Der Gitano. Abenteuererzählungen
Chikanen fortzukommen!«
»Das, Sennor, das ist schwierig, und ohne Einiges von dieser Sorte« – er machte die Pantomime des Geldzählens – »wohl ganz und gar unmöglich.«
»Natürlich! Aber ich habe zufällig da in der Tasche drei außerordentlich hübsche Nuggets, die ich der Seltenheit wegen immer bei mir führte. Da, seht sie Euch an! Genügen sie?«
Der Wirth nahm die drei ungewöhnlich großen Goldbrocken in die Hand und wog sie bedächtig.
»Es genügt.«
»Nun, also – –?«
»Wollt Ihr ohne Chikanen fort, so dürft Ihr natürlich nicht Passage nehmen, sondern – – hm, kennt Ihr vielleicht Etwas vom Seedienste?«
»Ich bin früher viel zur See gewesen.«
»Getraut Ihr Euch auf ein paar Tage den Matrosen zu spielen?«
»Wenn’s nur das ist, sehr gut!«
»So ist Euch geholfen, Sennor! Seht, da draußen liegt die ›Union,‹ Vereinigte-Staaten-Brigg, Kapitän Williams, ein sehr braver Mann, dem einer seiner Leute davongegangen ist. Er sticht in einer Stunde in See. Wollt Ihr mit ihm?«
»Natürlich. Wohin geht er?«
»Nach Galveston; ich sagte das wohl schon!«
»Gut! aber diese Kleidung – und die Papiere.«
»Hm, ja; das hält schwer. Ich habe allerdings einen alten Matrosenanzug daliegen, den ich Euch aus christlicher Barmherzigkeit anbieten muß, wenn Ihr ihn gegen Eure Kleider umtauscht und eine Wenigkeit zulegt, Sennor.«
»Hier habt Ihr!«
Er schob ein Geldstück hin. Saldano steckte es ein und meinte:
»Es ist sehr wenig, Sennor; aber der Himmel wird mir vergelten, was ich an Euch thue. Kommt heraus!«
Er führte ihn in einen Verschlag, an dessen Wänden verschiedene Kleider und andere bei dem Geschäfte Saldano’s nothwendige Requisiten hingen.
»Hier ist Hemd, Hose, Jacke, Strümpfe, Stiefel und Südwester. Zieht Euch um und kommt dann wieder in die Stube!«
Er selbst kehrte dahin zurück und setzte sich mit zufriedenem Lächeln vor die Flasche, welche er in wenigen Augenblicken leerte. Dann kam Wilson herein. Der Anzug war nicht für seine Gestalt gefertigt; Gesicht und Haltung paßten wenig zu demselben.
»Herrlich, trefflich, wunderschön paßt er Euch, Sennor,« schmunzelte Saldano. »Der befahrenste Seemann wird meinen, daß Ihr seit Eurer Jugend nicht vom Wasser weggekommen seid!«
»Und die Papiere?«
»Hm, das ist nun allerdings eine schlimme Sache! Ich habe keine, denn ich würde sie Euch herzlich gern aus altgewohnter Mildthätigkeit schenken; ich bin einmal eine Samariterseele, die gar nicht leben kann, ohne Wohlzuthun und Mitzutheilen. Aber da hat kürzlich ein Maate seine Zettel hier gelassen, und ich getraute es mir am Ende, sie Euch zu leihen, wenn Ihr mir versprechen könnt, sie wiederzubringen.«
»Wann sollen sie wieder hier sein?«
»In vierzehn Tagen – vielleicht auch in so vielen Jahren, wenn es Euch nicht anders möglich ist. Allerdings wird der Mann ein Leihgeld verlangen.«
»Wie viel ungefähr?«
»Ihr wollt nach dem Norden und müßt Euch also nach dem dortigen Kurse richten. Drei Pfund ist billig; das müßt Ihr selber sagen!«
»Saldano, Ihr seid ein Schuft trotz Eurer Frömmigkeit!«
»Gut, so werde ich als ein solcher handeln und sie nur für fünf Pfund hergeben. Greift zu, Sennor, sonst steigt der Preis noch höher!«
»Ich gebe Dir drei!«
»Fünf und keinen Pfennig weniger!«
»Hol’ Euch der Henker. Hier ist das Geld!«
»Danke, Sennor! Aber Ihr seht, die Flasche ist leer. Ich muß noch eine holen, um mit Euch auf glückliche Fahrt anstoßen zu können. Zwei Flaschen machen gerade drei Dollars!«
»Hier sind auch diese. Aber trinkt mit wem Ihr wollt, nur nicht mit mir!«
»Ist mir auch recht. Undank ist der Welt Lohn, und der Gläubige muß sich in christlicher Nachsicht üben!«
Er brachte die Papiere. Wilson sah sie durch.
»Sie werden ihren Zweck erfüllen. Aber der Kapitän?«
»Wird Euch nur dann miethen, wenn Ihr einige Zeilen von mir bringt.«
»Schreibt sie!«
»Das ist nicht so leicht, Sennor! Es hat mich Zeit, Mühe und Geld gekostet, diese Kunst zu erlernen. Wollt Ihr noch einen Dollar daran wenden?«
»Auch das noch! Hier habt Ihr ihn; aber verlangt ja nicht noch einmal Bezahlung, sonst zeige ich Euch, daß meine Faust härter ist als Euer barmherziger Schädel!«
»›So Dir Jemand einen rechten Backenstreich giebt, von dem laß Dir auch gleich einen linken geben,‹ sagt die Bibel. Mein Gewissen gebietet mir, Euch die Schmähung zu verzeihen. Ich werde Euch die Zeilen sofort schreiben!«
Es
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