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Der Geschmack von Sommerregen (German Edition)

Der Geschmack von Sommerregen (German Edition)

Titel: Der Geschmack von Sommerregen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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einer dieser arroganten Münchener, die auf uns Dörfler herabschauen.«
    »Quatsch! Ich schaue nicht auf euch herab. Auf dich schon mal gar nicht.«
    »Und auf Vivian?« Ich kann mir die Frage nicht verkneifen.
    Sein Grinsen wird breiter. »Das sage ich dir nicht. Sonst beschimpfst du mich wieder als arroganten Münchener.«
    »Da habe ich meine Antwort ja schon.«
    Zufrieden kuschele ich mich enger an ihn. Auf Vivian darf Mattis gern herabschauen, am liebsten kilometertief. Sie ist nämlich immer noch scharf auf ihn, und mich verfolgt sie ununterbrochen mit ihren aggressiven Blicken. Je doofer Mattis unsere Klassen-Queen und ihr Gefolge findet, desto besser.
    »Apropos Disco. Wusstest du, dass alle von dir denken, du seist Stammgast im P1? Die gesamte Elite ist davon schwer beeindruckt.« Ich kichere. »Für die würde eine Welt zusammenbrechen, wenn sie wüssten, dass du gar nicht aufs Partymachen stehst.«
    »Sollten sie das nicht inzwischen gemerkt haben? Und überhaupt, wer bitte ist die Elite?«
    »Vivian, Bernice, Walli, Noah«, zähle ich auf. »Und noch drei, vier andere Jungs. Und vielleicht Klara, aber nur, wenn sie gerade einen hippen Freund hat.«
    »Oookay«, meint Mattis gedehnt.
    »Sag nur, das ist dir noch nicht aufgefallen.« Ich runzele die Stirn. »Die Klassenhierarchie ist so offensichtlich! Das kann doch nicht völlig an dir vorbeigehen.«
    »Doch«, sagt er. »Wahrscheinlich, weil mir so was ziemlich wurscht ist.«
    »Und dass sie dich alle vergöttern, das ist dir auch wurscht? Vivian fängt ja beinah an zu sabbern, wenn du mit ihr sprichst.«
    »Jetzt übertreib mal nicht. Aber wenn’s so wäre, dann ja: Das wäre mir auch wurscht. Du sollst mich mögen, Sophie. Das ist es, was wichtig für mich ist.«
    Und damit ist das Thema für Mattis erledigt. Er schiebt sich seine Sonnenbrille auf die Nase, greift nach der Tasse und trinkt in aller Seelenruhe seinen Kaffee aus, der ihn offensichtlich sehr viel mehr interessiert als die sabbernde Vivian.
    Ich schaue ihn von der Seite an und muss daran denken, dass sich vier Jungs aus unserer Klasse in den letzten Tagen neue Sonnenbrillen zugelegt haben – nämlich solche, die aussehen wie die von Mattis.
    Denn obwohl er sich bei den anderen rar macht, ist Mattis nach wie vor megabeliebt. Sein Stil wird kopiert, seine Klamotten nachgekauft, und jeder sucht seine Nähe. Das schönste (wenn auch zickigste) Mädchen der Klasse kommt für ihn praktisch nackt in die Schule, die lässigsten Jungs schauen zu ihm auf, und ihm … ihm ist es wurscht .
    Ich schüttele den Kopf und muss lachen. »Du bist unglaublich, Mattis.«
    »Weil ich das P1 nicht mag?« Er stellt die leere Tasse ab.
    »Unter anderem.« Ich schiebe ihm die coole Trendsetter-Sonnenbrille wieder ins Haar und schaue ihm in die Augen. »Nein, im Ernst: Weil du so unabhängig bist. Weil du zu dir stehst und nicht so wahnsinnig viel auf die Meinung der anderen gibst. Das ist echt selten.« Ich zum Beispiel stehe überhaupt nicht zu mir.
    »Hmhm«, brummt Mattis und weiß nicht, wohin er gucken soll.
    Er sieht süß aus, wenn er so verlegen ist, und ich werde übermütig und setze noch eins drauf: »Ich glaube, deine Mutter hat ziemlich viel richtig gemacht bei dir, auch wenn sie dich mit ihren Weisheiten über deine Hochsensibilität nervt. Vielleicht hat es ja doch was genützt, dass sie sich so gründlich darüber informiert hat.«
    Mattis stöhnt. »Du fängst jetzt nicht wirklich an, mit mir über meine Mutter zu reden, oder?«
    Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Und warum nicht?«
    »Weil, meine Süße, wir ganz allein bei dir zu Hause sind. Sollten uns da nicht andere Themen einfallen als Vivian, das P1 und meine Mutter ?«
    Ich lächele, und unwillkürlich lecke ich mir über die Lippen. »Wir könnten die Hausführung fortsetzen. Das Obergeschoss kennst du noch gar nicht.«
    »Das klingt doch schon viel besser.« Mattis grinst. »Liegt im Obergeschoss vielleicht zufällig auch dein Zimmer?«
    »Zufällig ja«, sage ich und küsse ihn.
    Wir gehen die Treppe hoch, und ich denke daran, dass ich nach der Schule eine geschlagene Stunde gebraucht habe, um mein Zimmer aufzuräumen und für Mattis vorzubereiten. Wovon er natürlich nichts ahnen darf. Mattis soll denken, in meinem kleinen Reich sieht es immer so aus, so schön und sauber und … na ja, eben nicht nach Kinderzimmer.
    Und er weiß es ja auch nicht: dass mein Schreibtisch normalerweise von angekauten Bleistiften wimmelt. Dass ich noch

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