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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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blieb stehen.
    »Du willst in das ›
Bahr billa ma,
‹ in das ›Meer ohne Wasser,‹ welches Ihr Sahara nennt?«
    »Ja.«
    »Hast Du schon ein Djemmel, ein Kameel, wie Du es brauchst?«
    »Nein!«
    »So sieh dieses Thier hier an! Es ist ein Hedjihn, ein Bischarinhedjihn, wie es in der ganzen Sahel kein zweites gibt. Es ist Dein, ich schenke es Dir!«
    Ich wollte widersprechen, denn ich hatte von dem Werthe eines Bischarin gehört, er aber winkte mit einem so gebieterischen Blicke zum Schweigen, daß ich meinen Einspruch für später aufhob, und setzte, mir voranschreitend, seinen Weg fort.
    Warum waren diese Kameele hier in dem Bereiche des Löwen versteckt? Woher hatten diese augenscheinlich armen Hirten diese Menge so kostbarer Thiere? Aus welchem Grunde waren es lauter Reit-und keine Lastthiere? Weshalb hatte er von Gnade und Vergebung gesprochen, wo er mir doch nur Dank schuldig war? Der Mann hatte ein böses Auge: ich konnte mir diese Fragen nicht beantworten und beschloß, vorsichtig zu sein. –
2.
Hedjahn-Bei, der Karavanenwürger
    Die Karavane hatte vor längerer Zeit Augila verlassen, und nach meiner Berechnung konnten wir längst Siwah erreicht haben. Der alte Schech el Djemali, wie der Aelteste der Kameeltreiber genannt wird, wollte mir gar nicht gefallen; sein finsteres, schroffes Wesen war nicht Vertrauen erweckend. Schon vorgestern hatte er uns versichert, daß Siwah nahe sei und doch sahen wir heute noch keine Spur, welche auf die Nähe einer Oase oder, wie der Araber sagt, einer »Uah,« deutete. Der letzte Tropfen Wasser war verzehrt, die Schläuche dorrten zusammen; wir mußten das widerliche Durrha-Mehl trocken essen, so wie es in dem Beutel war, und dazu lag die Atmosphäre wie flüssiges Erz um unsre Glieder und die Erde brannte wie glühendes Eisen.
    Da plötzlich kam freudige Bewegung in die langsam dahinschleichende Reihe der Wanderer, denn über dem dichtumflorten Horizonte hoben sich die scharfen Umrisse der erwünschten Uah empor. Auf schlanken Säulen bauten sich die stattlichen Wipfel der Dattelpalmen über einander und ihre leichten, vollen Fliederkronen wehten in dem frisch sich erhebenden Wüstenwinde. Zwischen grünen Hainen schimmerte es wie das Wellengekräusel eines lieblichen See’s, und die Luft schien sich von der Ausdünstung des Wassers zu feuchten. Die Palmenkronen spiegelten sich in der glitzernden Wasserfläche und Kameele wateten in der Fluth, ihren langen Hals herunterstreckend, um das belebende Naß zu schlürfen.
    »Hamdulillah, Preis sei Gott!« rief es. »Das ist Siwah; der Herr hat uns errettet, ihm sei Lob und Dank!«
    »Hauehn aaleihu ia Allah, hilf ihnen, o Gott,« bat Mahmud der Große, welcher an meiner Seite ritt; »sie haben vor Hitze und Durst den Verstand verloren und sehen die Fata morgana, die gefährliche Spiegelung für Wirklichkeit an!«
    Er zog die Flasche hervor, welche schon vor vier Tagen leer geworden war und setzte sie zum tausendsten Male vergebens an den Mund, um ihr noch einen Tropfen des mit Zibib gewürzten Wassers zu entlocken.
    »Sie bleibt leer,« klagte er seufzend. »Mahmud Ben Mustafa Jussuf Jaakub Ebn Baschar wird an seiner trockenen Kehle sterben!«
    Er hatte Recht; es war eine Fata morgana. Ich zog die Karte und den Compas hervor, wie ich schon öfters gethan hatte. Meine Berechnung brachte mich immer wieder zu der Ueberzeugung, daß wir uns nicht mehr auf dem rechten Wege befanden. Ich ritt zum zehnten oder zwanzigsten Male vor an die Spitze des Zuges zum alten Schech el Djemali und machte ihm Vorstellungen. Er hörte sie schweigend an, gab keine Antwort und ritt weiter.
    »Ist Dein Ohr taub geworden,« frug ich ihn, »oder willst Du nicht hören?«
    »Allah kerim, Gott ist gnädig, aber die Geduld eines Menschensohnes hat ein Ende,« ließ er sich endlich vernehmen. »Wer ist der Bei, der Oberste hier, Du oder ich?«
    »Keiner von Beiden. Du bist der Führer; wir haben uns Dir anvertraut, und Jeder darf Dich nach dem Wege fragen!«
    »So geh, wenn Du einen bessern weißt! Ich bin ein Hadschi, der Gott gefällt, Du aber bist ein Giaur, ein Ungläubiger, den Gott zur Hölle fahren läßt. Geh fort, Du machst mich unrein!«
    Im nächsten Augenblicke fuhr meine Kameelpeitsche durch die Luft und ihm so kräftig über das Gesicht, daß ihm sofort eine dicke Schwiele in dasselbe schwoll. Er riß die lange Flinte von der Schulter und legte auf mich an.
    »Kelb, Hund, stirb!«
    Er drückte nicht los. Der Revolver, welchen ich ihm

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