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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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sicher nicht mit Eurem liebreizenden Wesen, Bruder Christophorus. Aber wie Ihr ganz richtig sagtet, seid Ihr Gast in meinem Haus. Und meine Gäste lasse ich nicht hungern. Meinem Bruder wäre das ganz sicher nicht recht gewesen.» Für einen winzigen Moment verschleierte sich ihr Blick. Mit energischen Schritten ging sie an Christophorus vorbei. «Folgt mir in die Stube», forderte sie ihn auf. «Ich habe selbst noch nichts gegessen, Balbina wird die Morgenmahlzeit schon fertig haben.»
    «Ich kann auch schnell in der Küche eine Kleinigkeit essen, wenn Ihr darauf besteht.»
    Marysa blieb in dem schmalen Flur stehen und drehte sich zu ihm um. «Reizt mich nicht, Bruder Christophorus. Ihr frühstückt jetzt gefälligst, und zwar in der Stube. Oder stört es Euch etwa, in Gesellschaft einer Frau zu essen?»
    «Keinesfalls.» Christophorus hob beschwichtigend die Hände. «Ich hatte eher erwartet, dass Ihr meine Anwesenheit nicht länger als nötig dulden würdet.»
    «Wen ich wie lange in meinem Hause dulde, überlasst getrost mir.» Marysa stieß die Tür zur Stube auf und ließ ihm den Vortritt. Sie warf kurz einen Blick in die Küche und gab Balbina Anweisung, das Frühstück hereinzubringen.
    Während sie höchstselbst die Zinnteller und -becher auf den Tisch stellte, schmunzelte Christophorus in sich hinein. Dies war wirklich nicht mehr die Marysa Markwardt, die er vor anderthalb Jahren kennengelernt hatte. Ob er sich über den Wandel und ihre spitze Zunge freuen sollte, wusste er nicht so recht.
    Sie bot ihm den Platz ihr gegenüber an. Kaum hatten sie sich gesetzt, da betraten auch Heyn und Leynhard die Stube, grüßten den Gast höflich und musterten ihn heimlich, wie er bemerkte. Kein Wunder, hatten sie doch seine Ankunft am vergangenen Abend nicht mitbekommen.
    Marysa stellte Christophorus knapp als guten Bekannten vor, sprach ein kurzes Tischgebet und widmete sich dann schweigend der Hirsegrütze auf ihrem Teller. Die beiden Gesellen unterhielten sich leise über ein offenbar kompliziertes Reliquiar, das sie wohl gerade anfertigten. Christophorus lauschte ihrem Gespräch mit einem Ohr, während er über seine Pläne für den Tag nachdachte.
    «Was geschieht jetzt in der Chorhalle?», riss Marysa ihn unvermittelt aus seinen Überlegungen. «Wie wollen die Kanoniker herausfinden, wer den Balken angesägt hat?»
    Christophorus ließ seinen Löffel sinken. «Zunächst einmal glaube ich nicht, dass die Kanoniker allein dafür zuständig sind. Die Schöffen werden sich des Falls annehmen.»
    Marysa hob erstaunt den Kopf. «Aber einer der Kanoniker ist ums Leben gekommen – der Baumeister. Ganz sicher wird die Sache von der Stiftsgerichtsbarkeit untersucht.»
    «Das mag sein», stimmte Christophorus zu. «Dennoch haben sich die Schöffen bereits eingeschaltet, denn der Knecht und der Geselle des Goldschmieds unterstehen ja nicht der Domimmunität.»
    «Also wird es zwischen Stift und Stadt wieder ein Gerangel um die Zuständigkeiten geben?», fragte Marysa.
    Christophorus nickte. «Es sei denn, es stellt sich heraus, dass der Anschlag dem Kanoniker galt. In diesem Fall müssten Stadt und Stift zusammenarbeiten, glaube ich.»
    «Das wird keiner der beiden Seiten gefallen.» Marysa schenkte sich Apfelsaft in ihren Becher und trank bedächtig. «Ihr glaubt also nicht, dass der Mörder es auf den Baumeister abgesehen hatte?»
    Christophorus nahm seinen Löffel wieder auf und stocherte in den Resten seiner Grütze herum. «Was glaubt Ihr, wem der Anschlag galt?»
    «Ich …» Marysa zögerte. «Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.»
    «Nicht?» Christophorus blickte ihr prüfend ins Gesicht. «Dann tut es jetzt.»
    Marysa erwiderte seinen Blick mit wachsendem Unbehagen. «Bardolf. Ihr glaubt, dass mein Stiefvater das Ziel des Anschlags war?»
    Christophorus legte den Kopf auf die Seite. «Zwei ähnliche Unfälle innerhalb kurzer Zeit. Beim ersten Mal wäre er beinahe ums Leben gekommen, beim zweiten Anschlag wurde er nur durch Zufall verschont.»
    «Weil er sich über Meister Hyldeshagen beschweren wollte und dazu ins Zunfthaus gegangen ist.»
    «Ah, ich merke, Ihr habt tatsächlich noch nicht darüber nachgedacht», sagte Christophorus mit mildem Spott in der Stimme.
    Marysa überging seinen Kommentar. «Wer sollte einen Grund haben, Bardolf zu töten?» Sie fröstelte und rieb sich kurz über die Arme.
    «Jemand will Meister Goldschläger umbringen?», fragte Leynhard entsetzt dazwischen.
    Marysa hob mahnend

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