Der gläserne Sarg
von Ihnen?« Jacklows Frage klingt bewußt anzüglich.
»Auch nicht von mir! Und falls Sie damit ausdrücken wollten, daß ich Direktor Blondie – äh – bei seinen Ruhepausen – vielleicht Gesellschaft leiste – dann sind Sie auf dem Holzweg …«
Jacklow verteidigt sich. »Diesmal waren Sie diejenige auf dem Holzweg … Sie vergessen, daß ich einen Mord aufzuklären habe. Falls Sie nämlich ganz bestimmt nicht das Büro betreten, wenn die rote Lampe brennt, und der Direktor gleichzeitig nebenan schläft, dann war das doch für den Täter der ideale Zeitpunkt, um in aller Ruhe das Gift in die Flasche zu füllen …«
»Theoretisch ja … aber wie sollte jemand in das Büro kommen? Er hätte ja den Weg durch mein Zimmer nehmen müssen …«
»… es gibt ja schließlich diesen separaten Eingang …«
»… der, wie ich bereits demonstrierte, von innen verschlossen ist.«
»… der Direktor könnte ja einmal vergessen haben, den Schlüssel umzudrehen … oder?« Jacklow hebt seine Stimme: »Direktor Blondie wird ja, bevor er sich zurückzieht, nicht immer kontrollieren, ob die Türe auch verschlossen ist. Irgend jemand könnte sie ja gestern heimlich aufgesperrt haben …«
»Womit ich wieder die Hauptverdächtige wäre …« , stellt die Sekretärin sarkastisch fest.
Jacklow nickt ernst: »Sie haben recht … Sie kennen die Gewohnheiten von Direktor Blondie sicher besser als seine Frau …«, er macht eine beschwichtigende Handbewegung, als die Sekretärin zu einem Protest ansetzen will, »… ich meine das ohne jeden Hintergedanken. Wenn Sie hier den Schlüssel herumgedreht haben, bevor Blondie eines seiner Schläfchen einlegte, dann hatte der Mörder leichtes Spiel. Denn Sie als seine Komplizin schützen ihn sogar noch …«
»Ich bewundere Ihre Fantasie, Herr Inspector … eine solche Gabe scheint viele Polizisten auszuzeichnen – wahrscheinlich ist darauf auch zurückzuführen, daß meistens die Falschen eingelocht werden … Doch wenn ich jetzt schon Ihre Lieblingskandidatin geworden bin, dann sollten Sie wohl auch meinen Namen wissen: Catherine haben mich meine Eltern getauft – und meine Eltern heißen French.«
»Danke, Miß …«
»Missis … bitte, ich bin nicht mehr unberührt – schon weil eine Ehe hinter mir liegt. Sie dauerte allerdings nur sechs Monate – dann war mein Holder mit meinem Volkswagen, meinen Ersparnissen und meinem Schmuck verschwunden … Ihre tüchtigen Kollegen haben ihn bis heute nicht ausfindig machen können … dabei hätte ich wenigstens den Volkswagen gerne wiedergehabt …«
»Tut mir leid, Missis French … Sie dürfen die Polizei nicht an einzelnen Beamten messen … was war denn Ihr Mann?«
»Er gehörte zum fahrenden Volke … so nennt man das wohl. Auf Jahrmärkten lebte er auf. Dort verdingte er sich – mal als Clown, mal als Kartenabreißer, mal als Assistent eines Artisten … bis er mich kennenlernte. Wir heirateten, und er versuchte sich als Kellner in einem First-Class-Restaurant … Ich glaube, er machte seine Sache auch nicht schlecht … bis ihn anscheinend wieder das Fernweh packte … verständlich vielleicht, nur hätte er nicht auch noch meine Sache mitgehen lassen sollen …«
In diesem Moment betritt jemand das Sekretariat. Jacklow und Mrs. French drehen sich gleichzeitig um.
In der Verbindungstüre erscheint – Jim Dhiser. Sein sich plötzlich verdüsternder Gesichtsausdruck verrät, daß er den Inspector in diesem Moment nicht erwartet hat.
»Hallo … hallo, Catherine«, kommt es zögernd über seine Lippen.
»Oh, Mister Dhiser, Sie kommen wie gerufen. Ich hätte Sie sonst in Ihrer Wohnung aufsuchen müssen …«, begrüßt ihn Fred Jacklow und fährt fort: »… denn ich habe einige Fragen an Sie.«
Dhiser zeigt sich noch mehr verwirrt.
»Wo können wir uns ungestört unterhalten?«
Der Inspector stellt diese Frage so, daß sich sowohl Jim Dhiser als auch Missis French angesprochen fühlen. Die Frau antwortet zuerst: »Vielleicht in Jims Umkleideraum?«
Nun fängt sich der Artist wieder.
»Ich bin hierhergekommen, um zu trainieren. Das Theater verfügt über einen Übungsraum … wenn wir uns dort unterhalten könnten? Da hätte ich die Möglichkeit, wenigstens einige Muskelübungen dabei zu machen …«
»Aber gern … solange ich Ihrem Beispiel nicht folgen muß«, meint der Inspector lachend. Dann verabschiedet er sich von Missis French: »Wir sehen uns sicher noch. Sagen Sie Direktor Blondie, falls er kommt, wo ich
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