Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Titel: Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anatoli Boukreev , G. Weston Dewalt
Vom Netzwerk:
einige Kunden zunehmend unruhig. Die zahlreichen Verzögerungen und der vermeindliche Mangel an Zielstrebigkeit bei ihren Führern erregten ihren Unwillen. Einer der Kunden, der ungenannt bleiben wollte, sagte, daß er auf den Wegen zwischen den Lagern mit zwei anderen Teilnehmern die Situation mehrfach erörtert hätte. Man »bemängelte die Tatsache, daß Neal, Scott und Anatoli die Einzelheiten nicht wichtig nahmen. Neal und Scott zischten an den anderen vorüber, als würden sie zwischen den Lagern um die Wette laufen, oder sie trieben sich draußen herum, schossen Fotos oder taten sonstwas.« Die »bezahlten Hilfen«, wie einer der Kunden die Führer nannte, hatten keinen günstigen Eindruck hinterlassen.

11. Kapitel Der Gipfelvorstoß rückt näher
     
    Am 25. April stabilisierte sich das Wetter, und unsere Gruppe begann wie geplant ihren Aufstieg an den Fixseilen. Scott und ich waren übereingekommen, daß ich mich in Lager II für die bevorstehende Arbeit ausruhen und alles Nötige für das Versichern der Route zwischen Lager III und IV zusammentragen sollte, ehe ich mich mit Ang Dorje, Robert Halls Sirdar, traf, mit dem ich die Arbeitseinteilung des nächsten Tages besprechen mußte.
     
    Da Fischer noch im Basislager war und Beidleman es erst noch bis zum Lager II schaffen mußte, blieb es den Kunden überlassen, sich allein an den Fixseilen hochzukämpfen. Einige kamen bis auf die angepeilten 7000 Meter, andere nicht.
     
    Noch nicht richtig wach und nicht allzu gutgelaunt machte ich mich frühmorgens um vier von Lager II auf den Weg. Um diese Zeit hilft einem auch der stärkste Kaffee nicht. Der Sternenhimmel verhieß einen guten Tag, und als ich mit knirschenden Schritten über festgepackten Schnee ging, sah ich vor mir in etwa 150 bis 250 Metern Entfernung die Stirnlampen der Sherpas von Halls Expedition, und hinter mir, ebenso weit entfernt, die auf- und abhüpfenden Lichter der Sherpas der Taiwanesen. Wir stiegen in gleichmäßigem Tempo auf und erreichten Lager III nach dreieinhalb Stunden um sieben Uhr dreißig, als die ersten Sonnenstrahlen auf die beiden Zelte fielen, die von den Sherpas am Tag zuvor aufgestellt worden waren.
    Lager III, am Ende der Fixseile errichtet, wo Boukreev am Vortag seine Last deponiert hatte, lag auf einer kleinen Stufe in der abfallenden Lhotse-Flanke. Der Neigung des Hanges entsprechend – in etwa der Schräge einer Leiter zu einem Fenster im dritten Stock vergleichbar – waren Standflächen für zwei Zelte in das Eis gehauen worden. Die Basis für das dritte Zelt mußte dem schrägen Eis erst abgerungen werden. Boukreev und die Sherpas machten sich mit ihren Pickeln an die Arbeit. Mit kurzen, lockeren Schlägen aus dem Handgelenk hackten sie das Eis in gleichmäßigem Rhythmus heraus.
     
    Ich ließ meine Sachen im Zelt und stieg über Lager III zu der Stelle auf, wo Ang Dorje und andere Sherpas von Rob Halls Expedition schon die Fixseile anbrachten. Nach einer Seillänge wechselte ich mit Ang Dorje, der vor mir gegangen war, die Position und übernahm für den Rest des Tages die Führung, während Ang Dorje mich sicherte und die anderen Sherpas die Seilrollen nachreichten. Fünf Stunden machten wir gleichmäßig weiter, bis wir 7550 Meter erreicht hatten und knapp unterhalb des Gelben Bandes 23 standen .
    Nach der Schwerarbeit des Tages wollte Boukreev zum Lager III absteigen und dort übernachten, um seine Akklimatisation voranzutreiben, während Ang Dorje und die anderen Sherpas zum Lager II zurückkehrten. Ein Blick hinunter auf Lager II zeigte Boukreev, daß dort anstatt der erwarteten Aktivität völlige Ruhe herrschte.
    Vom Schlechtwetter festgenagelt, hatte die Mountain-Madness-Gruppe den Tag in den Zelten zugebracht und sich ausgeruht. Ihre Bericht an NBC mußte Sandy Pittman mit »menschlichen Aspekten« anreichern. Hauptthema war die Musik, die die Mountain-Madness-Leute auf der Boom-Box im Basislager oder auf ihrem eigenen CD- oder Kassettengerät gerne hörten. Neal Beidleman bevorzugte »Lollipop, Lollipop« von den Chipmunks, während Lene Gammelgaard von Nick Caves »Murder Ballads« angetan war. Wie bei der Musik waren sie auch am Berg sehr verschieden.
    Beidleman, der leise, bedächtig und sehr engagiert war, stellte für Lene Gammelgaards stürmisches Naturell so etwas wie einen Blitzableiter dar. Unbeugsam und starrsinnig in ihrem Entschluß, den Berg zu ihren eigenen Bedingungen zu bezwingen, und ausgestattet mit einer Portion Abenteuerlust, sah

Weitere Kostenlose Bücher