Der gläserne Schrein (German Edition)
den ersten Blick etwas tölpelhaft wirken, doch Christophorus wusste, dass der Schein trog.
Hartwig lächelte kühl. «Ihr seid angeblich ein guter Freund der Familie, oder täusche ich mich? Und Ihr seid ein Priester. Vielleicht möchtet Ihr dann das Brautpaar in den heiligen Stand der Ehe führen?» Er drehte sich kurz um und winkte einen untersetzten jungen Mann mit bereits leicht schütterem blondem Haar näher. «Komm her, Gort, du solltest den Ablasskrämer Bruder Christophorus kennenlernen. Bruder Christophorus, dies ist mein Vetter mütterlicherseits, Gort Bart. Marysas zukünftiger Gemahl.»
Gort kam näher und grinste breit.
«Marysas zukünftiger Gemahl?» Christophorus kräuselte die Lippen. «Seid Ihr sicher?»
Hartwig zog die Augenbrauen zusammen. «Natürlich bin ich das. Sie wird ihre Zustimmung zu der Heirat geben, denn sie weiß, was gut für sie ist.»
«Hartwig, was tust du hier?», erklang Marysas schneidende Stimme aus der Werkstatt. «Ich habe dich nicht eingeladen.» Sie kam näher und warf erst ihrem Vetter, dann Gort einen abfälligen Blick zu.
Hartwig lächelte herablassend. «Ich brauche keine Einladung, um bei meiner unverheirateten Cousine nach dem Rechten zu sehen. Außerdem bat Gort mich, ihn zu einem offiziellen Besuch bei dir zu begleiten – in allen Ehren», fügte er nach kurzer Pause hinzu. Sein Blick wanderte zu Christophorus. «Wie erstaunt wir waren, als wir statt deiner einen fremden Mann in deinem Haus vorfanden. Einen Dominikanermönch zwar, aber dennoch … Du solltest wirklich besser auf deinen Ruf bedacht sein, Cousinchen. Es wird höchste Zeit, dass du dich wieder in die Obhut eines treu sorgenden Ehemannes begibst.»
Marysa sah ihn mit funkelnden Augen an. «Lass das gefälligst meine Sorge sein, Hartwig.»
«O nein, das werde ich nicht», widersprach er. «Unsere Familie ist geschlagen genug mit dem Skandal, den dein sauberer Herr Stiefvater mit seinem Giftanschlag heraufbeschworen hat. Ich werde nicht dabei zusehen, wie du noch mehr Schande über uns bringst.»
«Schande? Ich bringe Schande über unsere Familie?», stieß Marysa mit vor Zorn zitternder Stimme hervor.
Hartwig packte Gort am Arm und schob ihn vor. «Gib ihm gefälligst endlich deine Einwilligung, damit die Hochzeit stattfinden kann.»
Marysa starrte ihn weiterhin entsetzt an und brachte kein Wort über ihre Lippen.
«Haltet ein, Meister Schrenger.» Entschlossen trat Christophorus dazwischen. «Euch ist bekannt, dass Frau Marysa nicht die Absicht hat, mit diesem …» Er warf Gort, der bisher geschwiegen hatte, einen geringschätzigen Blick zu. «… mit diesem Mann eine Ehe einzugehen. Ich halte es für angebracht, dass Ihr sie nicht weiter damit behelligt.»
«Ihr mischt Euch da nicht ein», schnauzte Hartwig zurück. «Weder hat Euch jemand gefragt, noch steht Ihr mit uns in irgendeiner familiären Verbindung. Marysa ist meine Cousine, ich trage nur Sorge dafür, dass es ihr wohlergeht.»
«Für selbiges Sorge zu tragen, habe auch ich gelobt, und zwar ihrem Bruder Aldo, dessen letzter Wunsch dies war», konterte Christophorus. «Da ich den Eindruck gewonnen habe, dass sie Eure Anwesenheit in diesem Hause ganz und gar nicht schätzt, möchte ich Euch bitten, sofort zu gehen, sonst …»
«Sonst was?» Hartwig trat unvermittelt auf ihn zu. «Hört zu, Pfaffe! Ihr habt mir gar nichts zu sagen. Es ist mir herzlich egal, was Ihr Aldo versprochen habt. Ein Bettelmönch wie Ihr – wollt Euch wohl hier ins warme Nest setzen, wie? Und jetzt droht Ihr mir auch noch?»
Christophorus wich nicht vor ihm zurück. «Ich drohe niemandem, Meister Schrenger, sondern habe Euch lediglich um etwas gebeten.»
Marysa starrte die beiden Streithähne sprachlos an. Was ging hier vor? Sie atmete tief ein und richtete sich entschlossen auf. «Hartwig, geh jetzt», forderte sie, nun mit fester Stimme. «Ich dulde keinen Unfrieden in meinem Haus.» Dann blickte sie Gort an, der sie seit geraumer Weile schon anzüglich anstarrte. «Gort, ich danke dir für die Ehre deines Antrags. Aber meine Antwort lautet nein.» Damit wandte sie sich abrupt um und betrat die Küche, in der es plötzlich geschäftig klapperte. Mit Sicherheit hatte die Köchin dem Disput gelauscht.
Christophorus blickte Hartwig auffordernd an, schließlich gab dieser sich geschlagen und ging zurück zur Haustür. «Das war nicht das letzte Wort», knurrte er. «Marysa wird schon noch zur Vernunft kommen. Ihr werdet es sehen.» Er gab Gort
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