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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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gelben und orangefarbenen Flammen. Er lächelte. Sie spürte, wie sie feucht wurde. Ned hatte sie beeindruckt im Ring, das musste sie zugeben. Aber dieser Mann besaß Präsenz, eine ganz andere Härte, als dieser fetthaarige Dealer von Zehncent-Tütchen. Sie zeigte zum Ring. »Warum nennen sie ihn Käse-Mike?«, brüllte sie über das Gejohle hinweg.
    Der Mann lachte und fasste sie am Arm. »Den Namen hab ich ihm gegeben«, sagte er. Mit einem Nicken dirigierte er sie von dem Gebrüll weg, den Rest der Geschichte versprechend.
    Scar kniff die Augen zusammen. Nahm das Tuch von der Nase, behielt die beiden im Auge. Nahm einen langen gierigen Schluck Bud. »Bald wird hier jemand Blut spucken und pissen.«
    Liz und der Mann gingen zu einer Stelle, von wo aus sie den Kampf sehen konnten, aber nicht zu schreien brauchten. Die Lippen des Mannes teilten sich und ließen Mundart aus dem tiefsten Süden Indianas erklingen. »Schon Jahre her. Mike ist nach der Schicht bei der Sägemühle am Ort in Cur’s Watering Hole. Stew Coats rempelt ihn an. Aus Versehen. Mike verschüttet sein Bier. Coats entschuldigt sich, bietet an, ihm ein neues zu bestellen. Mike hat einen in der Krone, droht Coats. Sagt, er poliert ihm die Fresse, bis er wie eine Nachgeburt aussieht. Coats lacht, sagt, Mike soll sich beruhigen. Mike beruhigt sich nicht. Coats ist zwei Meter groß. Wiegt hundertfünfzehn Kilo. Grobschlächtiger Tabakfarmer. Mike, wie du siehst, eins siebzig. Zweiundsiebzig Kilo. Mike hört nicht auf. Fängt an, Coats mit dem Finger in die Brust zu bohren. Sagt: ›Lass uns vor die Tür gehen.‹ Coats nickt, alles klar. Die komplette Spelunke mit raus zum Zugucken. Coats steht auf dem Schotterparkplatz, das Gesicht rot, als hätte er Ausschlag. Mike sagt: ›Wart mal kurz‹. Latscht rüber, öffnet die Tür von seinem Pick-up. Holt einen Axtstiel raus. Geht zu Coats. Hält ihm den hin, sagt: ›Den wirst du brauchen.‹ Die ganze Spelunke guckt zu. Coats starrt Mike beinahe eine Minute lang an. Dann sagt er: ›Du hast sie ja nicht alle.‹ Und geht zurück in die Kneipe.«
    Scar schlängelte sich um Männer und Frauen herum, ließ dabei Liz nicht aus den Augen.
    Liz ließ ihr Gehirn mit einer weiteren Prise des feuchten Pulvers explodieren, fragte: »Warum zum Teufel hat Mike das getan?«
    Der Mann lächelte. »Hab Mike irgendwann später getroffen«, erklärte er. »Ihn gefragt: ›Was zum Henker hast du dir eigentlich dabei gedacht, als du Coats gedroht hast? Er hätte dich umbringen können.‹ Mike hat gelacht, meinte: ›Hat er aber nicht. Ichhab dem Hurensohn einfach irgendeinen Käse erzählt. Er hat mich für genauso verrückt gehalten, wie ich dumm war. Er wusste nicht, was er tun sollte.‹«
    Hinter Liz schwoll das Gebrüll um den Ring herum an. Fünf Männer lagen reglos am Boden. Fünfzehn prügelten aufeinander ein. Ned zertrat Mikes Gesicht zu einem Pfuhl der Wehrlosigkeit. Wandte sich einem anderen Mann zu. Verbündete sich mit ihm gegen einen weiteren Kämpfer. Er fiel. Ned tauschte ihn gegen den aus, dem er zuvor geholfen hatte.
    Liz schniefte zweimal, streckte dann die Hand aus. »Du kannst mich Liz nennen.«
    Scar tauchte hinter ihr auf. In der Hand die leere Bierflasche. Die Nase schwarz-gelb verfärbt. Sie hob die Flasche. Zerschmetterte sie auf Liz’ Kopf voller Opossumschwänze.
    Münder Umstehender skandierten: »Wo immer du siehst ein Haupt, schlag zu! Wo immer du siehst ein Haupt, schlag zu!« Wieder und wieder.
    Mit durchdringendem Blick verfolgte der Mann, wie Liz’ Körper zu Gelatine wurde und in sich zusammensackte. Er beugte sich zu ihr hinunter, hob ihr Kinn mit der Hand. »Bellmont McGill mein Name. Und das ist meine Tochter, Scar. Willkommen beim Donnybrook.«
    Scar zerrte die Waffe heraus, die hinten in Liz’ hautenger Jeans steckte. Riss ihr den Rucksack von der Schulter. Liz versuchte zu kämpfen. Scar drückte ihr den Lauf des Revolvers so tief in den Mund, bis es Liz rosafarben herauslief und sie aufhörte, sich zu wehren. Dann stopfte Scar sich die Waffe vorne in die Tarnhose. Öffnete den Rucksack. Fuhr mit der Hand hinein. »Heilige Scheiße!«, brüllte sie.
    *
    Tische lagen umgestürzt herum. Der Fußboden war mit Erbrochenem neu gestaltet worden. Zwei Gestalten standen hinter der Bar von Cur’s Watering Hole, ihre Gesichter verbeult und aufgeplatzt. Auf dem Regal hinter ihnen stand keine Flasche Schnaps mehr. »Was zum Teufel wollen Sie?«, brüllte einer der Männer.
    Der Geruch

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