Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
schüttelte entschieden den Kopf. «Sie schnüffelt herum. Wegen Goldschläger natürlich!» Als er wieder an seinen Ärger in der Chorhalle dachte, verfinsterte sich seine Miene noch mehr. «Fast würde ich es ihm gönnen, wenn er sich mit diesem lästigen Bruder Jacobus herumschlagen müsste. Weiß der Himmel, wo die Kanoniker den aufgetrieben haben. Der alte Baumeister hatte jedenfalls nicht an allem und jedem etwas auszusetzen.»
    «Sollen wir denn nun die beiden Schlusssteine am Montag noch einmal neu vergolden?», wagte Ludwig zu fragen.
    Ansem schnaubte gereizt. «Wird uns ja wohl nichts anderes übrigbleiben. Was die Dompfaffen wollen, ist nun mal Gesetz. Wenigstens bezahlen sie gut», fügte er grimmig hinzu. Er warf das Tuch auf den Arbeitstisch und rieb sich leicht über den Magen. Seit er dieses Gift geschluckt hatte, plagten ihn üble Verdauungsstörungen. «Ich war heute bei den Schöffen», sagte er zusammenhanglos. «Sie wollen Goldschläger morgen noch einmal befragen.» Er schnaufte, als ihm ein heftiger Wind entfuhr. «Vergebliche Liebesmüh, wenn du mich fragst.»
    Ludwig merkte verwundert auf. «Ihr habt ihn doch selbst des Giftanschlags bezichtigt!»
    Achselzuckend rieb sich Ansem erneut über den Magen. «Natürlich habe ich das. So bin ich ihn wenigstens für eine Weile los – oder für immer.» Die letzten Worte wurden von einem hämischen Grinsen begleitet. Seine Augen verengten sich wieder, als er Ludwig anblickte. «Du wirst gefälligst versuchen, herauszufinden, weshalb dieses Weib bei den Gerüsten herumgeschnüffelt hat!»

19. KAPITEL
    «Marysa, was hast du denn hier verloren?» Als Bardolf seine Stieftochter durch die Zellentür treten sah, drückte er sich von der Wand ab und stand von seinem ungemütlichen Schlaflager auf. Die Zelle, in die man ihn gesperrt hatte, war winzig, kaum größer als die Grasmatte am Boden und besaß nur ein einziges vergittertes Spitzbogenfensterchen. Hinter der Tür stand ein verschmutzter Fäkalieneimer, am Kopfende der Grasmatte hatte er einen Krug Wasser und den Korb mit Speisen abgestellt, den Jolánda ihm gebracht hatte. «Du brauchst nicht jeden Tag herzu … Oh, Bruder Christophorus – Ihr seid auch mitgekommen?», unterbrach er sich, als er den Dominikaner eintreten sah. Hinter den beiden wurde die Zellentür lautstark geschlossen. Quietschend schob sich der Riegel vor. Das Geräusch zerrte an Bardolfs Nerven und ließ ihn erschaudern.
    «Selbstverständlich besuchen wir dich so oft wie möglich», widersprach Marysa energisch und blickte sich mit unglücklicher Miene um. «Reicht dir die Decke? Soll ich dir eine zweite schicken lassen? Ich sage Milo Bescheid, dass er …»
    «Schon gut, Marysa. Deine Mutter will mir später eine weitere Decke bringen.» Bardolf seufzte. «Habt ihr den Sturm heute Nacht gut überstanden?»
    «Ja, wir … Es gab keine nennenswerten Schäden», antwortete Marysa. Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben, doch der Anblick ihres Stiefvaters in dieser kalten, unwirtlichen Zelle setzte ihr sehr zu. Rasch ging sie zu ihm und umarmte ihn. «Wir versuchen alles, um dich hier herauszuholen», sagte sie leise.
    «Das weiß ich», gab Bardolf ebenso leise zurück und erwiderte ihre Umarmung kurz. Dabei blickte er über ihre Schulter auf den Dominikaner und meinte für einen kurzen Moment etwas in dessen Augen aufblitzen zu sehen, das ihn veranlasste, Marysa sanft von sich zu schieben. «Solange es keine eindeutigen Beweise gibt, dass ich Ansem das Gift in den Wein getan habe, wird mir nichts geschehen», versuchte er sie zu beruhigen. «Und da ich es nicht getan habe, wird es auch keine Beweise geben.» Er schüttelte leicht den Kopf. «Hätte ich bloß an dem Abend auch von seinem Wein getrunken! Aber dieses saure Gesöff zieht einem ja die Schuhe aus!»
    «Dann hättest du ebenfalls vergiftet werden können», protestierte Marysa entsetzt.
    «Was vielleicht sogar beabsichtigt war», mischte Christophorus sich ein. Marysa und Bardolf starrten ihn verblüfft an, sodass er erklärte: «Wir haben eine interessante Entdeckung gemacht.» Kurz berichtete er von den fehlenden Splinten in der abgebrochenen Stange und schloss: «Falls es sich also bei dem ersten Unfall schon um einen Anschlag gehandelt hat, muss sich dieser tatsächlich gegen Euch gerichtet haben. Wenn man aber hinzunimmt, dass auch Meister Hyldeshagen Opfer von gleich zwei Anschlägen wurde, sollten wir vielleicht in Betracht ziehen, dass der oder die Täter es

Weitere Kostenlose Bücher