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Der gestohlene Abend

Der gestohlene Abend

Titel: Der gestohlene Abend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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Vertrauen.«, fragte sie. »Hat das irgendeine Bedeutung für dich?«
    »Natürlich.«
    »Und? Du wusstest genau, wie es um uns stand. Dass ich ihn dafür gehasst habe, wie er sich an dich herangemacht hat. Es hat dich nicht davon abgehalten, ihm nachzugeben und in seine verquere Welt einzusteigen.«
    »Wovon redest du?«
    »Von dir und David. Er hat dich verführt, Matthew. Um mich zu reizen. Um das fortzusetzen, was unsere Trennung ausgelöst hatte. Es ist ihm keine Sekunde lang um dich gegangen, das kann ich dir versichern. Das konntest du vielleicht nicht wissen. Aber du hättest es spüren sollen. Er hat dich manipuliert, Matthew, wie er immer alle manipuliert hat. Und er hat dich eingefangen, weil du ihn anhimmelst.«
    Die Ohrfeige war nur der Auftakt gewesen.
    »Du redest von Vertrauen«, sagte ich. »Hast du mir denn vertraut? Hast du mir jemals irgendetwas erzählt? Zum Beispiel den wahren Grund, warum ihr euch getrennt habt. Oder dass du zu Marians Gruppe gehörst.«
    »Ich gehöre zu überhaupt keiner Gruppe. Und was habe ich dir verschwiegen?«
    »Den Lektürekreis.«
    »Bin ich dir vielleicht Rechenschaft schuldig? Über meine Probleme mit David? Könnte es sein, dass ich sehr gute Gründe habe, darüber nicht sprechen zu wollen? Was bildest du dir eigentlich ein?«
    »Wo ist also der Unterschied? Du hast deine Geheimnisse. Akzeptiert. Ich habe dich nie bedrängt, sie mir zu sagen.«
    »Nein. Du hast mich hinters Licht geführt, und plötzlich sitze ich wie eine Idiotin in einem beschissenen Zugabteil.« u
    »Das tut mir leid. Das war unfair von mir.«
    »Unfair?«
    Der Kellner erschien und räumte die Vorspeisenteller ab. Wir hatten sie beide kaum angerührt.
    »Ich kann das nicht wieder ungeschehen machen«, sagte ich. »Aber ich bedauere es wirklich. Ich hatte Angst, dass du das alles falsch verstehst.«
    »Falsch? Wie soll ich es verstehen, wenn du hinter meinem Rücken herumspionierst? Du misstraust mir. Du verdächtigst mich. Ich habe in Hillcrest kein Feuer gelegt, Matthew. David hat etwas Ungeheuerliches getan. Und dass ich darüber nicht sprechen kann, nicht sprechen will, hast du genau gespürt. Sonst hättest du dich nicht so verhalten. Aus allem, was du tust, spricht Verstellung, Unsicherheit und Scham.«
    »Was ist in dieser Bibliothek?«, unterbrach ich sie.
    »Finde es doch heraus. Ich kann dich nicht aufhalten.«
    »Aber du willst nicht, dass ich das tue?«
    »Tu, was du nicht lassen kannst. Du bist nichts als Davids Wiedergänger, Matthew. Er benutzt dich.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ist das wirklich dein Ernst? David ist vielleicht wegen dieser Sache verbrannt, und du erwartest, dass ich dein Schweigen darüber respektiere?«
    »Ja. Genau das erwarte ich. Weil du sagst, dass du mich liebst. Aber das ist nicht wahr. Du liebst David. Das heißt, in Wirklichkeit liebst du nur dich selbst. Genau wie er. Er hat dir etwas eingeflößt, das uns zerstören wird, wenn du nicht auf-passt. Misstrauen.«
    Das erste Mal war etwas Wärme in ihrer Stimme. Fast etwas Flehendes. Ich griff nach ihrer Hand.
    »Ich habe Fragen, Janine. Fragen, auf die ich eine Antwort suche.«
    »Die Fragen sind bereits die Antwort, Matthew. Du wolltest doch unbedingt bei Marian studieren. De Vander verstehen. Da hast du ihn. Der ganze De Vander steckt in diesem Problem. Es gibt keine unschuldigen Fragen, Matthew. Der Blick auf die Sache verändert sie schon. Es gibt nur Vertrauen und Misstrauen, das ist alles.«
    »Es gibt Fakten, Janine.«
    »Fakten, Matthew? Du mit deinen Fakten.«
    Sie zog ihre Hand zurück und schüttelte den Kopf.
    »Stell dir einmal vor, du liebst eine Frau«, sagte sie. »Und sie liebt auch dich. Jedenfalls sagt sie das. Und sie verhält sich auch dementsprechend. Du verbringst viele glückliche Jahre mit ihr. Dann kommt sie bei einem Autounfall ums Leben. Nach einiger Zeit ordnest du ihre Sachen und stößt dabei auf Briefe eines anderen Mannes oder anderer Männer. Was tust du? Liest du sie?«
    »Was soll denn dieser Vergleich?«
    »Antworte mir. Was tust du? Was passiert jetzt mit deiner Liebe? Wird sie ängstlich, klein? Fängst du an, deine Frau anders zu sehen? Natürlich. Du beginnst zu zweifeln, ihr zu misstrauen. Oder etwa nicht? Nimmst du die Briefe nur diskret zur Kenntnis, liest sie aber nicht, weil du an eurer Liebe keinerlei Zweifel hast? Alles hängt davon ab, was für ein Mensch du bist, Matthew. Und von welcher Art deine Liebe ist. Die Antwort auf diese Situation wird einzig und

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