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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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gelingt, einen talentierten Schnitzer aufzutreiben, könnte es ein großer Erfolg für uns werden.»
    Jolánda schwieg und dachte darüber nach. Schließlich lächelte sie leicht. «Wenn du es schaffst, wäre dies in jedem Fall ein Anreiz für die Männer, die sich gerne an deiner Seite sehen würden.» Sie hielt kurz inne. «Hast du dir schon überlegt, ob du Leynhards Antrag annehmen wirst?»
    Marysa schloss für einen kurzen Moment die Augen. Sie hätte damit rechnen müssen, dass ihre Mutter wieder damit anfing. «Nein, Mutter, ich habe noch nicht darüber nachgedacht. Wann auch, nach den schlimmen Dingen, die seither geschehen sind?»
    Die Miene ihrer Mutter verdunkelte sich schlagartig. «Ein starker Mann an deiner Seite wäre uns jetzt vielleicht sehr hilfreich.»
    Marysa presste ganz kurz die Lippen zusammen. «Ein starker Mann vielleicht.» Ihre Gedanken wanderten unweigerlich zu Christophorus, obwohl sie das mit aller Macht zu vermeiden suchte.
    Ihre Mutter schien zu ahnen, was in ihr vorging. «Wenigstens ist Bruder Christophorus da. Er wird uns helfen, meinst du nicht auch? Es zumindest versuchen.» Sie drückte Marysas Arm. «Er ist ein guter Mann, dieser Dominikaner. Ich denke, ich weiß jetzt, warum Aldo ausgerechnet ihn gebeten hat, sich um dich zu kümmern.»
    «Um uns beide, Mutter», korrigierte Marysa rasch, womöglich ein wenig zu schnell, denn Jolánda schmunzelte erneut. «Er ist zuverlässig – steht zu seinem Wort. Trotzdem frage ich mich, warum er ausgerechnet jetzt wieder in Aachen aufgetaucht ist.»
***
    Diese Frage stellte sich Christophorus gerade ebenfalls, wenn auch aus einem anderen Beweggrund. Bei den Schöffen hatte er nichts in Erfahrung bringen können, denn diese hatten sich zu einer geschlossenen Sitzung in das Gerichtsgebäude zurückgezogen. Beim Marienstift hatte er sich kurz mit einem ältlichen Geistlichen unterhalten, den er von seinem letzten Besuch in Aachen kannte. Bruder Bartholomäus hatte ihm von dem neuen Baumeister, Bruder Jacobus, erzählt, der einem Augustinerorden in Köln angehörte und sich sehr gut mit der Architektur von Kirchenbauten auskannte.
    Was seine Nachforschungen zu den beiden Anschlägen anging, so konnte der alte Geistliche ihm nicht weiterhelfen, und Christophorus ärgerte sich, weil er in einer Sackgasse zu stecken schien. Dies wiederum ließ ihn kurz mit seiner Entscheidung hadern, nach Aachen gekommen zu sein. Diese Stadt schien ihn jedes Mal, wenn er sie betrat, in Probleme zu stürzen. Eigentlich war es nicht die Stadt, sondern diese Frau. Marysa verdankte er es, dass er sich nun mit Schwierigkeiten herumplagte, um die er ansonsten einen großen Bogen gemacht hätte. Ganz zu schweigen von den verwirrenden Gefühlen, die ihn in ihrer Gegenwart ergriffen und die sich einfach nicht kontrollieren ließen. So langsam begann er sich zu fragen, ob Aldo mit seiner Bitte, Christophorus möge sich um seine Schwester kümmern, gewisse Hintergedanken verfolgt hatte.
    Um sich von diesen wenig sinnvollen Gedanken abzulenken und den Kopf freizubekommen, beschloss Christophorus, die Herberge der Gaukler aufzusuchen. In Gesellschaft von Gizella und den ihren würde er schon wieder zur Ruhe kommen – dies vielleicht auch mit einer trauten Stunde in Estellas Schlafkammer verbinden.
    Mit diesem Entschluss machte er sich auf den Weg zur Herberge Zum tanzenden Bären . Den Mann, der ihm in gebührendem Abstand folgte, bemerkte er nicht. Ein anderer hingegen sehr wohl. Da er Bruder Christophorus gerne mochte, nahm er nun seinerseits die Verfolgung auf.
***
    Es war bereits später Abend, als Marysa sich vor ihrer Haustür von Tibor verabschiedete, der sich sogleich wieder auf den Weg zurück in die Kockerellstraße machte. Sie hatte länger bei ihrer Mutter verweilt als geplant. Während Jolánda am Nachmittag mit Orsolya zum Gefängnis gegangen war, hatte sich Marysa mit ihrem Großvater zusammengesetzt und ein Angebot für die beiden ungarischen Augustiner ausgearbeitet. Bernát hatte ihr versprochen, die beiden Mönche in den nächsten Tagen zu ihr zu bringen, sollten ihnen Marysas Geschäftsvorschläge zusagen. Danach war sie zum Abendessen geblieben, weil sie ihrer Mutter Gesellschaft leisten wollte. Jetzt war sie müde, vor allem wegen der vergangenen Nacht, in der sie kaum ein Auge zugetan hatte. Als sie das Haus betrat, kam ihr Grimold entgegen, der wohl als Einziger des Gesindes noch wach war. «Herrin, Ihr kommt aber spät», sagte er und musterte sie

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