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Der Gipfel

Der Gipfel

Titel: Der Gipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anatoli Boukreev , G. Weston DeWalt
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Unterbrechung in Pheriche, wo er sich in einem Sherpa-Teehaus mit Tee und Bratkartoffeln stärkte, ging er weiter und kam gegen Mitternacht an. Während er sich zwischen den Zelten der verschiedenen Expeditionen hindurchtastete, drangen Gesprächsfetzen an sein Ohr, und er sah im Mondschein da und dort eine Gestalt. Bei den Mountain-Madness-Zelten herrschte Stille. Kein einziges Licht brannte. Sogar Sandys Kommunikationszelt war dunkel. Im Essenszelt fand Boukreev eine Thermosflasche mit Tee und goß sich eine Tasse davon ein. Von Deboche bis zum Basislager war die Temperatur um mindestens vierzig Grad gefallen.
    Beim Erwachen am Morgen des 5. Mai hörte Boukreev die vertrauten Stimmen der Gruppe. Es fehlte nur der unverkennbare Ton und der Husten Sandy Hill Pittmans, die, wie Boukreev später erfahren sollte, abgestiegen war, während er sich in Deboche aufhielt.
    Am 4. Mai, einem Samstag, hatte ein Sherpa-Läufer die Nachricht überbracht, drei Freundinnen Sandys seien bis Pheriche getreckt und wollten sie treffen. Darauf hatte sie sich mit drei Sherpas, von denen einer ihr Satellitentelefon mit schleppte, auf den Weg ins Tal gemacht.

    Ich staunte nicht schlecht, daß jemand mit ihrer Erfahrung sich so verhalten konnte. Gewiß, sie war eine geübte Bergsteigerin, aber ich war der Meinung, daß ihr rascher Abstieg so knapp vor dem Gipfel vorstoß recht unvernünftig war. Eine längere Ruhepause hätte sich günstig ausgewirkt, während dieses rasche Rauf und Runter sie viel Energie kosten würde.

    Bis auf Sandy hielten sich alle Kunden am 5. Mai im Basislager auf. Sie war noch nicht zurück, da Fischer vor ihrem Abstieg angekündigt hatte, daß die Expedition erst am 6. zum Gipfel aufbrechen würde. Adams, der nach Pheriche abgestiegen war, aber Boukreev dort verfehlt hatte, sah gut und ausgeruht aus. Charlotte Fox und Tim Madsen waren einigermaßen erholt, aber Boukreev machte sich Sorgen um ihre Akklimatisation. Erst in extremer Höhe würde sich zeigen, wie es wirklich um sie stand. Die anderen waren weder besser noch schlechter dran, als zu erwarten war, aber Fischer kämpfte mit Problemen.

    Scott hatte während der Ruhephase mit Neal den Pumori bestiegen, um dort Fotos zu schießen. Eine unnötige Energievergeudung in Anbetracht des Plans, an den Scott sich hielt. Meine Besorgnis wuchs, als ich hörte, daß Scott sich nicht wohlgefühlt hatte und Antibiotika nahm. Ich weiß zwar nicht, ob etwas gegen die Einnahme von Antibiotika vor einer großen Bergtour spricht, habe aber vor einem solchen Kraftakt selbst nie welche genommen – übrigens auch keine anderen Medikamente. Ich möchte immer wissen, wie mein Körper reagiert, und lasse nicht zu, daß Medikamente irgendein Körpersignal verfälschen können.

    Sandy Pittman, die am Abend zuvor ins Basislager zurückgekehrt war, machte sich am 6. Mai bereits um fünf Uhr morgens an die Arbeit. Sie stellte eine Satellitenverbindung mit NBC her und schilderte für die Welt der Internet-Surfer die Ereignisse der letzten Tage im Tal in enthusiastischem Ton, wenn auch thematisch ein wenig daneben.
    »Wir verspeisten ein großartiges Yak-Steak und Fritten in meinem Lieblingsrestaurant. Ich hatte nur diesen einen Tag, um meine Freundinnen zu besuchen, denn am Sonntag ging es zurück nach Lobuche, wo wir zu Mittag aßen. Abends wan derte ich dann zurück ins Basislager.«
    In Anbetracht dessen, was vor ihr lag, war dieser Bericht so unpassend wie eine Reportage vom Schauplatz eines Flugzeugabsturzes, die sich auf eine Beschreibung der Kleidung der Opfer beschränkt. In knappen zwei Stunden würde sie zur Besteigung des Mount Everest aufbrechen. Lene Gammelgaard sollte später sagen: »Ihre Vergangenheit als Bergsteigerin und die Art, wie sie sich im Gebirge aufführte, konnte ich unmöglich in Einklang bringen.«
    Während Sandy ihre Abenteuer diktierte, gingen die anderen aus der Gruppe ins Gemeinschaftszelt, um ein letztes Mal groß zu essen. Die Gespräche drehten sich um Praktisches: Ausrüstung, was man mitnehmen und was zurücklassen sollte. Aber es ging nicht allein darum – einiges war todernst.
    Martin Adams erinnerte sich, daß er ins Zelt kam und Scott Fischer und Dr. Ingrid Hunt bei einem Gespräch antraf, das er als »gespannt und nervös« beschrieb. Was immer die beiden zu besprechen hatten, sie behielten es für sich. Adam vermutete, es sei um das gegangen, was Dr. Hunt am Tag zuvor auch mit ihm erörtert hatte. Sie hatte sich über den

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