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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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warf. Irgendwo im Haus knarrten die Bodendielen. War Christophorus noch wach? Ihr Herz begann unangenehm gegen ihre Rippen zu klopfen. Obwohl sie wusste, dass es albern war, sprang sie mit einem Satz aus dem Bett, eilte zur Tür und schob den Eisenriegel vor.
***
    Still stand Christophorus am geöffneten Fenster der Gästekammer und blickte nachdenklich hinab auf den Hinterhof von Marysas Haus. Es war stockfinster; nur wenige Schemen waren zu erkennen: rechts eine Remise und ein Stall, links die knarrenden Äste eines Kirschbaums und weiter hinten – aber das konnte er nur erahnen – die Laube, in der er Marysa zum ersten Mal gesehen hatte. Von irgendwo aus der Nähe drang ein stetiges leises Plätschern an sein Ohr, und er erinnerte sich, dass es hier am Haus einen Laufbrunnen für Trinkwasser gab.
    Schließlich drehte Christophorus sich um und betrachtete die Einrichtung der Kammer. Der Raum wurde beherrscht von einem großen alten Bett mit einer neuen Strohmatratze, die augenscheinlich noch niemals benutzt worden war. Zwei große Kissen lagen darauf sowie gleich mehrere weiche Wolldecken. Neben dem Bett standen zwei Kleidertruhen, in der Zimmerecke befand sich ein kleines Kohlebecken. Marysa hatte ihm angeboten, die Glut darin zu entfachen, doch er hatte es abgelehnt. Die Kerze, die jetzt auf der Truhe stand und mit ihrem Schein ein Spiel aus Licht und Schatten an die Wände warf, reichte ihm völlig.
    Sorgfältig schloss er die Fensterläden, entkleidete sich und schlüpfte unter die Wolldecken. So behaglich hatte er es schon lange nicht mehr gehabt. Kurz stellte er sich vor, wie es wäre, noch eine Weile länger als Gast in diesem Haus zu weilen. Schnell schob er den Gedanken beiseite, denn er hatte genau gespürt, dass Marysa ihn nur aus Höflichkeit aufgenommen hatte und über seine Anwesenheit in ihrem Heim nicht sehr erfreut war. Deshalb würde er sich morgen früh sofort auf den Weg zu der Herberge vor den Stadttoren machen, seine Habseligkeiten und sein Maultier abholen und sich dann endlich im Konvent der Dominikaner melden.

12. KAPITEL
    Marysa war bereits lange vor Sonnenaufgang erwacht, hatte sich angekleidet und in ihr Kontor begeben. Die Ereignisse des vergangenen Tages hatten sie von ihren Aufgaben abgehalten. Wollte sie das Handelsangebot für die beiden Augustiner noch rechtzeitig ausarbeiten, durfte sie sich nun nicht mehr ablenken lassen. Außerdem musste sie einige Wechsel vorbereiten und sich Gedanken über ein passendes Geschenk zu Bardolfs Geburtstag machen. Doch die Augustiner hatten Vorrang.
    Marysa legte sich Papier und eine angespitzte Schreibfeder bereit, rückte ihr Tintenfässchen zurecht und zog sich ihren Abakus heran. Das Rechenbrett stand immer auf dem Pult in ihrem Blickfeld, nicht weil sie es ständig brauchte, sondern um sich täglich daran zu erfreuen. Ihr Großvater hatte ihr den Abakus vor vielen Jahren geschenkt. Die runden Calculi, die Rechensteine, waren aus schwarzen und grünen Halbedelsteinen gefertigt. Sie machten den Abakus sowohl zu einer wertvollen als auch zu einer wunderschönen Kostbarkeit.
    Nach kurzem Überlegen listete Marysa einige Vorschläge für Reliquien auf, die sie von den Mönchen zu erwerben gedachte, schob dann ein paar der Calculi hin und her. Nachdenklich tippte sie einen der Steine mit der Fingerspitze an, als sie plötzlich ein Rascheln von der Tür her vernahm. Erschrocken hob sie den Kopf und runzelte sogleich unwillig die Stirn. «Steht Ihr schon lange dort, Bruder Christophorus?»
    «Guten Morgen, Frau Marysa.» Christophorus lächelte vorsichtig. «Und danke, ich habe ausgezeichnet geschlafen.» Er trat näher an das Pult heran. «Ein sehr schöner Abakus», sagte er. Als er ihr Stirnrunzeln wahrnahm, fuhr er fort: «Ich möchte mich für die Unterkunft bedanken, mich nun aber verabschieden.»
    «Ihr wollt schon gehen?» Marysa legte überrascht die Schreibfeder beiseite und stand auf.
    «Bevor ich Euch zur Last falle.»
    «Ihr habt noch nichts gegessen», wandte sie ein. «Ich werde Euch nicht mit leerem Magen auf die Straße schicken.»
    «Macht Euch keine Umstände», wehrte Christophorus ab. «Spätestens im Konvent wird man mir Brot …»
    «Macht Euch nicht lächerlich!» Marysa blickte ihn gereizt an. «Ich sage, Ihr bekommt ein Frühstück, und dabei bleibt es.»
    Christophorus hob spöttisch die Augenbrauen. «So gastfreundlich auf einmal? Womit habe ich das verdient?»
    Marysas Augen funkelten vor aufkeimendem Ärger. «Ganz

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