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Der Gewinner Geht Leer Aus

Der Gewinner Geht Leer Aus

Titel: Der Gewinner Geht Leer Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Stark
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»Ein Pellegrino, Helga, und das wäre dann alles.« Womit er meinte, sie solle sie allein lassen.
    Griffith setzte sich in einen der niedrigen Drehsessel in der Nähe der Fensterfront, doch Marino blieb, als er sein Glas mit italienischem Mineralwasser hatte und Helga hinausgegangen war, neben Griffith stehen, sah ihn aber nicht an, sondern ließ den Blick über das Tal dort unten schweifen.
    Griffith schaute und wartete. Marino galt als gutaussehender Mann, doch das war er keineswegs, wie Griffith jetzt zum erstenmal feststellte. Sein gutes Aussehen war eigentlich nichts weiter als Selbstsicherheit, eine großspurige Haltung, die lächelnde Gewissheit, dass die Welt ihm gehörte. Wenn diese fehlte – und irgend etwas, soviel war klar, hatte sie zum Verschwinden gebracht –, blieb nur noch einhochgewachsener, aber dicklicher Mann von Mitte Dreißig. Marino hatte die Pausbacken eines Hamsters, sein Körper wirkte schlaff, seine Kontaktlinsen waren auffälliger, als er ahnte, und nun endlich sah er wie der aus, der er war: ein intelligenter, aber langweiliger Computerfreak, der in Kalifornien an einer staatlichen Universität studiert hatte, ein junger Mann aus Fresno, in dessen Jugend es Pizza und Skateboards gegeben hatte, aber keine Alpen.
    Und auch keinen Horace Griffith. Wie Marino betrachtete Griffith die großartige Aussicht. Er fragte sich, ob auch Marino dachte, dass sie beide sie zum letztenmal sahen.
    Schließlich sagte Marino: »Wissen Sie, Horace, es heißt immer, die New Economy geht den Bach runter.«
    »Ja, das habe ich auch schon gehört.«
    »Aber das stimmt natürlich nicht.« Marino starrte finster hinaus, als wollte er die Welt da draußen herausfordern, ihm zu widersprechen. »Sie hat Wachstumsschmerzen, vielleicht sogar Geburtswehen, das ist alles. Aber diese Pessimisten wiederholen es immer wieder, und sie prophezeien es so oft und so lange, dass das Desaster am Schluss vielleicht wirklich eintritt.«
    »Kann sein«, sagte Griffith und fragte sich, wie tief das Loch wohl war, in dem Marino saß, und welche Hilfe er von ihm, Griffith, erwartete.
    »Ich werde scharf beobachtet«, fuhr Marino fort, »das wissen Sie, Horace. Ich gebe Geld aus, ich genieße mein Geld. Ich lebe nicht gerade unauffällig.«
    »Das stimmt.«
    »Und wenn sich dann ein kleines Cashflow-Problem auftut –«
    »Ah.«
    »Mehr ist es nicht«, beharrte Marino und richtete seinenfinsteren Blick auf Griffith. Wie er dastand, in diesem alpinen Licht, sah er aus wie ein später römischer Kaiser, unbedeutender zwar und verweichlichter, aber noch immer mächtig und gefährlich. »Ich habe ein Cashflow-Problem«, sagte er. »Ein zeitweiliges Problem. In weniger als eineinhalb Jahren, vielleicht sogar in nicht mal einem Jahr werde ich es überwunden haben. Das Problem dabei ist: Wenn man sieht, dass ich irgendwo Einsparungen vornehme, wird man das als Zeichen deuten.«
    »Ja, natürlich.«
    »Und da kommt diese Eigendynamik ins Spiel«, sagte Marino. »Und die Hyänen. Die Schadenfreude.«
    »Unsere ständigen Begleiter«, sagte Griffith.
    »So ist es.« Marino machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich habe ein bestimmtes Image. Wenn die Aktionäre und die in der Wall Street sehen, dass ich den Gürtel enger schnalle, und sei es nur ein winziges bisschen, könnte das eine heftige Entwicklung auslösen. Keine vernünftige und logische, sondern eine irrationale Entwicklung, die mich aber vernichten könnte.«
    Marino trank ein Drittel seines Mineralwassers, sah das Glas stirnrunzelnd an, als wünschte er jetzt, er hätte sich etwas Stärkeres geben lassen, und setzte sich schließlich gegenüber von Griffith, so dass ihre Profile der Aussicht zugekehrt waren, als sie einander ansahen.
    »Das ist also die Situation, in der ich bin«, sagte Marino. »Ich muss entweder meine Ausgaben für eine Weile einschränken oder einen Teil meines Besitzes verkaufen. Beides ist schlecht, denn beides sendet ein schlechtes Signal aus.«
    »Du lieber Himmel, Pax«, sagte Griffith. »Das ist wirklich eine verzwickte Lage.«
    »Ich weiß.« Marino wandte den Kopf, blickte auf die Berge, dachte nach und sah wieder Griffith an. »Aber dann ist mir eingefallen, dass ich aus diesem Schlamassel rauskommen könnte, wenn ich Sachen verkaufen würde, von denen niemand etwas weiß.«
    Griffith wusste sofort, worauf Marino hinauswollte. Natürlich – die Gemälde, die er in seiner Jagdhütte in Montana versteckt hatte.
    Griffith und Marino hatten seit drei,

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