Der Geschmack von Sommerregen (German Edition)
Mund eindringt – gerade so weit, dass er meine Zunge erreicht. Wie von selbst fängt sie an, mit dem Daumen zu spielen, ihn zu reizen, und Mattis hält meinen Blick ununterbrochen fest, liest von meinen Augen ab, wie heiß er mich macht. Nicht eine Sekunde lang lässt er es zu, dass ich meine Lust vor ihm verberge. Und erregt mich dadurch nur noch mehr.
Bis ich es nicht mehr aushalte.
Vor Verlangen und Ungeduld aufstöhnend ziehe ich Mattis zum Bett. Ohne zu zögern lasse ich mich mit ihm auf die Satindecke fallen, ergebe mich dem pulsierenden Blau in meinem Inneren. Die Grenzen sind abgesteckt, ich vertraue Mattis, und er wird nichts tun, was ich nicht möchte. Aber er wird mir Lust bereiten – weit größere Lust, als ich es mir in meiner Unerfahrenheit erträumt habe.
Und in diesem Augenblick weiß ich es: Auch ohne mit mir zu schlafen, wird Mattis mich heute zur Frau machen.
Plötzlich kann es uns beiden gar nicht mehr schnell genug gehen. Wir ziehen uns gegenseitig aus, öffnen in fliegender Hast Knöpfe, streifen Hosen von den Hüften. Wir küssen uns um den Verstand. Unsere Kleider landen auf dem Boden, sein Mund entdeckt meine Brüste, und dann … fasse ich ihn an. Spüre ihn hart und beinah erschreckend groß in meiner Hand, während Mattis das tiefste Dunkelblau in meinen Schoß streichelt, das je existiert hat. Und als er in mein Ohr stöhnt, dass er mich liebt, so sehr liebt, und ich merke, dass er gleich kommen wird, da ist es um mich geschehen.
Zum ersten Mal in meinem Leben lasse ich es zu, dass mir ein Junge einen Orgasmus verschafft, und mein Blau explodiert in den Himmel hinein. Schleudert Millionen von Sternen an ein schwarzblaues Firmament, gebiert reinstes, wunderbarstes Gold, und für einen magischen, ewigen Augenblick gehört das ganze explodierende, goldene, sternenfunkelnde Universum niemandem als Mattis und mir.
Uns ganz allein.
Fünfundzwanzig
Als ich mit Lena in der Abenddämmerung zum Jugendhaus am Dorfrand laufe, schwebe ich immer noch auf Wolke sieben. Ich kann an nichts anderes denken als an Mattis, an unseren Nachmittag im Bett und meinen goldfunkelnden Orgasmus. Fast fühle ich mich, als sei ich betrunken oder high, obwohl ich weder Bier noch Gras auch nur angeschaut habe.
Mattis ist es, der mich berauscht, denke ich träumerisch. Wie er mich anfasst. Wie er mir dabei in die Augen blickt. Wie er seine Hände über meine …
»Hallo-ho! Erde an Sophie-hie!« Lena stößt mich mit dem Ellenbogen in die Seite. »Alles klar bei dir? Du siehst völlig weggetreten aus.«
Ich zucke schuldbewusst zusammen. Das hier ist unser Mädelsabend, und ich muss auf der Stelle aufhören, an Mattis zu denken! Wir haben ausgemacht, dass wir unsere Freunde zu Hause lassen. Und dieser Deal beinhaltet, dass wir nicht die ganze Zeit über an sie denken.
Ob ich Lena trotzdem erzählen soll, was ich heute mit Mattis getan habe?
Ich beschließe, dass dieses Geständnis auch noch Zeit bis morgen hat. Vor mir liegt ein ganzes Wochenende ohne Eltern, und obwohl ich fest entschlossen bin, wie der Teufel zu recherchieren und nach der Wahrheit über meine Oma zu suchen, werde ich das ja wohl nicht vierundzwanzig Stunden lang tun. Ein, zwei Stündchen mit Lena im Tannenversteck werden schon drin sein. Und ein, zwei Stündchen mit Mattis im Bett …
Und schon wieder habe ich voller Sehnsucht an ihn gedacht. Au Mann!
Ich reiße mich zusammen und wende mich Lena zu. »Ich erzähl’s dir morgen. Heute haben wir einfach nur Spaß, okay?«
Sie grinst. »Mit oder ohne Alk?«
»Meine Eltern sind weg. Also mit.« Ich grinse auch.
Normalerweise bin ich supervorsichtig, was Alkohol betrifft. Nicht, weil ich ihn nicht mag, sondern weil meine Eltern ziemlich rigoros sind: Tochter ist betrunken = Tochter bekommt Hausarrest. Und zwar nicht zu knapp. Was zur Folge hat, dass ich mittlerweile nur noch zu Bier greife, wenn es alkoholfrei ist.
Aber heute ist das ja anders. Heute sind meine Eltern weg – und ich bin in Mattis’ Armen zur Frau geworden. Sollte ich das nicht ein bisschen feiern dürfen?
Lena und ich passieren die letzten Wohnhäuser und erreichen das Jugendhaus. Aus dem Inneren des verwahrlost aussehenden Gebäudes dröhnen wummernde Bässe, der gepflasterte Vorplatz ist voller Jugendlicher. Ich lasse meinen Blick über die Menge gleiten und entdecke die halbe Oberstufe unserer Schule. Kein Wunder: Wenn in Walding schon mal was abgeht, wollen natürlich alle dabei sein. Na ja, alle außer
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