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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Zustimmung gibst. Ich bin schließlich auch derjenige, der den Heiratsvertrag aufsetzt.»
    «Mein Stiefvater ist da anderer Ansicht.»
    Hartwigs Lächeln schwand. «ICH habe das Recht auf deine Vormundschaft, Marysa. Und ICH bestimme auch, wen du heiratest. Gib mir endlich deine Einwilligung, und es soll dein Schaden nicht sein. Außerdem mag dich Gort. Ich bin sicher, ihr werdet gut miteinander auskommen. Wenn er dir erst ein paar kräftige Söhne gemacht hat, wirst du einsehen, dass es so das Beste war.» Er musterte sie abschätzend. «Wird wohl langsam Zeit für dich. Frauen, die zu lange nicht beschlafen werden, entwickeln sich zu Beißzangen. Außerdem können wir ja nicht wissen, ob dein Schoß auch so lange fruchtbar bleibt wie der deiner Mutter, nicht wahr? Für einen Erben wird es langsam Zeit, finde ich.»
    Marysa starrte ihn zornig an. «Raus hier!»
    Hartwig rührte sich nicht von der Stelle. «Das Temperament deiner ungarischen Sippe schlägt doch noch durch, wie? Na los, dann zeig mir mal ein bisschen davon! Es wird mir ein Vergnügen sein, Gort von deinem Feuer zu berichten. Er kann es kaum abwarten, dich sein Weib nennen zu dürfen.»
    Nur mit Mühe beherrschte Marysa sich. «Darauf kann er warten, bis er schwarz wird», knirschte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen. «Ich werde ihn nicht heiraten, Hartwig.»
    Ihr Vetter lächelte wieder, zog es aber vor, sich langsam zurückzuziehen. «O doch, Marysa, das wirst du.»
***
    In einiger Entfernung von Marysas Haus blieb Christophorus stehen. Hier schien sich nicht viel verändert zu haben. Die Fassade des schmalen, jedoch sehr lang gezogenen zweistöckigen Fachwerkhauses war frisch gekalkt, über der Tür thronte noch immer die Marienstatue aus Messing. Auf der linken Seite verschloss ein übermannshohes Holztor den Weg in den Hinterhof, an den sich ein Nutzgarten und eine Laube anschlossen. Um diese Jahreszeit würde man dort natürlich nicht mehr sitzen können. In den letzten Tagen war ein Sturm über Aachen hinweggefegt, und in der vergangenen Nacht hatte es empfindlich gefroren. Die Straßen waren dadurch noch unwegsamer geworden; der gefrorene Schlamm, der stellenweise tiefe Furchen und Krater gebildet hatte, machte es den Wagen und Fuhrwerken fast unmöglich, voranzukommen.
    Christophorus zögerte. Er hatte gesehen, wie Marysas Vetter, der Schreinbauermeister Hartwig Schrenger, das Haus betreten hatte. Wahrscheinlich war es ungünstig, gerade jetzt bei ihr vorzusprechen. Nach seiner Ankunft in Aachen hatte er kurzfristig noch einmal kehrtgemacht und eine Herberge außerhalb der Stadttore aufgesucht. Im Grunde wusste er, dass es feige war, doch er wollte zunächst einmal herausfinden, mit wem Marysa inzwischen verheiratet war und was es sonst für Neuigkeiten in Aachen gab. Die erste hatte er bereits auf dem Weg zum Dominikanerkonvent erfahren. Eine Gruppe älterer Ordensbrüder war dort eingetroffen und vom Prior, Bruder Valentin, mit offensichtlicher Begeisterung empfangen worden. Als Christophorus einen der Ankömmlinge erkannte, war er zurückgeschreckt und hatte sich so rasch wie nur möglich unsichtbar gemacht.
    Ausgerechnet Bruder Eldrad weilte zu Gast in Aachen. Christophorus kannte ihn noch aus seiner Novizenzeit im Frankfurter Ordenshaus. Der Dominikaner war ein ebenso gebildeter wie mächtiger Mann und leider genau das, was Christophorus bei seinem letzten Besuch in Aachen selbst zu sein vorgegeben hatte: ein Vertreter der Heiligen Römischen Inquisition.
    Zwar bezweifelte Christophorus, dass Eldrad sich noch an ihn erinnerte, dafür war ihre Begegnung dereinst zu kurz gewesen. Trotzdem wollte er zunächst Vorsicht walten lassen, um herauszufinden, weshalb der Dominikaner nach Aachen gekommen war.
    Inzwischen hatte er sich darüber ein recht gutes Bild machen können, dies hatte ihn wiederum von seiner ursprünglichen Absicht abgebracht, etwas über Marysa in Erfahrung zu bringen. Also hatte er nun doch beschlossen, sie aufzusuchen.
    Zunächst aber wartete er, bis Hartwig das Haus wieder verließ. Lange dauerte es nicht, aber die selbstgefällige Miene, die der Schreinbauer zur Schau trug, gefiel Christophorus ganz und gar nicht. Hartwig bemerkte ihn nicht, denn er schlug den Weg in Richtung oberer Büchel ein, und Christophorus war das ganz recht. Er wollte gerade selbst die wenigen Schritte bis zur Haustür gehen, als hinter ihm das Klappern von Pferdehufen laut wurde. Drei Berittene, einer davon ein alter, jedoch sehr großer und

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