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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß sie aber das Geringste für ihn ausgerichtet hätten.
    Dadurch wurde ihm die heilige »Santa Barbara« verleidet, und eines schönen Morgens war er mit sammt seiner Haushälterin spurlos verschwunden. Es hatte auch Niemand Lust, nach ihnen zu forschen und so blieb von den ursprünglichen Bewohnern nur Sennor Carlos zurück, der mit seiner Frau und Anitta, seiner wunderhübschen Tochter, ein paar kleine Stuben des Erdgeschosses neben der Brauerei bewohnte.
    Aber auch der Bodenraum sollte einen Besitzer finden. Von Buenos-Ayres war ein Mann nach Sakramento gekommen, der aus Cincinnati stammte und sich Doctor Haffley titulirte; ob er in Wirklichkeit Arzt sei, darnach wurde er von Niemand gefragt. Er wollte in Sakramento ein Hospital gründen, fand aber keinen geeigneten Platz dazu und kam nun zur Mission geritten, wo er die Dachräume, da er keinen Menschen fand, dem er sie abmiethen konnte, einfach mit Beschlag belegte. Er war ein praktischer Mann, der recht gut wußte, daß in diesem Lande das Recht des gegenwärtig Besitzenden nur sehr schwer anzutasten war.
    Schon am nächsten Tage trafen eine Anzahl von Maulthieren mit wollenen Decken und Matratzen ein, hinter welchen eine Schaar von Mexikanern die nöthigen eisernen Bettstellen herbeitrugen. Noch vor Abend standen zwanzig Betten dort oben unter dem alten, defecten Ziegeldache auf dem offenen Boden, durch den der oft stürmische Wind nach allen Richtungen hin seinen Durchzug hatte und auf dem es zur Regenzeit eine ganz heillose, perennirende Ueberschwemmung gab. Das war nun das Hospital, welches seiner unglücklichen Patienten harrte.
    Diese stellten sich auch nur zu bald ein.
    So gesund das Klima in Californien an und für sich auch ist, in den Minen giebt es doch stets der Kranken mehr als genug. Die wilde, unregelmäßige Lebensart trägt ebenso viel wie die schwere, für Tausende ungewohnte Arbeit und die vielen Regengüsse dazu bei, viele, besonders hitzige Fieber zum Ausbruch zu bringen, die für den davon Betroffenen aus Mangel an Pflege und ärztlicher Behandlung nur zu oft einen schlimmen und tödtlichen Ausgang nehmen.
    Da waren Diejenigen noch glücklich zu preisen, welche die Krankheit nicht allein und in der Wildniß traf, sondern welche Freunde fanden; um sie aus den Bergen und Schluchten wieder hinaus in den Bereich der Civilisation und ordentlichen Pflege zu bringen. Die Meisten freilich fanden bei den Minen nichts als sechs Fuß Erde und einen armen Ring von Steinen um das enge Grab. Viele starben unterwegs oder lebten gerade lange genug, um mit dem letzten, brechenden Blicke eine menschliche Niederlassung zu erfassen, und nur Wenigen gelang es, wieder hergestellt zu werden, um mit gekräftigtem Körper ihre Arbeit auf’s Neue beginnen zu können.
    Eines aber büßte jeder Kranke sicher ein: das mitgebrachte Gold.
    In damaliger Zeit wurde die Arznei geradezu mit Gold aufgewogen und ein tüchtiger Arzt hatte seine einträglichste Mine in den Krankheiten seiner Patienten. Und wie viele Quacksalber gab es, die dies zu benutzen verstanden und bei denen vielleicht gar mancher Kranke nur deshalb starb, weil er Gold besaß, welches er im Falle der Genesung wieder mitgenommen hätte! – – –
    Die Anhöhe zur Mission herauf schritt ein kräftig gebauter Jüngling, dessen lichtem Haare, regelmäßigen Gesichtszügen und von der Gesundheit rothen Wangen man die germanische Abstammung sofort ansah, trotzdem er die bequeme mexikanische Kleidung trug.
    An den Mezquitebüschen, welche die Mission umzogen, blieb er stehen und wandte sich nach Westen.
    Der Abend nahte und die Sonne tauchte ihre funkelnden Gluthen in die strahlende Fluth; vor ihm lag die Stadt, von brillantenem Lichte übergossen, und die Fenster des alten Gemäuers warfen blitzende Reflexe in die Ferne hinaus.
    Er ließ sich auf den weichen Rasen nieder und versank so tief in den Anblick, daß er die leichten Schritte nicht vernahm, die sich von seitwärts her ihm näherten.
    Ein kleines, weißes Händchen legte sich auf seine Schulter und ein wunderliebliches Köpfchen bog sich zu ihm herab.
    »Willkommen auf der Mission, Sennor! Warum seid Ihr so lange Zeit nicht hier bei uns gewesen?«
    »Ich war in San Franzisko, Sennorita, wo ich allerlei Geschäfte hatte.«
    »Und wo Ihr den Sennor Carlos mit sammt seiner armen, kleinen Anitta vollständig vergessen habt!«
    »Vergessen?
Per dies,
nein und tausendmal nein! Anitta, wie könnte ich jemals Euer vergessen?«
    Sie ließ sich ohne

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