gespräch wieder aufnehmen konnte, erblickte Madi Sasha St. Herve, der mit Oberst Bede Olivera sprach, und erwiderte sein Winken mit ihrem erhobenen Glas. »Entschuldigen Sie, Antonio, aber ich muss mit Sasha reden. Geschäfte.«
    »Ich bin der letzte, der einem kleinen Geschäft im Wege stehen würde«, witzelte er. »Wir sehen uns vielleicht später noch.«
    Sasha schenkte Madi ein strahlendes Lächeln. Der Oberst begrüßte sie überschwänglich. »Ich höre, Sie haben das Landesinnere erforscht. Hervorragend, hervorragend. Ich hoffe, Sie waren entsprechend beeindruckt von unserem Land«, meinte er lächelnd.
    »Wie könnte ich das nicht sein … Rupununi, Kaieteur, der Essequibo.«
    Sasha St. Herve mischte sich ein. »Ich habe versucht, Madison zu überreden, ein Werbe- und Marketingkonzept für das Amazonia-Kasino zu entwerfen.«
    »Ah ja, das stimmt, Sie sind ja im Hotelmarketing tätig. Können wir Sie nicht überreden? Es wäre ein einmaliges und erstklassiges Projekt, an dem Sie da arbeiten würden«, lächelte Oberst Olivera.
    Eine kleine Alarmglocke klingelte in Madis Kopf. »Wir? Haben Sie mit Amazonia zu tun?«
    »Allerdings hat er damit zu tun. Ich sagte Ihnen ja, dass wir eine äußerst imposante Gruppe von Persönlichkeiten als Geldgeber für das Kasino gewonnen haben. Kommen Sie, Sie müssen den Vorsitzenden des Amazonia-Komitees kennen lernen.« St. Herve nahm ihren Arm, und Madi murmelte dem Oberst ein paar Abschiedsworte zu.
    »Madison, darf ich Sie mit Mr. Rashid Bacchus bekannt machen, einem Bankier aus Brasilien, dem Vorsitzenden unseres Amazoniaprojekts? Das ist Miss Wright, die aus Australien zu Besuch ist.«
    Bacchus war ein älterer Mann, über dessen Leibesfülle sich eine bis an den Kragen zugeknöpfte indische Jacke spannte, dunkle Hautfalten quollen über den hohen Kragen. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß, aber er bedachte Madison mit einem wohlwollenden Lächeln. Als sie sich die Hände schüttelten, trafen sich ihre Blicke, und sie sah, dass seine Augen hart und kalt waren.
    »Nett, Sie kennen zu lernen.« Sie lächelte zurückhaltend. Und dann, als sie seine Hand losließ, fiel ihr Blick auf das, was sie da gespürt hatte – einen Ring. Geformt wie ein Goldfrosch. Wieder schaute sie ihm in die Augen und versuchte, seinen undurchdringlichen Gesichtsausdruck zu enträtseln.
    Mit dem Drink in der Hand begann Sasha St. Herve, Bacchus von Madis Marketingkenntnissen vorzuschwärmen. »Doch seit sie im Landesinneren war, ist sie ein Fan des Ökotourismus geworden«, meinte er mit einem gekünstelten Lachen.
    Bacchus reagierte sofort abweisend. »Ich glaube nicht, dass der Ökotourismus ein durchführbares Konzept ist. Als Bankier könnte ich so riskante, unbedeutende Unternehmungen nicht befürworten. Ein Kasino ist dagegen ein garantierter Erfolg. Schauen Sie doch, was Kasinos in Ihrer Heimat für Städte wie Melbourne, Cairns, Perth und Sydney bedeuten. Und Sie haben Ihren Aufenthalt in der Wildnis unseres schönen Landes genossen?«
    Er betrachtete sie über den Glasrand, während er sein Mineralwasser trank. Der Goldfrosch funkelte Madi an. Noch verräterischer war die Tätowierung, die genauso deutlich an der Innenseite seines Handgelenks zu sehen war wie damals, als sie sie unter der Augenbinde hindurch zum ersten Mal erblickt hatte. Seine Hand und das Glas verdeckten einen Teil seines Gesichts, aber seine Augen sahen sie durchdringend an, hart und drohend.
    »Ich war nicht direkt in der Wildnis. Ich habe Freunde auf ihrer Ranch in der Rupununiebene besucht«, sagte sie und hoffte, dass ihre Stimme nicht allzu sehr zitterte.
    Der Augenblick, vor dem sie sich so sehr gefürchtet hatte, war eingetreten, als sie es am wenigsten erwartet hatte und gerade begonnen hatte zu denken, dass die Drogenepisode nur ein böser Traum gewesen war. Hier war der Mann, der Connors und ihren Tod befohlen hatte, er stand unmittelbar vor ihr.
    Sie wusste einfach nicht, ob Bacchus sie erkannt hatte, aber es konnte nicht anders

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