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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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verdrehen, und die Armen sind immer die, wo zahlen.«
    »Ich glaube, ein großer Teil seines Geldes stammt aus dem Drogenhandel. Wissen Sie, Lester, beim Anblick dieser Häuser, dieser Villen, die da in den Vororten gebaut werden, frage ich mich, wo die Leute das Geld herhaben, wenn sie nicht bei ausländischen Firmen beschäftigt sind?«
    »Da ham Sie Recht! Freunde von mir, die wo Fahrer und Dienstmädchen und Torwächter sind, die erzählen mir von Autos spät in der Nacht, von Fahrten, von seltsamen Sachen, wo da passieren. Das stinkt, aber keiner tut sich trauen, was zu sagen, weil sie zu viel Angst ham. Alle hoffen, dass sie auch was von dem vielen Geld abkriegen.« Lester schüttelte den Kopf, er musste jetzt vor Madi hergehen, weil nicht genug Platz auf dem Bürgersteig war. »So kann doch kein Land was werden, Mann.«
    Wegen der drängenden Menschenmenge, der parkenden Autos, der Verkaufsstände, Straßenhändler und Fahrradfahrer waren sie gezwungen, auf der Straße zu gehen.
    Hinter Madi dröhnte ein Motor auf, als ein alter amerikanischer V8 plötzlich Gas gab, mit quietschenden Reifen losschoss und sie mitgerissen hätte, wäre sie nicht aus irgendeinem Grund plötzlich hinter einen Mann getreten, der einen kleinen Karren mit Bierkästen vor sich herschob. Der Wagen rammte den Karren, und Bierflaschen flogen nach allen Seiten. Aber er hielt nicht an, sondern pflügte sich laut hupend einen Weg durch das Verkehrsgewimmel.
    Madis Herz schlug ihr bis zum Hals, und ihr wurde schwindlig. Dann bemerkte sie, dass sie ihren Holzfrosch in der Tasche ihrer weißen Hose fest umklammert hielt.
    »Mann, das wär beinahe schiefgegangen. Sie ham Glück gehabt. Warum sind Sie ausgewichen? Ham Sie ihn kommen gehört?« Lester griff nach ihrem Arm.
    Madi war wie betäubt. »Es war, als würde ich zur Seite gezogen. Ich kann es nicht erklären.« Sie sahen einander an. »Glauben Sie, er wollte mich absichtlich überfahren?«
    »Jetzt ham wir den Kaffee aber dringend nötig. Lassen Sie uns von hier verschwinden.« Lester führte sie in das Café, fort von dem chaotischen Gewimmel.
    Sie setzten sich ein Stück von der Tür entfernt mit Blick auf die Straße. Madi war aufgewühlt durch den Vorfall, weil sie wusste, dass das schlingernde Auto kein Zufall, sondern ein gezielter Versuch war, sie umzubringen.
    »Ich denke, wir müssen nicht lange rätseln, wer es da auf mich abgesehen hat«, sagte sie mit zitternder Stimme.
    »Sie – und Connor – tun besser für 'ne Weile aus der Stadt verschwinden. Mal abwarten, ob der Boss von Ihrem Bruder was bei der Regierung erreichen kann. Mit wem wollte er reden?«
    »Keine Ahnung, Lester.« Madi rieb sich die Augen. »Kommt mir so vor, als könnte man unmöglich wissen, wem man trauen kann.«
    »Dann fahrn Sie lieber weg … noch 'n kleiner Urlaub, eh?«
    »Ich möchte den Karneval nicht verpassen.«
    »Tun Sie mit Ihrem Bruder reden … vielleicht können Sie im Gästehaus von Ihrem Bruder seiner Mine bleiben. Das is nich so weit, und da sind Leute, die wo auf Sie alle aufpassen können«, schlug er vor.
    »Das ist eine prima Idee, Lester. Ich werde es vorschlagen. Ich bin sicher, dass Matthew immer Gründe finden kann, zur Mine zu fahren. Und Connor auch.«
    Lester sah erleichtert, dass Madi wieder lächelte. Aber das Lächeln verging ihr rasch, als ihr erneut klar wurde, dass jemand ernsthaft versucht hatte, ihr etwas anzutun oder sie gar zu töten. Sie konnte den Gedanken nicht abschütteln. Gott, wo war sie da hineingeraten?
     
    Matthew und Connor waren gleich damit einverstanden, ein paar Tage bei Guyminco zu verbringen. Beide waren entsetzt, als Madi ihnen von dem versuchten Anschlag auf sie erzählte. Matt sprach mit seinem Boss, und am folgenden Tag fuhr er Connor und Madi zur Mine.
    Als sie auf der Veranda des
Wanika House
saß und die Ruhe des gepflegten Gartens und des breiten, träge fließenden Demerara auf sich einwirken ließ, war Madi zum ersten Mal, seit sie aus dem Landesinneren zurückgekehrt war, von einem Gefühl der Ruhe und des Friedens erfüllt.
    Während Connor mit Gordon Ash über die geplante Privatisierung und den Verkauf von Guyminco sprach, machte Matthew seine Runde durch den Verwaltungsbereich und war beeindruckt von den stetigen Fortschritten und der positiven Arbeitseinstellung aller Angestellten. Die Aussichten für einen Verkauf der Mine sahen jetzt wesentlich besser aus als bei ihrer Ankunft.
    Madi hatte sich im Aufenthaltsraum an einen Tisch

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