Der gläserne Drache Band II (German Edition)
läufst!“
Schmunzelnd öffnete Wigo die Tür. „Verzeiht, aber man hat mich gelehrt, dass es höflich ist anzuklopfen, bevor man die Räume von Damen betritt.“
Beim Klang seiner Stimme flogen die Köpfe der beiden Mädchen erstaunt von ihrer Näharbeit hoch. Im letzten halben Jahr hatte sich Wigo nie in ihrem Zimmer sehen lassen.
„Ist etwas geschehen?“ fragte Anina besorgt.
„Nun, abgesehen davon, dass ihr euch nun auch auf der Reise mit mir herumplagen müsst, eigentlich nicht!“ witzelte Wigo.
Die Mädchen sahen ihn verständnislos an.
„Das heißt, dass der König mir erlaubt, mit nach Torgard zu gehen“, sagte Wigo verwirrt.
„Und was ist daran so ungewöhnlich?“ fragte Tamira verdutzt. „Hat es denn je Anlass zum Zweifel darüber gegeben?“
Wigo wurde rot. „Ich dachte, der König würde mich nicht mitnehmen, da ich mich mit Tanis entzweit hatte und mich so schlecht euch allen gegenüber benommen habe“, druckste er.
„Das stimmt, das hast du!“ lachte Tamira. „Und dafür hättest du es eigentlich verdient, dich hier allein mit Aelianos zu langweilen, anstatt mit uns zu feiern.“
Aber dann wurde sie wieder ernst. „Wie konntest du ernsthaft glauben, dass Mendor dich hier zurücklassen würde? Den wichtigsten Tag im Leben deines Bruders und aller deiner Freunde könnte sich keiner von uns ohne dich denken.“
Die beiden Mädchen standen auf und legten rechts und links ihre Arme um Wigo.
„Was immer du auch an schlimmen Dingen in der Vergangenheit getan hast – du bist unser Freund und wirst es auch immer bleiben!“ sagte Anina leise. „Aber ich weiß auch, dass Tanis unter eurem Streit sehr gelitten hat. Doch er hat dir schon längst vergeben und wäre todunglücklich, wenn du bei unserer Hochzeit fehlen würdest.“
Wigo seufzte erleichtert, denn die Worte Aninas hatten ihm eine schwere Last von der Seele genommen.
Nächtelang hatte er sich den Kopf zerbrochen, ob der Bruder je bereit sein würde, ihm zu verzeihen. Doch nun bestand die Hoffnung, dass er wieder ein normales brüderliches Verhältnis herstellen konnte.
7. Der Angriff
Die Reisegesellschaft kam nur langsam vorwärts, da die mitgeführten Wagen für die Königin, ihre Damen und die Ausrüstung schwer beladen waren. Sehr zum Missfallen Aninas und Tamiras hatte die Königin darauf bestanden, dass auch die Beiden die Reise in den geschlossenen Wagen zurückzulegen hatten.
Mehr als einmal schauten die Mädchen neidisch auf die Reiter , denn die holprige Fahrt in den engen, geschlossenen Holzkästen, die nur wenige kleine Fenster hatten, machte die Reise eher zur Qual als zum Vergnügen.
So war das Einzige, das ihnen die Laune nicht gänzlich verdarb, der Gedanke daran, dass auch diese Mühsal irgendwann ein Ende haben würde und sie dann am Ziel ihrer Wünsche wären. So waren sie immer froh, wenn der Zug gegen Abend anhielt und die Zelte für die Nacht aufgestellt wurden.
Da die Reisegruppe aus etwa dreißig Personen bestand, gab es nur selten Gelegenheit, dass zumindest die Damen und der König in einem Gasthof unterkamen, die Männer mussten ihr Lager dann außerhalb des Ortes aufschlagen.
Nach etwa zwei Wochen durchquerte die Gesellschaft den etwa zwei Tagesritte breiten Streifen Ödlands, wo der Boden hart und staubig war und es weite Sandstrecken mit nur spärlichem Pflanzenwuchs gab. Der Staub, der von den Pferdehufen und den Wagenrädern aufgewirbelt wurde, kroch durch alle Ritzen in die Wagen, obwohl man die Fenster mit den Läden verschlossen hatte. Im Inneren wurde es somit noch stickiger und heißer, und den Frauen liefen die Schweißtropfen über die wie mit feinem Mehl überpuderten Gesichter.
Auch für die Reiter und Pferde war der Staub lästig. Die Männer husteten, und die Pferde schnaubten unwillig, weil ihnen der Staub die Nüstern verklebte.
So quälte sich der Zug mühsam voran. Alle waren nur von dem Gedanken beseelt, diese unwirtliche Gegend so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.
Auf einmal jedoch deutete der Hauptmann der Garde, der an der Spitze ritt, aufgeregt nach vorn.
„Seht nur die dunkle Wand, die da auf uns zukommt!“ rief er besorgt. Er wendete sein Pferd und ritt zum König. „Herr, es sieht es so aus, als würden wir gleich in einen gewaltigen Sandsturm geraten“, rief er. „Wir sollten anhalten und absitzen, um uns so gut wie möglich davor zu schützen.“
Doch Wigo,
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