Der gläserne Drache
siehst du nichts!“ sagte Tanis trocken. „Wir mussten ja schnell löschen, oder wolltet ihr das gesamte Wäldchen abfackeln? Nur gut, dass das Laub trocken war und nicht qualmte, denn sonst hätte man den Rauch womöglich im ganzen Park gerochen.“
Jubelnd fielen sich Wigo und Tamira in die Arme. Wigo fasste das Mädchen bei den Händen und tanzte mit ihr im Kreis herum. „Es hat geklappt! Es hat geklappt!“ sang er übermütig, dann zog er Tamira wieder in die Arme. Überschwänglich drückte er einen Kuss auf ihre Lippen.
Eine Blutwelle übergoss Tamiras Gesicht und sie löste sich schnell aus seinen Armen.
Die anderen hatten sich bei dieser Szene nichts gedacht, aber über Malux‘ Lippen zog ein tiefgründiges Lächeln.
„Nun“, sagte er und räusperte sich, „das war eine großartige Leistung! Wenn es Anina und Tanis jetzt noch gelingt, einen entfernten Gegenstand umfallen zu lassen, können wir unseren Plan ausführen, sobald Magritta Maya zum Saubermachen mit in ihr Zimmer nimmt.“
„Das können wir gleich ausprobieren“, meinte Anina. „Tanis, du weißt, wie die Bänke am Tisch in Malux‘ Zimmer aussehen, nicht wahr? Lass‘ uns versuchen, die linke davon umzukippen. Da niemand sich dort aufhält, kann keinem auffallen, was da passiert, aber wir können feststellen, ob wir Erfolg hatten, wenn wir gleich die Pferde zurückbringen.“
„Kluges Mädchen!“ lobte Tanis und zog nun seinerseits Anina in die Arme. Dann fasste er ihre Hände. „Schau mich an!“ forderte er dann.
Eine Weile sahen sie sich tief in die Augen, und der Druck ihrer Hände ließ ihre Knöchel weiß hervortreten. Auf Aninas Stirn erschienen kleine Schweißtropfen der Anstrengung. Dann atmete sie plötzlich auf und ließ Tanis‘ Hände los.
„Es hat funktioniert, nicht wahr?“ Ihre Stimme klang ein wenig müde.
„Ja, ich denke schon!“ sagte Tanis. „Aber sicher werden wir es erst in Malux‘ Haus wissen. Darum kommt, lasst uns zurückreiten! Ich kann es kaum abwarten.“
Als sie vor den Stallungen ankamen, sprangen alle aus den Sätteln, ließen die Pferde stehen und rannten ins Haus. Nun war es an Tanis und Anina, sich jubelnd in die Arme zu fallen, denn die Bank lag umgekippt auf dem Boden.
Alle atmeten erleichtert auf, denn die gelungenen Experimente rückten nun den Erfolg ihres Plans in greifbare Nähe.
Sie halfen Malux, die Pferde abzusatteln und gingen dann zum Haus zurück, um sich zum Abendessen umzuziehen. Magritta war nicht zu sehen, nur Maya wartete bereits im Zimmer der Mädchen.
Die beiden bemerkten sofort ihre verweinten Augen.
„Was ist geschehen?“ fragte Anina erschreckt. „Hat dir jemand etwas getan?“
„Magritta hat mir nun doch den Lohn gekürzt“, schluchzte Maya. „Und sie schikaniert mich, wo sie kann. Was ich auch tue, stets hat sie etwas zu bemängeln und ich muss es noch einmal machen. Aber ich bin nicht die einzige, die sie quält. Das gesamte Gesinde leidet unter ihren Launen, und heute hat sie sogar eines der Küchenmädchen mit einem großen Holzlöffel so geschlagen, dass ihr Gesicht ganz blau ist.
Keiner wagt, Widerstand zu leisten, denn alle haben Angst, dass es dann noch schlimmer wird.“
„Nun, so werden wir der Dame wohl eine Lektion erteilen müssen!“ erboste sich Tamira. „Sie ist unsertwegen wütend , weil wir ihr die Stirn geboten haben. Aber darunter soll nicht das ganze Haus leiden. Da wird uns schon etwas einfallen.
Und um deinen Lohn brauchst du dir keine Sorgen zu machen! Wenn wir sie nicht zur Einsicht bringen können, werden wir dir das fehlende Geld geben, damit deine Familie nicht hungern muss.“
Sie zog das zitternde Mädchen in die Arme und strich ihr beruhigend über das Haar. „Nun weine nicht mehr, Maya, wir werden schon alles wieder ins Lot bringen!“
„Aber sag, Maya“, fragte Anina, „hat Magritta noch nicht gesagt, wann du ihr Zimmer saubermachen sollst?“
Das Mädchen erbleichte sichtlich vor Schreck, denn es war ihr sofort klar, was Anina mit dieser Frage bezweckte.
„Doch!“ sagte sie zögernd. „Aber ich hatte noch keine Gelegenheit, euch mitzuteilen, dass das morgen Vormittag geschehen soll.
Muss ich das mit dem Schlüssel wirklich machen?“ fragte sie leise. Man sah ihr an, dass sie nach der bösartigen Behandlung durch Magritta nun erst recht Angst hatte.
„Du brauchst dich wirklich nicht zu fürchten“, beruhigte sie Tamira, „denn es wird
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