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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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wollte mit mir sprechen. Er behauptete, mir einen Vorschlag machen zu wollen.»
    «Einen wahrhaft ehrenwerten Vorschlag», höhnte Christophorus. «Ich habe es gehört.»
    «Ihr habt uns belauscht?» Marysa funkelte ihn an und vergaß beinahe, ihre Stimme zu senken. «Wie könnt Ihr es wagen?»
    Christophorus erwiderte ihren Blick. «Hätte ich es nicht gewagt, bliebe Euch wahrscheinlich nichts anderes übrig, als diesem Laffen morgen ein Eheversprechen zu geben. Denn so, wie ich ihn einschätze, wird er Euer kleines Stelldichein sicher nicht schamhaft verschweigen.»
    Marysa senkte den Kopf und wandte sich ab. «Ich werde nicht ihn heiraten», sagte sie leise. «Sondern Leynhard. Morgen werde ich seinen Antrag annehmen.» Langsam ging sie auf die Tür zu.
    Verblüfft starrte Christophorus auf ihren Rücken, dann lief er ihr nach. Kurz vor der Tür hatte er sie erreicht und drehte sie mit sanfter Gewalt zu sich herum. «Was werdet Ihr?»
    «Leynhard heiraten», antwortete sie dumpf. Marysa bemühte sich, das heiße Brennen, das seine Berührung in ihr auslöste, zu ignorieren. «So schnell wie möglich, damit Gort nicht auf die Idee kommt …»
    «Nein.» Christophorus schüttelte den Kopf und hob mit den Fingerspitzen sanft ihr Kinn an. «Das werdet Ihr nicht tun. Ihr wollt ihn doch gar nicht.»
    Marysa schluchzte trocken auf. «Was soll das heißen? Ich bin selbst schuld, das habt Ihr doch gesagt. Wenn ich nicht diesen Esel von Gort heiraten will, bleibt mir nur Leynhard.» Sie schloss kurz die Augen. Als Marysa sie wieder öffnete, glitzerten Tränen darin. «Mutter wird sich freuen. Sie mag Leynhard gerne.» Wieder versuchte sie, ins Haus zu kommen. Christophorus hielt sie fest und lehnte seine Fackel gegen die Hauswand. «Ich kann bezeugen, dass zwischen Euch und Gort nichts Unschickliches vorgefallen ist», sagte er ruhig. «Sollte er wirklich Gerüchte in die Welt setzen, können wir dagegen angehen.»
    «Das schiebt mein Problem nur auf, Bruder Christophorus.»
    «Es lässt Euch etwas mehr Zeit, zu wählen», erklärte er.
    Stumm machte Marysa sich von ihm los und trat ins Haus. «Habe ich denn überhaupt eine Wahl?», fragte sie über die Schulter.

21. KAPITEL
    Ein Mann trat aus dem Schatten eines Hauseingangs und blickte grinsend auf Marysa Markwardts Hoftor. Wie es schien, erfreute sich die junge Witwe einiger Beliebtheit. Nicht nur, dass sie diesen Mönch in ihrem Haus wohnen ließ, nein, kaum war dieser fort, lud sie sich noch einen weiteren Mann ein, und das mitten in der Nacht. Ziemlich gewagt, wenn man bedachte, dass die beiden Liebhaber sich soeben beinahe begegnet wären. Aber die Weiber waren eben unersättlich.
    Zu gerne hätte er den Gesprächen im Hof gelauscht, doch näher an das Grundstück heranzugehen erschien ihm zu gefährlich. Seine Auftraggeber bezahlten ihn schließlich dafür, dass er seine Arbeit absolut unsichtbar tat.
    Heute würde er wohl nichts weiter ausrichten können. Vermutlich würde es die Männer, die ihn bezahlten, auch nicht interessieren, wen die Witwe Markwardt sich für ihre nächtlichen Stelldicheins einlud. Sinnvoller war es, sich zukünftig mehr auf den Dominikaner zu konzentrieren. Ab morgen würde er sich ihm an die Fersen heften, beschloss er. Jetzt musste er sich erst mal überlegen, wo er die restliche Nacht verbringen wollte und ob er nicht irgendwo einen wärmenden Trunk und angenehme Gesellschaft auftreiben könnte.

22. KAPITEL
    Der Rest der Nacht war quälend langsam vergangen. Marysa fragte sich, ob sie überhaupt jemals wieder Schlaf finden würde. Die Ereignisse des vergangenen Abends schwirrten in ihrem Kopf herum und brachten ihr nicht nur schlechte Laune, sondern auch starke Kopfschmerzen ein. Am liebsten wäre sie dem sonntäglichen Gottesdienst ferngeblieben, aber diesen Triumph wollte sie Gort nicht gönnen. Sie war sich vollkommen sicher, dass er nur auf eine Gelegenheit wartete, ihre Schwäche auszunutzen. Also raffte sie sich schließlich auf, zog ihr bestes Samtkleid an und steckte ihr Haar zu einer kunstvollen Frisur auf, die sie mit einem zarten, fast durchsichtigen Schleier verhüllte.
    Gerade als sie in ihre Trippen, die hölzernen Überschuhe, schlüpfte, trat Bruder Christophorus an ihre Kammertür. Mit anerkennendem Blick musterte er sie. «Ihr habt Euch gegen den Feind gewappnet – sehr klug. Lasst ihn keinerlei Schwäche erkennen. Falls er zum Angriff übergehen sollte, könnt Ihr sicher sein, dass ich hinter Euch stehe.» Er

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