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Der Geschmack von Glück (German Edition)

Der Geschmack von Glück (German Edition)

Titel: Der Geschmack von Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer E. Smith
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sie nun all die glücklichen Gesichter an der Ladenwand aufgereiht sah, zerbrach etwas in ihr.
    Bis ihre Mutter mit einem dampfenden Becher Kakao in jeder Hand zurückkehrte, hatte Ellie systematisch jedes Foto aus dem Rahmen genommen, ordentlich in Stücke gerissen und in den Abfalleimer geworfen. Mom blieb einen Moment mit vor Kälte geröteten Wangen und verwirrtem Blick in der Tür stehen, dann stellte sie die Becher ab und wickelte sich den Schal vom Hals. Ohne ein weiteres Wort kam sie nach hinten, nahm im Vorbeigehen ein neues Päckchen Buntstifte vom Regal und reichte sie Ellie.
    »Ich habe das Gefühl, du kannst das sowieso besser«, sagte sie.
    In den folgenden Jahren zierten Ellies farbenfrohe Zeichnungen von Bäumen, Booten und Hummern die Rahmen. Als sie älter wurde, wechselte sie zur Lyrik, schrieb ihre Lieblingsverse in ihrer winzigen Handschrift auf und steckte sie hinters Glas. Die Kunden blieben auf einmal länger in der Ecke mit den Rahmen stehen, lasen die Gedichte, verloren sich in den Versen, und Ellies gerahmte Gedichte wurden ein echter Anziehungspunkt des Ladens. Vor allem Rahmen mit Gedichten über Maine wurden von den Touristen weggekauft, kaum dass Ellie sie aufgestellt hatte, und als Ellie einmal bei einem Mitschüler eingeladen war, sah sie den Rahmen, den seine Mutter vor Monaten gekauft hatte: Es war immer noch kein Familienfoto darin, sondern Verse von W. H. Auden, Ellies Lieblingsdichter.
    Als sie heute Nachmittag in den Laden kam, öffnete ihre Mutter gerade einen neuen Karton mit Rahmen, und als Ellie nah genug gekommen war, um einen Blick hineinwerfen zu können, musste sie lachen.
    »Das sind doch keine –«
    »Weiß ich«, stöhnte Mom. »Sie haben uns die falschen geschickt.«
    »Vielleicht kann sie irgendein Souvenirladen in Maryland gebrauchen.«
    »Wer will denn einen Bilderrahmen mit einer Krabbe drauf?«
    Ellie verdrehte die Augen. »Oder mit einem Hummer?«
    »Hey«, grinste Mom. »Mach den Hummer nicht schlecht. Der ist unser täglich Brot. Sozusagen.« Sie wickelte die falschen Rahmen wieder ins Seidenpapier und legte sie zurück in den Karton. »Wieso kommst du so spät? Hast du Filmstars bewundert, wie alle andern?«
    Ellie zögerte kurz, schüttelte dann den Kopf. »Quinn hatte einen kleinen Milchshake-Unfall, als ich gerade gehen wollte, und da habe ich ihr beim Saubermachen geholfen.«
    »Siehst du«, sagte Mom und schob die Kiste zur Seite. »Darum solltest du auch nur hier arbeiten. Hier ist es wenigstens immer ordentlich.«
    Ellie zog zweifelnd die Augenbrauen hoch und sah sich das Tohuwabohu an, die wahllos verstreuten Waren, und sie mussten beide lachen. Aber es war schon klar, das mit dem Zweitjob hatte Mom nur halb im Scherz gemeint. Ellie hatte erst vor ein paar Monaten angefangen, Schichten im Sprinkles zu übernehmen, und Mom war nicht begeistert davon.
    Solange Ellie sich erinnern konnte, war Geld ein Problem gewesen. Als sie noch jünger war, war es ihr nur nie aufgefallen: Mom und sie hatten alles, was sie brauchten. Doch in diesem Herbst fing ihr letztes Highschooljahr an, und damit rückte das Studium – und die immensen Gebühren – immer näher. Ellie wollte nicht an einer staatlichen Universität studieren; sie wollte unbedingt an eine der Elite-Unis der Ostküste. Sie hatten sich schon Gedanken über Studienkredite gemacht, die Formulare türmten sich auf Moms Schreibtisch, lange Spalten mit Ziffern und Prozentzahlen, Zeile um Zeile Kleingedrucktes. Schon allein deshalb hatte Ellie ein schlechtes Gewissen, schlug ihr Herz vor Sorge schneller, wenn das Gespräch auf das Thema kam.
    Und dann war sie vor ein paar Monaten in ein Sommerseminar über Lyrik in Harvard aufgenommen worden. Es war fast unmöglich, einen Platz in einem dieser Kurse zu ergattern, und Ellie hatte sich nur aus Spaß beworben, nachdem sie den Flyer am Schwarzen Brett ihres Englischraums hängen sehen hatte, ohne je damit zu rechnen, dass sie zugelassen würde. Nur fünfzehn Schüler und Schülerinnen aus dem ganzen Land durften in den ersten drei Augustwochen in einem der Wohnheime von Harvard leben und sich mit Dichtung beschäftigen. Doch die Teilnahmegebühr betrug knapp über zweitausend Dollar, und es gab weder Stipendien noch Zuschüsse.
    Als sie ihrer Mutter eines Abends davon erzählte, sah sie den Zweifel in ihren Augen.
    »Das klingt nach einer tollen Chance«, Mom wählte ihre Worte mit Bedacht, »und ich bin so stolz, dass du sie bekommst. Aber –«
    Ellie

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