Der gestohlene Traum
angenehmer sein, mit mir selbst zu sprechen, um sich davon zu überzeugen, dass du sie nicht anlügst, sondern mich wirklich festgenagelt hast. Was weißt du über sie?«, fragte sie noch einmal, als Wolodja ihr endlich gegenübersaß.
»Nicht viel. Sie haben lediglich zwei Mal Kontakt mit mir aufgenommen, in zwei verschiedenen Fällen. Das erste Mal liegt schon über ein Jahr zurück. Erinnerst du dich noch an den Mord an Oser Jussupow?«
Nastja nickte.
»Aber der Fall wurde doch aufgeklärt. Oder etwa nicht?«
»Ja, er wurde aufgeklärt«, bestätigte Larzew. »Aber da gab es ein heikles Detail. . . Sie wollten, dass eine Zeugenaussage aus der Akte entfernt wird. Das änderte nichts an der Beweislast gegen den Beschuldigten und auch nichts am Straftatbestand. Auch ohne diese Zeugenaussage blieb der Tatbestand des Mordes unter Anwendung besonders brutaler Mittel bestehen. Aber das Tatmotiv veränderte sich durch den Wegfall der Zeugenaussage ganz grundlegend. Wahrscheinlich erinnerst du dich, dass man bei dem Mord von einem Rohheitsdelikt mit tödlichen Folgen ausging. Aber der Zeuge hatte eine Unterhaltung zwischen dem Mörder und Jussupow angehört, aus der hervorging, dass Jussupow Verbindung zu einer Bank hatte, die Geld aus illegalen Geschäften mit Waffen und strategischem Rohstoff wusch. Jussupow steckte eine große Summe dieses Geldes in seine eigene Tasche, und die Direktoren der Bank ließen ihn ermorden, um ein Zeichen zu setzen. Diese Zeugenaussage musste aus der Akte verschwinden.«
»Und wie hast du das gemacht? Hast du das Vernehmungsprotokoll aus der Akte entfernt?«
»So plump kann man das doch nicht machen. Natürlich wäre es kein Kunststück gewesen, das Protokoll verschwinden zu lassen, aber schließlich hatte jemand den Zeugen vernommen und erinnerte sich an seine Aussage. Der Akte wurde ein neues Vernehmungsprotokoll hinzugefügt, in dem der Zeuge gestand, dass er während seiner ersten Vernehmung unter Drogen gestanden und im Augenblick der Tat kaum etwas gesehen und gehört hatte, da er sich gerade einen Schuss gesetzt hatte und auf den Trip wartete. Das war alles.«
»Ausgezeichnete Arbeit!«, sagte Nastja. »Wie viel hat man dir dafür bezahlt?«
»Gar nichts. Sie setzen mich mit Nadja unter Druck. Und die Angst, Nastja, ist ein viel stärkeres Motiv als die Geldgier. Es ist erstaunlich, wie es dir bisher gelungen ist, dich von ihnen nicht einschüchtern zu lassen.«
»Wer sagt dir denn, dass ich nicht eingeschüchtert bin? Ich habe sogar das Schloss an meiner Wohnungstür ausgewechselt, ganz zu schweigen davon, dass Tschistjakow bei mir wohnen muss.«
»Man sagt, dass du nicht mehr ans Telefon gehst.«
»Ich bemühe mich.«
»Es ist sinnlos, Nastja, du siehst selbst. Mag sein, dass du keine Angst um deinen Stiefvater hast, weil du glaubst, dass er für sich selbst einstehen kann. Deine Mutter ist weit weg. Mit dir ist es nicht so einfach. Aber ein elfjähriges Mädchen kann man schließlich nicht seinem Schicksal überlassen, nicht wahr?«
»Zweifellos. Was sollen wir tun, Larzew? Wir haben zwei Stunden, um uns zu überlegen, wie wir deine Tochter wiederbekommen. Erzähl mir doch, wie das alles passiert ist.«
»Gestern war ich mit ihr zu Besuch bei den Olschanskij s. Kostja hat lange herumgedruckst und mir dann gestanden, dass du mich verdächtigst und die ganze Arbeit im Mordfall Jeremina noch einmal gemacht hast. Ich war natürlich erfreut. Da meine Schwindeleien endlich aufgeflogen sind, dachte ich, können sie mich nicht mehr für ihre Zwecke benutzen und müssen mich in Ruhe lassen. Am selben Abend habe ich ihnen das mitgeteilt. Und heute haben sie Nadja entführt und verlangt, dass ich dich dazu bringen muss, die Ermittlungen einzustellen, da es dir irgendwie gelingt, dich indirektem Druck immer wieder zu entziehen. Da du mich ohnehin verdächtigst, sagen sie, könne ich ganz offen mit dir reden.«
»Was sind ihre Forderungen?«
»Keiner von euch, weder du noch Tschernyschew noch Morozow, darf Kontakt mit dem Kosmos-Verlag aufnehmen. Sobald man sich davon überzeugt hat, dass du dieser Forderung nachkommst, wird man mir Nadja wiedergeben.«
»Und wenn ich es ihnen verspreche, mich aber nicht daran halte?«
»Warte, das ist noch nicht alles. Morgen früh rufst du einen Arzt und lässt dich krankschreiben. Du bleibst einige Tage zu Hause und beschränkst die Kontakte zu Gordejew, Tschernyschew und Morozow auf das Nötigste. Du darfst nur telefonisch mit ihnen
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