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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erscholl.
    Piet vermochte weder die Losung zu sagen noch den hinter dem Felsen Verborgenen auf das Korn zu nehmen. Der feindliche Schuß krachte; das Pferd des jungen Mannes war getroffen, ging schnaubend in die Höhe – er glitt blitzesschnell aus dem Sattel, dann stürzte es kopfüber hinunter in die Tiefe.
    Da er die Zahl der Feinde, welche er vor sich hatte, nicht kannte, so blieb ihm nichts Anderes übrig, als sich so schnell wie möglich zurückzuziehen. So eilig er vermochte, sprang er nach dem Eingange des Passes zurück, doch kaum hatte er ihn erreicht, so starrten ihm die Waffen einer Anzahl Kaffern entgegen, welche seinem Passiren vorhin Nichts in den Weg gelegt hatten, jetzt aber sich ihm entgegenstellten. Er gab die zwei Schüsse ab, welche er hatte, und stürzte dann mit hochgeschwungenem Kolben auf die Feinde ein. Von hinten und von vorn gepackt, war ihm bei der großen Ueberzahl der Gegner ein Entkommen unmöglich. Er wehrte sich wie ein angeschossener Löwe; es half Nichts; ein Keulenschlag streckte ihn besinnungslos auf den Boden nieder. –
    Als er wieder zu sich kam, war es heller Morgen. Sein Auge fiel auf ein Lager von mehreren Tausend Eingeborenen, deren Anführer in diesem Augenblicke vor der Hütte stand, die man ihm errichtet hatte. Es war Dingaan, der Zuluhäuptling. Er schien mit seinen Unterbefehlshabern in ein lebhaftes Gespräch verwickelt zu sein, an welchem auch die beiden Engländer Theil nahmen, auf deren Veranlassung er in der letzten Nacht eine Schaar der Seinen ausgeschickt hatte, um den Adjutanten Pieter Uys zu fangen.
    Sein Auge fiel auf den Erwachenden, und mit einer schnellen Handbewegung lenkte er die Aufmerksamkeit auch der Andern auf diesen hin.
    »Du bist Piet van Holmen?« frug er den jungen Mann, der sich langsam erhoben hatte.
    »Ja,« antwortete dieser kurz. Sein Kopf schmerzte ihn zwar, aber er fühlte sich sonst bei vollen Sinnen und Kräften.
    Mit einem schadenfrohen Zuge um den breiten Mund trat Dingaan unter die Thür seiner Hütte und zog Hannje die Tochter seines vertriebenen Bruders hervor. Piets Augen leuchteten; er wußte, daß ein grausamer Tod seiner harrte, wenn es ihm nicht gelang, zu entkommen. Hier standen die zwei Männer, die ihm die Geliebte geraubt hatten; unweit der Hütte hielten mehrere Pferde – er war sich seiner riesigen Körperkraft bewußt – ein kühner, verwegener Entschluß durchzuckte ihn.
    Noch ehe Dingaan eine zweite Frage an ihn richten konnte, hatte Piet John Hoblyn das Messer entrissen; es blitzte zweimal nieder – die Räuber waren in das Herz getroffen.
    »Hannje, aufs Pferd dort!« rief er und hatte im nächsten Augenblicke den vor Ueberraschung starren Häuptling beim Schopfe. Das Mädchen war oft an seiner Seite über die weite Steppe dahingebraußt; mit einigen raschen Sprüngen stand sie bei den Thieren und schwang sich auf. Piet folgte ihr, den Kaffer wie mit Eisenklammern festhaltend, und dahin fuhr die Jagd, durch das Lager, durch Schluchten und Kloofs, über Abhänge und Bergwände immer thalabwärts, hinter ihnen ein fürchterliches Schreien und Lärmen, über das sie lachen konnten, da die Kaffern stets unberitten sind und die wenigen Pferde der Anführer den jetzigen Vorsprung nicht mehr zu mindern vermochten. Aber die ganze Heeresmacht der Wilden war dessen ungeachtet hinter ihnen her auf den Beinen, um den geraubten Anführer zurückzuholen.
    Längst schon lagen die Quathlambapässe hinter dem kühnen Africander, so daß er nun die Pferde zu geringerer Eile zügeln konnte, da klang es aus einem Farren-und Aloögesträuch:
    »Halt! Bei der heiligen Jeffrouw von Antwerpen, das ist ja Piet van Holmen! Wo kommst Du denn da her, myn Jong? Ich habe Dich heut früh vergeblich erwartet!«
    Es war Pieter Uys selbst, welcher sich noch bei der Vorhut des vorrückenden Boerenheeres befand. Er hatte sich bei dem Geräusch der nahenden Hufschläge mit den Seinen versteckt und trat nun staunend hervor.
    »Wo ich herkomme, Baas Uys? Von den Pässen da oben. Und wen bringe ich mit? Da guckt ihn Euch an!«
    Er warf den halb todtgedrückten Häuptling vom Pferde.
    »Dingaan – bei Gott, Dingaan selbst! Um aller Heiligen willen, wie kommst Du zu diesem Gefangenen!«
    Piet erzählte mit fliegenden Worten das gehabte Abenteuer. Das Staunen der Zuhörer war ebenso groß wie ihre Freude über die Gefangennahme des gefürchteten Kaffernkönigs. Aber es war keine Zeit zu verlieren. Der Gefangene wurde gefesselt und in sichere Obhut

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