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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bleiben. Oder soll ich Euch fortweisen?«
    »Verkauft Ihr das Mädchen, Jeffrouw?« frug er ausweichend. »Ich nehme sie für einen guten Preis morgen mit mir.«
    »Verkaufen? Nein, Sir, um keinen Preis. Sie ist mein Kind geworden und wird bald das Weib meines Sohnes sein. Die Boeren von Klaarfontain haben nie mit Menschenfleisch gehandelt!«
    Sie ließ ihn stehen und ging in die Küche. Er lächelte höhnisch vor sich hin, verließ die Stube, bog um das langgestreckte Gebäude und trat zu der Quelle, von deren klarem hellen Wasser die Besitzung ihren Namen erhalten hatte. John Hoblyn befand sich hier, um die dürstenden Pferde zu tränken.
    »Nun, Sir, saht Ihr das Mädchen?«
    »Ja.«
    »Und gefällt es Euch?«
    »Ich muß sie haben; ich nehme sie mit!«
    »Wann?«
    »Jetzt gleich!«
    »Jetzt – gleich jetzt?«
    »Ja, weil es grad jetzt am Leichtesten geht. Sie ist Panda’s Tochter.«
    »Pan– Panda’s Tochter? Ist’s möglich, Sir? Was würde Dingaan sagen, wenn er es erführe!«
    »Er soll es erfahren; wir haben große Vortheile davon Du sagtest, daß er jetzt die Quathlambapässe besetzt hält, um sich auf die Boers zu werfen?«
    »Es ist so, ich weiß es genau.«
    »Es ist nur eine halbe Tagereise bis dahin. Würden die Pferde den Ritt aushalten?«
    »Sicher; sie sind noch ziemlich frisch, Sir!«
    »Piet van Holmen ist auf der Jagd. Hast Du irgend welches Gesinde bemerkt?«
    »Nein. Die Leute müssen bei den Heerden sein.«
    »Ich denke auch, daß die beiden Frauen allein sind. Wir dürfen die Rückkehr der Andern nicht abwarten. Die Hunde sind angehängt; wir brauchen sie nicht zu fürchten. Pferde stehen im Stalle: wir nehmen eins für das Mädchen. Die Frau wird gefesselt. Vorwärts; laß uns keine Zeit verlieren!«
    Die zwei Männer verschwanden im Hause. Kaum waren einige Augenblicke vergangen, so ertönte ein Schrei – noch einer – – Hoblyn erschien wieder, trat in den Stall und zog eines der Pferde heraus. Auch Raffley kam. Er trug eine in eine Decke geschnürte Gestalt in den Armen. Sie wurde auf das Thier befestigt; dann trabten die Räuber eiligst von dannen. – –
2.
Die Vergeltung
    Das Quellwasser von Klaarfontain berieselte eine weite, von Oxalis-und Pelargoniumarten reich bestandene Senkung und vereinigte sich dann mit einem Bache, welcher weither von oben kam, wo einer der im Caplande so seltenen Wälder seine riesigen Stinck-und Gelbholzstämme zum Himmel streckte.
    Auf einer Lichtung dieses Waldes standen drei Männer. Der Eine von ihnen war ein Kaffer. Er mußte schon engere Bekanntschaft mit der Civilisation gemacht haben, denn er trug nicht die Waffen seiner Stammverwandten, sondern das Roer – die gefährliche, sicher treffende Büchse der holländischen Colonisten – und das scharfe, spitze und leicht gekrümmte Messer, welches für Stich und Hieb gleich gut geeignet ist. Auch seine Kleidung war eine halbeuropäische, jedoch dem unstäten Leben angemessen, zu welchem der verdrängte Sohn des Landes verurtheilt ist. Die beiden Andern waren Boers, das sah man ihnen auf den ersten Blick an.
    Der Aeltere von ihnen war nicht hoch, aber ungewöhnlich breit und kräftig gebaut; er hatte gewiß schon allen Unbilden eines harten und gefahrvollen Lebens Trotz geboten und sah ganz so aus, als könne ihn keine Schwierigkeit von einem einmal gefaßten Vorhaben abschrecken.
    Der Jüngere konnte nur wenig über zwanzig Jahre zählen, aber seine Glieder waren von wahrhaft herkulischen Verhältnissen, und das ihm über den Rücken hängende Pantherfell erhöhte den kriegerischen Eindruck, welchen seine stattliche Erscheinung machen mußte.
    Die drei Männer waren Panda, der Zulufürst, Pieter Uys, der Boermanführer und Piet van Holmen von Klaarfontain, der jetzt für jeden Fremden als auf der Jagd befindlich galt, während seine Abwesenheit doch nur der Besprechung galt, welche so eben ihr Ende erreicht zu haben schien.
    »Also Panda ist mein Freund,« meinte Uys; »er wird sein Wort nicht brechen?«
    »Panda wird halten, was er sagt,« antwortete der Kaffer. »Dingaan hat ihn verstoßen von seinem Kraal, darum hat er sich gestellt an die Spitze der tapfern Männer von Fingo und wird noch heut mit ihnen aufbrechen nach den Schluchten von Quathlamba, wie er versprochen hat!«
    »Und welche Stämme ziehen mit?«
    »Die Amafengu, die Amabaca und Amawazi. Auch werden kommen die Schembi, Latonga und Amahuta aus dem Lande Sofala, welche nur auf seinen Boten warten, um Dingaan, den Verräther,

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