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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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bestimmt nichts an mir liegt. Aber er hat gemeint, ich wär blöd, wenn ich nicht … also, ähm …» Etwas gequält verzog er das Gesicht. «Seht Ihr, ich hab einfach kein Talent für so was. Aber ich wollte nur sagen, dass ich … na ja, dass ich Euch sehr … mag, ja, und dass es mir eine Ehre wäre, wenn Ihr Euch überlegen würdet …» Er schnaufte leise. «Ich wäre Euch ein guter Ehemann, Frau Marysa.»
    Marysa schwieg noch einen Moment, doch da Leynhard offenbar nichts weiter hinzuzufügen hatte, ging sie nun ihrerseits einen Schritt auf ihn zu, sodass sie einander nun direkt gegenüberstanden. Kurz lauschte sie in sich hinein. Sie mochte Leynhard, ohne Zweifel war er ein anständiger, freundlicher Mann.
    «Dein Antrag ehrt mich sehr, Leynhard», antwortete sie ihm ruhig. «Ich weiß, dass mir nicht mehr allzu viel Zeit bleibt, bis ich wegen der Werkstatt eine Entscheidung treffen muss. Und ich weiß auch, dass du als Meister ganz sicher dein Bestes tun würdest. Aber im Augenblick bin ich einfach noch nicht bereit, dir oder irgendjemandem ein Heiratsversprechen zu geben. Ich muss mir zunächst über ein paar Dinge klar werden …» Sie brach ab, denn sie wusste, dass das nur eine Ausrede war. Es gab in Wahrheit keinen Grund, länger mit einer neuen Heirat zu warten. Nun ja, sie mochte Leynhard wirklich.
    «Lass mir noch ein wenig Zeit», sagte sie und fühlte sich zugleich unwohl, als sie das hoffnungsvolle Aufflackern in seinem Blick wahrnahm.
    Unvermittelt ergriff er ihre Hand. «Ihr … sagt also nicht nein?»
    Marysa biss sich auf die Lippen. «Ich sage weder ja noch nein, Leynhard. Und dieses Gespräch sollte in jedem Fall unter uns bleiben.»
    «Aber ja doch!» Auf Leynhards Lippen erschien ein zaghaftes Lächeln. «Also darf ich vielleicht …?» Er streckte seine Arme nach ihr aus, zog sie an sich und presste dann ungestüm seine Lippen auf ihren Mund. Einen Moment später ließ er sie jedoch schon wieder los und trat, anscheinend über seinen eigenen Mut erschrocken, zwei Schritte zurück. «Verzeiht, Frau Marysa! Das hätte ich nicht … Aber Ihr seht so hübsch aus und ähm …» Sein Gesicht war inzwischen puterrot angelaufen.
    Marysa trat ebenfalls einen Schritt zurück. Der Kuss hatte sie überrascht, aber zumindest war er ihr nicht unangenehm gewesen. Sie bemühte sich um eine ruhige Stimme. «Wir sollten dieses Gespräch nun beenden, Leynhard. Ich habe deinen Antrag zur Kenntnis genommen und werde darüber nachdenken – nicht mehr und nicht weniger. Über … über die Sache eben werden weder du noch ich je ein Wort verlauten lassen.» Sie wandte sich zur Tür, blieb dort aber noch einmal stehen. «Und davon, dass du mir deinen Dienst kündigen möchtest, will ich kein Wort mehr hören. Verstanden? Gute Nacht, Leynhard.»
    Rasch stieg sie die Stufen ins obere Geschoss hinauf und beeilte sich, in ihre Schlafkammer zu kommen. Obwohl es sonst nicht ihre Art war, legte sie heute von innen den Riegel vor ihre Tür.
***
    «Er hat dir also einen Antrag gemacht, und du hast abgelehnt.» Gemeinsam mit Marysa sah Jolánda am folgenden Nachmittag die Vorräte in ihrer Speisekammer durch. Marysa notierte auf einem Wachstäfelchen, was eingekauft werden musste. Sie öffnete den großen Sauerkrauttopf und blickte prüfend hinein. «Ich habe ihn nicht abgelehnt, Mutter.»
    «Aber auch nicht angenommen.» Jolánda, die gerade in den Korb mit Zwiebeln gesehen hatte, richtete sich wieder auf und blickte ihrer Tochter prüfend ins Gesicht. «Du weißt, dass wir über eure Verlobung sehr erfreut wären. Leynhard ist bestimmt nicht die schlechteste Wahl.»
    «Ich weiß, Mutter. Aber ich kann mich momentan einfach nicht festlegen. Bitte erzähle niemandem, auch nicht Bardolf, etwas über Leynhards Antrag. Ich möchte nicht, dass es Gerede gibt.»
    Jolánda strich ihr kurz über die Wange. «Worauf willst du denn noch warten?»
    Marysa hob die Schultern, antwortete jedoch nicht.
    Ihre Mutter seufzte leise. «Du solltest …» Sie hielt inne und hob lauschend den Kopf. «Was ist denn da los?»
    Vom Hauseingang her waren aufgeregte Stimmen zu vernehmen.
    «Das sind Milo und Jaromir», erkannte Marysa. «Ich hab ihnen gesagt, sie sollen einen Korb voll Schuhe und Stiefel zum Flickschuster bringen und danach hierherkommen.»
    Wie zur Bestätigung ihrer Worte öffnete sich in diesem Moment die Küchentür, und die beiden jungen Knechte polterten herein. «Herrin, wir sind wieder da!», rief Milo

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