Der gläserne Drache
herunter. Die anderen drei schauten sich verwundert, aber mit leisem Lächeln an. Wigo hatte ihnen aus der Seele gesprochen, denn alle waren ihre Bevormundung und das Ausspionieren leid!
Magritta holte hörbar Luft. „Ich werde Herrn Romando über eure Aufsässigkeit und Unverschämtheit Bericht erstatten! Er wird euch entsprechend zu strafen wissen“, zischte sie eisig.
„Tut das nur!“ Tamira blickte ihr ruhig in die Augen. „Doch solltet Ihr bedenken, dass der Herr Romando von niemanden eine Einmischung in seine Angelegenheiten duldet. Überlegt also lieber, ob Eure eigenmächtige Auslegung der uns von ihm auferlegten Pflichten in seinem Sinne sind! Eure Beschwerde könnte sich daher durchaus gegenteilig für Euch auswirken.“
Noch einmal setzte Magritta zu einer Entgegnung an, doch dann drehte sie sich ohne weiteres Wort auf dem Absatz herum und verließ den Speisesaal. Krachend flog die Tür hinter ihr ins Schloss.
„Wir haben uns soeben entgegen Malux‘ Rat eine Feindin geschaffen“, befürchtete Anina. „Jetzt wird sie uns erst recht bespitzeln, wo sie kann.“
„Nein, im Gegenteil!“ entgegnete Tanis. „Jetzt fürchtet sie uns, denn sie weiß ja nicht, welche Kräfte wir besitzen. Romando wird ihr das kaum mitgeteilt haben. Somit wird sie uns so weit wie möglich aus dem Wege gehen, damit wir ihr nichts tun, denn Romando ist nicht da, um sie im Notfall vor uns zu schützen.
Das hast du gut gemacht, Wigo! Somit können wir halbwegs sicher sein, dass wir nicht weiter ständig belauert werden.
Du hast sie nicht einmal belogen, als du sagtest, dass alles, was wir tun, der Vervollkommnung unserer Kräfte dient, denn genau das tun wir ja“, grinste er.
„Und Tamira hat ihre Angst noch verstärkt. Magritta kennt Romando genau und kann sich daher ausrechnen, dass er es ihr verübeln wird, sich in seiner Abwesenheit als Herrin des Hauses aufzuspielen.
Jedenfalls hat das Ganze zur Klarstellung der Fronten beigetragen, und Magritta wird sich ab sofort hüten, uns weiterhin Vorschriften zu machen. Sie hat jetzt gemerkt, dass wir keine Furcht mehr vor ihr haben.“
*****
Wie Malux geraten hatte, legten sich alle früh nieder, um am nächsten Tag der anstrengenden Vollendung ihres Ziels gewachsen zu sein.
Wie schon am Tag vorher setzten sie nach dem Frühstück im Park die Schreibübungen der Mädchen fort. Am Nachmittag trafen sie sich bei Malux. Nach einigen Reitrunden im Park steuerten sie wieder ihren Geheimplatz im Wäldchen an.
Tamira und Wigo konnten sich nicht einigen, worauf sie ihre Feuergedanken richten sollten. Im Haus durfte natürlich nichts brennen, bei einem Feuer bei den Bänken oder in den Blumenrabatten wären die Gärtner aufmerksam geworden. Und ein Feuer in der Nähe der Stallungen wäre ohne Malux‘ Anwesenheit zu gefährlich gewesen.
Wieder war es Malux, der Rat wusste.
„Es scheint ja völlig gleich zu sein, wie weit das Ding entfernt ist, das ihr anzünden wollt. Ihr müsst nur beide das gleiche Bild vor Augen haben.
Wir werden jetzt etwas von dem trockenen Laub des Ahorns nehmen und es dort drüben auf einen kleinen Haufen schichten. Dann prägt ihr euch das Bild des Haufens und seiner näheren Umgebung ein. Geht dann ein Stück ins Wäldchen hinein, so dass ihr den Laubhaufen nicht mehr sehen könnt.
Ich werde daneben stehen bleiben und sofort löschen, wenn es euch gelingt, ihn zu entzünden, damit wir nicht womöglich einen Waldbrand bekommen.“
Alle rafften einen Armvoll der trockenen Ahornblätter auf, die noch vom Vorjahr reichlich unter dem Baum lagen, und schichteten sie am Rande der kleinen Lichtung auf. Wigo und Tamira konzentrierten sich auf die Gestalt des Haufens. Sie fassten sich an den Händen und glichen das Bild in ihren Köpfen ab, um sicher zu sein, dass beide dasselbe sahen. Dann liefen sie Hand in Hand ein Stückchen tiefer in den kleinen Hain.
Gespannt warteten die anderen darauf, dass etwas geschah.
Und tatsächlich – nach einigen Minuten puffte oben auf dem Haufen eine kleine Flamme auf, die in Sekundenschnelle das trockene Material lichterloh brennen ließ.
Rasch sprangen Malux, Anina und Tanis hinzu und traten das Feuer sorgsam mit den Füßen aus. Sie hatten gerade die letzten Reste des Brandes gelöscht, als Wigo und Tamira zurückgelaufen kamen.
„Hat es geklappt?“ rief Tamira schon von weitem, da sie kein Feuer mehr sah. „Ich sehe gar nichts!“
„Natürlich
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