Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gewinner Geht Leer Aus

Der Gewinner Geht Leer Aus

Titel: Der Gewinner Geht Leer Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Stark
Vom Netzwerk:
greifen und es in einer einzigen Bewegung nach vorn führen konnte. Wenn Parker nur in Reichweite kam …
    Das war das verdammte Problem. Wenn er Parker zu fassen kriegte, hatte er eine Chance. Dann konnte er ihn vielleicht sogar ohne Messer, mit bloßen Händen, fertigmachen. Aber warum sollte Parker ihm so nahe kommen?
    Was konnte Matt tun, um Parker anzulocken? Er konnte sich tot stellen, vielleicht mit dem Messer in der rechten Hand, Blut auf der Klinge und an der Kehle, als hätte er sich umgebracht. Als hätte er aus Angst vor Parker durchgedreht und den Löffel abgegeben.
    Würde Parker näher kommen, um die Sache genauer zu untersuchen und sich davon zu überzeugen, dass Matt wirklich tot war? Oder würde er in der Tür stehenbleiben und ihn, nur um sicherzugehen, mit Kugeln vollpumpen? Matt versetzte sich in Parkers Situation: einen Mann im Rollstuhl erschießen, der ein Messer in der Hand hatte und womöglichschon tot war? Was würde er selbst tun? Er wusste, was er tun würde.
    Geld. Kein Messer. Das Messer würde er verborgen in der rechten Hand halten, aber in der Linken, auf dem Schoß, musste ein Bündel Geldscheine sein, sehr auffällig, als hätte er irgendwelche Fluchtpläne geschmiedet und jemanden bezahlen wollen. Ein dickes Bündel, und obenauf musste mindestens ein Hunderter sein, besser noch ein Tausender, sofern sie einen hier hatten.
    Es gab verschiedene Geldverstecke. Paul und Matt hatten schon immer ein Leben geführt, in dem es gut war, Bargeld zur Hand zu haben. Matts Geld war hinter der Schublade der Kommode im Schlafzimmer, doch er bezweifelte, dass irgend etwas Größeres als ein Hunderter darunter war.
    Ob Paul einen Tausender hatte? Würde er ihn Matt geben oder leihen? Würde dieser Hurensohn irgend etwas tun, um Matt zu helfen?
    Er konnte ihn oben umherlaufen hören. Gewöhnlich hielt er sich im obersten Stock auf, so weit wie möglich von Matt entfernt – als hätte Matt das nicht gemerkt. Im zweiten Stock wohnte Pam Saugherty. Aber jetzt war Pam fort, und Paul hatte Angst, Parker könnte irgendwie durch das Dach ins Haus gelangen, und so war er in Pams Etage gezogen. Er hatte die Bettwäsche gewechselt. Matt hatte die Waschmaschine im zweiten Stock gehört und sardonisch gelacht. Paul würde nicht auf Laken schlafen wollen, die nach einer Frau rochen, oder? Nein, Paul nicht.
    Pam war die letzte Frau in Matts Leben gewesen. Das wurde ihm unvermittelt bewusst, und der Gedanke überraschte und schmerzte ihn und traf ihn dann auf eine zweite, nicht weniger quälende Weise: all die Frauen, die er nicht mehr haben konnte.
    Zu dumm, dass die letzte nicht besser gewesen war.
    Rastlos fuhr er in seinem Käfig, in diesen paar Räumen herum, wie eine Ratte bei einem Laborversuch: gefangen, behindert und in seiner »natürlichen« Umgebung. Paul hatte ihm zum Abendessen Cracker und eine Dosensuppe hingestellt, außerdem eine Flasche Bier, die ihm für ein paar Minuten ein angenehmes Schwindelgefühl beschert hatte – er kam mit Alkohol nicht mehr zurecht, nicht so wie früher –, und dann hatte Paul das Geschirr abgewaschen und sich wieder nach oben verzogen, und Matt konnte hier unten hin und her fahren, immer hin und her.
    Vorn sah man die nächtliche Straße, Menschen waren unterwegs zum Abendessen oder sonstwohin, Taxis fuhren vorbei, manchmal hörte man eine Hupe, ab und zu eine entfernte Sirene. Nach hinten die dunkle Gasse, Vorhänge und Jalousien an den beleuchteten Fenstern ringsum.
    Würde er von dort kommen, aus dem See von Dunkelheit hinter dem Haus? Würde er wie Spiderman an der Backsteinfassade hochklettern und durch ein Fenster, durch dieses Fenster hier springen? Matt drehte die Räder des Rollstuhls, wandte sich um, fuhr aus dem Schlafzimmer, um den Esszimmertisch herum und zu den Fenstern an der Vorderseite, wo die Straße war und jeder einsame Passant Parker sein konnte.
    Er würde spät in der Nacht kommen, nicht? Matt hatte tagsüber schlafen wollen, aber er war zu wütend gewesen, zu sehr erfüllt von Wut und Angst. Der Teil seines Körpers, den er spüren konnte, die Schultern und der Nacken, waren verspannt und schmerzten.
    Halb elf. Wann würde er kommen? Um drei, vier Uhr morgens? Wenn Matt doch nur jetzt schlafen könnte, damit er dann ausgeruht wäre!
    Oben ging Paul umher – Matt hörte leises Rascheln wie von einer Maus. Ich brauche ihn, dachte Matt, und dieser Gedanke fraß wie Säure an ihm. Aber es war nicht zu leugnen. Allein konnte er es nicht

Weitere Kostenlose Bücher