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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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läuteten bereits, als sie das Haus verließ. Glücklicherweise war es bis zur Kirche nicht weit. An der Kirchenpforte schickte sie Jaromir, der sie begleitet hatte, zurück zum Büchel, doch bevor sie das Gotteshaus betreten konnte, hörte sie hinter sich die Stimme ihres Stiefvaters.
    «Marysa? Warte bitte!» Eiligen Schrittes kam er auf sie zu. «Du besuchst die Messe?»
    Sie nickte.
    Bardolf lächelte. «Dann will ich dich nicht lange aufhalten. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass deine Mutter für den kommenden Samstag ein kleines Bankett plant.»
    «Zu deinem Geburtstag?» Marysa schmunzelte. «Dann sollte ich ab heute fasten. Mutters Feiern enden immer in haltloser Völlerei.»
    «Ich weiß, Marysa.» Bardolf lachte. «Eigentlich wollte ich sie davon abhalten. So bedeutend ist der vierzigste Geburtstag ja nun auch wieder nicht. Aber sie ließ sich nicht davon abbringen.»
    «Du solltest es auch nicht weiter versuchen», riet Marysa ihm mit einem Zwinkern. «Sonst machst du sie wütend.» Sie grinste verschmitzt, wurde aber schnell wieder ernst. «Vielleicht will sie sich einfach nur von Piets Tod ablenken. Obwohl, so ein Bankett …»
    «Wir sind ja nicht seine Familie», sagte Bardolf, als er Marysas plötzliches Zögern bemerkte. «Sein Tod hat uns alle sehr getroffen, aber es besteht kein Anlass, auf Geselligkeiten zu verzichten. Das hätte Piet auch gewiss nicht gefallen.»
    Um Marysas Mundwinkel zuckte es. «Er hat gerne getanzt, nicht wahr?»
    Bardolf nickte. «Und gesungen, leider ziemlich falsch.»
    Sie lachten beide.
    Marysa warf einen kurzen Blick durch den Türspalt in die Kirche, wo Vater Ignatius gerade zu einem liturgischen Gesang anhob. «Ich werde morgen bei euch vorbeikommen und Mutter fragen, ob ich ihr bei den Vorbereitungen behilflich sein kann», versprach sie.
    «Tu das.» Bardolf lächelte ihr zu. «Grüß mir Veronika. Sie und Einhard sind übrigens auch eingeladen.» Mit diesen Worten ging er langsam davon.
    Marysa schmunzelte und betrat die Kirche.
***
    Gut gelaunt schloss Marysa später am Abend die Tür zu ihrer Werkstatt auf. Sie hatte einen vergnüglichen Abend mit Veronika verbracht und sich nun von deren Gemahl, dem Schneider Einhard Yevels, nach Hause bringen lassen.
    In der Werkstatt war es finster, doch aus dem Flur, der zu den unteren Wohnräumen führte, drang gedämpftes Licht. Leise summend zog sie ihren vom Schneeregen feuchten Mantel aus und trug ihn in die Küche, um ihn beim Ofen aufzuhängen. Überrascht blieb sie mitten im Raum stehen, als sie ihren Gesellen Leynhard an dem großen klobigen Holztisch sitzen sah, an dem Balbina ihren Teig zu kneten und die Speisen vorzubereiten pflegte. Von der Köchin war weit und breit nichts zu sehen, vermutlich hatte sie sich bereits zu Bett begeben.
    Als Leynhard sie sah, stand er sogleich von der Bank auf und trat ihr entgegen. «Frau Marysa, gut, dass Ihr endlich wieder da seid.»
    Marysa blickte ihn alarmiert an. «Ist etwas geschehen?»
    «Nein, das nicht.» Leynhard schüttelte den Kopf und zupfte, offenbar verlegen, an den Fingern seiner linken Hand herum.
    Marysa hängte ihren Mantel an die Ecke eines Regals. «Hast du etwas auf dem Herzen?»
    Wieder schüttelte Leynhard den Kopf. «Nein, ich … oder doch.» Er hob den Kopf und trat einen Schritt auf sie zu. In sein Gesicht war nun ein entschlossener Ausdruck getreten. «Ich muss Euch den Dienst aufsagen.»

8. KAPITEL
    «Wie bitte?» Erschrocken starrte Marysa ihn an. «Aber weshalb denn um Himmels willen? Hattest du einen Streit mit Heyn?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Behandele ich dich nicht gut? Hast du etwas an der Werkstatt auszusetzen?»
    «Nein, Frau Marysa, das ist es nicht.» Leynhard trat einen Schritt auf sie zu. «Ich … also ich dachte …»
    Plötzlich dämmerte es Marysa, worauf Leynhard hinaus wollte. Schweigend wartete sie ab, was er ihr zu sagen hatte.
    Leynhard war indes rot angelaufen, bemühte sich aber sichtlich, sein verlegenes Stottern unter Kontrolle zu bringen. «Ich habe auf Euch gewartet, weil … Ich wollte Euch sagen, obwohl es mir sehr schwerfällt … Ich finde ja nicht immer die richtigen Worte, aber Ihr seid eine sehr … schöne Frau, jung und alles. Die Werkstatt läuft auch gut. Aber wenn Ihr sie halten wollt, müsst Ihr ja heiraten, nicht wahr? Einen Mann, meine ich.»
    Marysa unterdrückte standhaft ein Schmunzeln, unterbrach ihn aber nicht.
    Leynhard holte tief Luft und fuhr fort: «Ich hab zu Heyn gesagt, dass Euch

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