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Der Gewinner Geht Leer Aus

Der Gewinner Geht Leer Aus

Titel: Der Gewinner Geht Leer Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Stark
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nämlich die Erkenntnis, dass ich nicht mehr, sondern weniger Geld als sonst ausgeben oder ein paar wertvolle Dinge zu Geld machen sollte, als Überbrückung. Und ich dachte: Da draußen sind irgendwo ein paar Verbrecher, die wissen, dass irgendwas in dem Haus, in der Jagdhütte, ist, und ein paar von ihnen sind entkommen. Ich rechne nicht damit, dass sie zurückkehren,aber wer weiß – vielleicht erzählen sie’s weiter, vielleicht wandern sie wegen irgendeines anderen Verbrechens ins Gefängnis und erzählen dort ihren Freunden von den Gemälden. Darum fand ich, früher oder später sollte ich die Bilder irgendwo anders hinbringen, und dann kam mir die Idee: Warum sie nicht verkaufen? Indem ich auf diese Weise mein zeitweiliges Problem löse, schütze ich mich zugleich vor den Dieben.«
    Griffith’ Glas war leer, doch er hatte das Gefühl, es sei besser, nicht um einen zweiten Drink zu bitten. »Was soll ich dabei tun, Pax?«
    »Sie müssen eine Liste der Gemälde haben«, sagte Marino. »Eine Liste der Kunstwerke, die ich dort aufbewahre.«
    »Verschlüsselt«, sagte Griffith.
    »Natürlich verschlüsselt. Suchen Sie drei oder vier aus. Ich überlasse die Auswahl ganz Ihnen – nehmen Sie die, bei denen es voraussichtlich einfach sein wird. Wenden Sie sich an die Versicherungsgesellschaften, Museen und so weiter. Sagen Sie, die Diebe hätten sich mit Ihnen in Verbindung gesetzt.« Marino hielt inne, lehnte sich zurück und stieß ein überraschtes Lachen aus. »Was ja in gewisser Weise auch stimmt, nicht?«
    »Sie wollen, dass ich in Ihrem Namen verhandle«, sagte Griffith, »als wären Sie der Dieb, der das betreffende Gemälde gestohlen hat.«
    »Genau. Und inzwischen fahren Sie zur Jagdhütte, packen alle Bilder ein – das kann ich nun wirklich keinem anderen anvertrauen – und machen sie transportfertig. Denn der Plan hat noch einen zweiten Teil.«
    Als Marino sich zu ihm beugte und ihm tief in die Augen starrte, wusste Griffith, dass noch mehr kam und dass das, was da kam, noch schlimmer sein würde.
    Marino sagte: »Ich möchte, dass Sie diese Gemälde allesamt zu sich nach Dallas bringen lassen und dass Sie sie behandeln wie zweitrangige, bedeutungslose Werke, die Sie ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen lagern können. Wenn es dann soweit ist, dass Sie ein paar davon an eine Versicherung oder ein Museum übergeben sollen, haben Sie sie schon zur Hand.«
    Griffith schluckte. »Und der Rest?«
    »Den Rest«, sagte Marino, als wäre das alles ganz einfach und alltäglich, »lassen Sie dann dorthin bringen, wo ich meine neue Galerie einrichte.«
    »Und bis dahin behalte ich sie.«
    »Genau.«
    Gestohlene Kunstwerke in Millionenwert, und das in meinem Lager, dachte Griffith. Berühmte Gemälde, die jeder Fachmann sofort erkennt, im feuergeschützten Lagerraum unter meiner Galerie. Ich bin mit einemmal tiefer im Dunkeln als je zuvor. Aber was kann ich tun? Ich kann mich nicht weigern. Ich bin ganz allmählich da hineingeraten. Ganz allmählich.
    Marino sah ihn scharf an und lächelte. Er fühlte sich besser, weil Griffith sich schlechter fühlte. »Ich weiß, Horace«, sagte er, »das Leben wird für uns beide in nächster Zeit ein bisschen schwierig sein, aber es wird alles gut ausgehen. Wir haben ein Händchen für so was, Sie und ich. Jetzt kommt eine kurze Holperstrecke, aber danach ist wieder freie Bahn.«
    »Freie Bahn«, sprach Griffith ihm nach.
    Marino erhob sich und sagte: »Geben Sie mir Ihr Glas, Sie brauchen einen zweiten Drink. Und dann wollen wir mal sehen, was aus unseren Steaks geworden ist. Ich sterbe vor Hunger.«

ZWEI
    Pam Saugherty trug die Milch und die Eiscreme in einer Plastiktüte. Den Rest der Einkäufe würde D’Agostino in etwa einer halben Stunde liefern. Sie überquerte den Abingdon Square, bog nach rechts in die Bleecker Street ein und tanzte einen dieser Bürgersteigtänze mit einem Mann, der ihr entgegenkam: Erst wichen beide zur Straße hin aus, dann zur anderen Seite, und schließlich blieb der Mann stehen, damit sie sich aussuchen konnte, an welcher Seite sie vorbeigehen wollte.
    »Entschuldigung«, sagte sie mit einem verlegenen Lächeln, denn sie wusste, dass es ihr Fehler gewesen war. Er nickte, ohne sie eigentlich anzusehen, und ging weiter.
    Erst nach fünf, sechs Schritten wurde sein Gesicht mit einemmal vertraut. Sie hatte es schon einmal gesehen: scharf geschnitten, die Augen kalt und gleichgültig, die Kinnlinie kantig wie ein Fels. Sie drehte sich um und

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