Der Gesang von Liebe und Hass
»Leben nicht schlecht, die Jungfrauen«, sagte er.
Gegen eine Säule gelehnt saß ein Offizier, Verwirrung in den Augen. Blut lief aus einer Kopfwunde über sein Gesicht. In der Hand hielt er eine Pistole, aber er war zu schwach, sie zu heben.
Ed stellte seine Maschinenpistole auf Einzelfeuer und hob die Waffe.
Brenski schlug sie ihm herunter. Er grüßte militärisch.
»Señor Comandante – Sie sind der Befehlshaber dieser Stellung?«
Der Offizier nickte, wobei sein Kopf zuckte und das Blut schneller aus der Wunde pulste.
»Ich – war es …«, brachte er mühsam hervor.
Jetzt kamen Schritte den Gang entlang, leise Stimmen waren zu hören.
Ein Zivilist in einem weißen Mantel, ein dünner Mann mit nervösen Bewegungen, wies zwei Schwestern an, sich um den Comandante zu kümmern.
»Bringt ihn in den Verbandsraum!«
»Wer sind Sie?«
Der Zivilist seufzte müde. »Ich bin Mario Cantares. Ich bin Arzt. Dienstverpflichtet. Ich versuche zu helfen.«
»Halt!« Brenski packte die eine der Schwestern, die sich über den verwundeten Colonel gebeugt hatte, an der Schulter. Sie schaute hoch.
Es war, als bebe die Erde wieder. Es war, als flamme vom Himmel selbst Feuer, und dann kam die Ruhe, der Frieden, die Liebe, das Glück, und dies alles aus dem ovalen Gesicht unter der Haube.
Er schluckte. Er ließ die Schulter der Nonne los.
»Begleite ihn«, sagte Brenski zu Ed. Und zu dem Arzt gewandt: »Ich verlange, daß Sie ihm keine Betäubungsmittel geben. Ich brauche ihn für das Verhör.«
»Die Antworten – können Sie – jetzt schon haben – nach der Genfer Konvention …« Stoßartig kamen die Worte aus dem Mund des Verwundeten. »Dienstgrad: Oberst – Name: Ramón Arraga y Catalania – Nummer der Erkennungsmarke: einhunderttausendsechsunddreißig.«
»Bringen Sie ihn weg«, sagte Brenski zu der Nonne. Sie schaute ihn wieder an, und wieder ging dieser Stich durch seinen Magen, und sie sagte, und alle Verachtung lag in ihrer Stimme: »Sie wollen einen Mann verhören, der auf den Tod verletzt ist?«
»Tun Sie, was er befiehlt«, sagte der Arzt müde. »Bringt ihn in den Operationsraum.« Er lachte leise wie über einen Scherz. Der Trupp entfernte sich, von Ed begleitet.
Eine andere Nonne blieb vor Brenski stehen, hochaufgerichtet, Hochmut im Gesicht, ihre schwarzen Augen durchdringend, ihre Adlernase von Kühnheit und Stolz zeugend. Am bemerkenswertesten waren ihre Füße, in groben Strümpfen, in derben Sandalen, wie Brenski sie nicht bei den ärmsten Landleuten gesehen hatte.
»Sie werden dafür sorgen, daß Ihre Leute sich anständig benehmen, Sergeant.«
»Wir sind keine Banditen.«
»Manchmal hört man das anders.«
»Nicht viel Schlechteres als das, was man von den Marokkanern Francos hört. Die sind auf dem Anmarsch hierher, und Sie können Gott danken, Ihrem Gott und Ihrer Jungfrau Maria, daß wir vor ihnen da sind.«
»Ich bin die Oberin. Sie werden tun, was ich sage.«
Brenski lachte leise. Ein Weib wie aus einer der alten Sagen aus dem Spanien vor der Maurenzeit, gewaltig, stark, ein Mannweib, das kommandieren konnte.
Dann wurde er ernst. »Ich verbürge mich für meine Männer.«
»Dürfen wir die Verwundeten draußen hereinholen?«
»Unter Aufsicht, ja. Einer nach dem anderen. Corporal Burrows, der den Colonel begleitet, wird auch die anderen begleiten, der Reihe nach, so, wie der Señor Doctor fertig wird.«
Sie drehte sich halb um, sah ihn dann an, als sei ihr noch etwas eingefallen. »Haben Sie – auch Verluste gehabt?«
Brenski blickte sie an, bis ihre Augen auswichen. Dann drehte er sich um und trat durch die Tür in den Wehrgang zurück. Er suchte seinen Funker und fand ihn dabei, die Verbindung zum Gefechtsstand ›Geierkralle‹ herzustellen.
»Unglaublich! Unglaublich!« Major Vegas schrie es fast. »Brenski hat es geschafft. Mit dreißig Mann hat er eine Stellung erobert, die von hundertfünfzig Nacionales gehalten wurde. Unser Feuerschlag hat die so geschockt, daß sie gar keinen Widerstand mehr leisteten, als Brenski in das Kloster eindrang.«
Colonel Bienvenista strich sich über seinen rasierten Schädel, wo die Narbe nervös zuckte. Sein Gesicht blieb passiv.
»Gratuliere«, sagte Vegas, jetzt ruhiger, zu dem Colonel. »Brenski und seine Männer gehören ja zu Ihren Leuten.«
»Sí, sie gehören zu den Leuten, die ihr verheizen wollt, um kostbares spanisches Blut zu retten.«
Vegas fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Können wir das jetzt
Weitere Kostenlose Bücher