Der gläserne Drache
eilten sie bereits nach kurzer Zeit in ihre Zimmer. Wie immer wartete Maya bereits auf die Mädchen. Da sich bisher keine Gelegenheit ergeben hatte, den Plan mit dem Schlüssel auszuführen, hatte sie sich wieder beruhigt und hoffte wohl, das riskante Unternehmen nicht ausführen zu müssen.
Sie hatte neue Kleidungsstücke mitgebracht: Hosen aus kräftigem Leinen, Stiefel aus geschmeidigem Leder, dazu für jedes der Mädchen ein Wams und ein leichtes Hemd.
Rasch half sie den beiden beim Anlegen der ungewohnten Kleidung. Als sie fertig waren, schlichen die Mädchen aus dem Zimmer und bemühten sich, mit den ungewohnten Stiefeln leise aufzutreten, um nur ja nicht die Aufmerksamkeit Romandos auf sich zu ziehen.
Als sie endlich draußen waren, rannten sie so schnell sie konnten auf die Stallungen zu. Die beiden Jungen und Malux erwarteten sie schon.
„Sagt, was ist geschehen? Was habt ihr getan, um Romando so wütend zu machen?“ fragte Wigo. Auch Tanis und Malux schauten die Mädchen in banger Erwartung an.
Schnell berichteten die Schwestern die Geschehnisse in der Bibliothek. Bei ihrem Bericht wurde das Erstaunen in den Gesichtern der Männer immer größer.
„Bei allen Dämonen, was für eine Gabe!“ Tanis konnte sich kaum beruhigen. „Ihr solltet das üben, so oft es geht! Ich bin sicher, dass uns das eines Tages noch nutzen wird.“
„Wir werden das wohl nicht üben können“, zweifelte Tamira. „Ich habe das Gefühl, dass wir diese Kraft nur entwickeln können, wenn wir in Zorn oder Gefahr geraten. Ich glaube nicht, dass wir sie nur mit unserem Willen hervorrufen können.“
„Na, versuchen könnt ihr es ja. Ansonsten müssten wir euch vielleicht ärgern, damit es funktioniert.
Halt, halt! Es war nur Spaß!“ wehrte Wigo lachend ab, als Tamira in zornig anblitzte. „Aber ich hätte doch zu gern gesehen, wie Romando gegen die Bücherwand krachte!“ feixte er dann. „Ein paar kräftige blaue Flecken hat er schon verdient, so wie er euch behandelt hat!“
„Er hat weit mehr als das verdient!“ sagte Malux ernst. „Wenn man bedenkt, was er plant, wäre sein Platz wohl eher am Galgen!
Doch kommt jetzt in den Stall! Ihr müsst zuerst lernen, wie man ein Pferd aufsattelt , bevor ich euch aufsteigen lasse. Und außerdem wollt ihr doch wohl auch wissen, wie es Aninas kleinem Schützling geht, nicht wahr?“
Er führte sie zu der Box der Stute. Fröhlich jubelte Anina auf, als sie sah, dass das Hengstfohlen bei seiner Mutter stand. Als Malux die Tür öffnete, kamen beide heran. Voll Freude liebkosten die Freunde die beiden Tiere, die sich dies mit sichtlichem Behagen gefallen ließen.
Malux ließ sie eine Weile gewähren, doch dann mahnte er:
„Wir wollen mit der Arbeit anfangen! Bedenkt, wenn ihr nicht schnell genug Fortschritte macht, könntet ihr euch wiederum Romandos Zorn zuziehen! Und bei dem, was wir vorhaben, ist es besser, ihm so wenig wie möglich Grund dafür zu geben, zumal nach dem Vorfall von heute Morgen.“
*****
In den nächsten Tagen benahm sich Romando, als sei nichts geschehen. Er zeigte sogar Nachsicht, wenn es Anina nicht sofort gelang, ihrer Schwester korrekte Bilder zu übermitteln.
Anscheinend war es ihm noch nicht gelungen, einen Abwehrzauber gegen die Kräfte der Mädchen zu finden, und er hütete sich daher, die beiden gegen sich aufzubringen. Auch den Jungen gegenüber verhielt er sich ausgesprochen freundlich und lobte sogar gelegentlich deren Fortschritte.
Ab und zu erkundigte er sich sogar, wie sich ihre Reitkünste entwickelten. Den vier jungen Leuten war jedoch sein Verhalten unheimlich.
Als sie daher eines Nachmittags in Begleitung von Malux durch den Park ritten und nach einem kurzen Galopp die Pferde wieder im Schritt gehen ließen, sagte Wigo:
„Ich kann mir nicht helfen, aber ich glaube, dass Romando irgendetwas im Schilde führt! Er ist mir ganz einfach in der letzten Zeit zu freundlich. Wahrscheinlich plant er etwas, was er nur durchführen kann, wenn er uns bei guter Laune hält. Warum zum Beispiel fragt er uns nach unseren Fortschritten beim Reiten, wenn Malux ihm jeden Tag Bericht erstatten muss?“
„Nun, ich vermute, er will versuchen, eure Kräfte zu vereinen“, sagte Malux. „Wir wissen zwar noch nicht, wie die beiden Zwillingspaare nach der Sage den Drachen zum Leben erwecken können, doch es wäre nur logisch, wenn das nur durch eine Verbindung der Vier geschehen
Weitere Kostenlose Bücher