Der Geschmack von Glück (German Edition)
Treffer wie eine Marionette zur Seite getaumelt war.
Das Geräusch, mit dem sein Kopf aufs Pflaster schlug, schien viel zu laut für einen stürzenden Menschen, und Ellie war ein paar Sekunden wie gelähmt vor Schreck, bis er blinzelte und sich wieder hochstemmte. Graham rührte sich zuerst, schüttelte schon entschuldigend den Kopf und streckte die Hand aus, um ihm aufzuhelfen. Doch ein Blitzlicht stoppte ihn, und er wandte sich mit drohendem Gesichtsausdruck an den anderen Fotografen.
»Du Arschloch«, hatte der Glatzkopf gesagt, Grahams ausgestreckte Hand ignoriert und sich allein hochgerappelt. Sein Auge war schon zu einem schmalen Schlitz zugeschwollen, darunter ein rosa Halbmond, der zweifellos bald in fiesem Lila leuchten würde. Er drückte zwei Finger darauf, zuckte zusammen, betastete dann seinen Hinterkopf, wo er auf den Asphalt geknallt war. Als er den Blick wieder auf Graham richtete, lag etwas so Unerwartetes darin – Zufriedenheit vielleicht oder gar Schadenfreude –, dass Ellie unwillkürlich zurückwich. »Pass bloß auf«, sagte der Mann zu Graham, »ich mach dich so was von fertig.«
Aber Graham hatte schon Ellie am Arm genommen und umgedreht, führte sie von den schwarz gekleideten Männern weg. Sie eilte neben ihm her, hinter ihnen klickten die Kameras weiter; doch erleichtert merkte sie, dass ihnen keine Schritte folgten, und nach kurzer Zeit erloschen auch die Blitze.
»Alles in Ordnung?«, fragte er, als sie in sicherer Entfernung waren.
Ellie nickte, obwohl ihr noch das Handgelenk schmerzte, nachdem ihr das Handtuch so heftig entrissen worden war. Plötzlich fiel ihr auf, dass sie es liegengelassen hatte. Trotz allem, was eben passiert war, verursachte erst dieser Gedanke – an das Seepferdchenhandtuch, das sie schon seit ihrer Kindheit hatte und das jetzt zerknüllt auf der leeren Straße lag – ihr einen Kloß im Hals.
Inzwischen war es fast ganz dunkel, und sie gingen rasch, mit gesenktem Kopf und hochgezogenen Schultern, von Wut und Furcht getrieben. Ellie klapperten die Zähne, obwohl sie nicht fror. In ihrem Kopf schwirrten große und kleine Fragen, aber sie sprach sie nicht aus. Nie hatte sie sich so nackt gefühlt wie eben, als diese Männer mit ihren ständig sirrenden Kameras sie umkreisten wie Hyänen. Auch jetzt konnte sie das Gefühl, verfolgt zu werden, nicht abschütteln, und fuhr ständig herum, ob nicht doch jemand da war.
In der Nähe ihres Hauses ging Graham langsamer und sah sie an. Auch im Dunkeln sah sie, wie sorgenvoll sein Blick war. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, schloss ihn dann wieder, verzog schmerzlich das Gesicht.
Ellie ging bereits im Kopf durch, was morgen geschehen würde, und sie wusste, er tat das Gleiche: zählte die Telefonate mit Anwälten und Presseleuten, wappnete sich für das Gespräch mit seinem Manager, versuchte den unabwendbaren Schaden einzuschätzen. Nichts fand die Welt interessanter als selbstzerstörerische Prominenz, nichts aufregender als einen öffentlichen Ausraster. Niemanden würde interessieren, dass die Fotografen ihnen aufgelauert hatten, dass sie maßlos aggressiv gewesen waren. Das einzig Wichtige war, dass Graham einen von ihnen geschlagen hatte.
Ellie schaute zu ihrem Haus hinüber. Durch die Bäume am Ende der Auffahrt sah sie, dass in der Küche Licht brannte. Es schien Tage her zu sein, dass sie mit ihrer Mutter auf den Wellen geschaukelt war, und die fragte sich wahrscheinlich schon, wo sie blieb. Beim Gedanken, dass sie Mom die Ereignisse erklären musste, wurde ihr etwas übel.
Sie wandte sich wieder Graham zu, der sie immer noch ansah. »Es tut mir leid«, sagte er schließlich; sie schaute auf seine Lippen und musste an ihren Kuss am Strand denken. Eigentlich wollten sie ja picknicken, fiel ihr ein, doch der Plan lag jetzt in so weiter Ferne, als hätten ihn zwei ganz andere Menschen erdacht.
Ellie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht deine Schuld.«
»Aber ich habe es schlimmer gemacht.« Grahams Stimme klang ausdruckslos. »Jetzt wird die Geschichte sicher doppelt so groß.«
»Ist schon in Ordnung«, sagte sie, obwohl sie wusste, dass das nicht stimmte. Sie hatte beschlossen, ihm aus dem Weg zu gehen, um genau so eine Situation zu vermeiden, doch dann hatte sie ihn wiedergesehen und wollte sich einfach nicht mehr von ihm trennen. Sie fand dieses Hin und Her höchst ungerecht.
Ihre Herzen waren einfach nicht gemacht für so etwas.
»Ich sollte besser reingehen.« Sie waren beide
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