Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
Vom Netzwerk:
ab. Instinktiv schlossen sie die Augen in Erwartung des Laserblitzes; aber er blieb aus. Thomal warf die Pistole zwischen die Pflanzen am Wegrand.
    Immer noch ungläubig zogen sie nun ihre eigenen Waffen und drückten ab. Nichts geschah. Dann flog eine Pistole nach der anderen in das Getreidefeld. Sie ließen die Funkgeräte zurück, die Kleinraketenwerfer, die Kampfstoffanalysatoren, die Uhren und all den anderen Kram, den sie früher einmal für unentbehrlich gehalten hatten, und sie taten es mit einer gewissen zornigen Befriedigung, über deren Ursache sie sich keine Rechenschaft ablegten.
    Schließlich trotteten sie weiter hinter Thomal her, aber die Kraft, die sie beim Wegwerfen gewonnen hatten, verzehrte sich rasch, und nur die Bewegung und der Durst hielten sie aufrecht. Der Kosmos versank in Durst und Müdigkeit.
    Die Invasionstruppen von Adapor stellten die Elite der Raumpolizei dar. Sie waren hervorragend ausgebildete und trainierte Soldaten, denen nichts fehlte als Kampferfahrung. Wenn diese Männer auf Ne Par so kläglich versagten, so lag es nicht an ihnen. Sie waren in keiner Weise auf die besonderen Belastungen vorbereitet, die der Planet für sie bereithielt. Die Soldaten hatten gelernt, mit extremem Sauerstoffmangel, mit über- und unterheizten Raumanzügen fertig zu werden, sie hatten alle Situationen kennen gelernt, die entstehen können, wenn Versorgungssysteme ganz oder teilweise ausfallen, aber sie hatten nie in einem Wind gestanden, der kühl und trocken stundenlang über eine Ebene weht. Sie konnten Durst ertragen und dabei marschieren. Endlose Durstmärsche über die Pisten des Raumhafens von Melars lagen hinter ihnen. Dennoch war das alles nichts gegen das Martyrium, das Thomals Gruppe in jener Nacht durchlebte.
    Der Abend versank in meergrüner Dämmerung, die sich langsam einschwärzte, während sich schwefelgelbe Wolkenbalken von Norden her am Himmel emporschoben, als wollten sie für die Söhne der fremden Welt eine Leiter zu den Sternen bauen. Dann zerflossen die Tritte der Leiter, als habe ein barmherziger Gott dieser schrecklichen Welt bemerkt, dass die Adaporianer schon zu sehr litten, um noch, höhnisch verspottet zu werden.
    Grell funkelten die Sterne, aber keiner von Thomals Leuten schaute nach oben. Mit gesenkten Köpfen stolperten sie keuchend in den Furchen des Weges. Längst schon ging Thomal nicht mehr vor den andern her, sondern wankte am Ende des kleinen Trupps und zerrte einen andern mit sich, der den Kampf schon hatte aufgeben wollen.
    Irgendwann im Laufe der Nacht erreichten sie eine kleine Mulde, deren Boden von dunkelgrünem, weichem Schaumstoff bedeckt war. Da brachte Thomal die Männer keinen Schritt weiter. Sie ließen sich auf das federnde Grün sinken und bemerkten entzückt, dass der Schaumstoff feucht war. Voll Gier leckten sie die winzigen Tröpfchen auf, die an den dunklen Spitzen glitzerten.
    Thomal stand fluchend dabei; er wusste aber, dass er sie in seiner Entkräftung nicht daran hindern konnte. Wozu auch?
    Über die Mulde neigte sich ein toter, verdorrter Baum, der seine schwarzen Schattenäste hilfesuchend gegen den Himmel reckte; leise pfiff der Wind durch diese dürren Saiten.
    Thomal blickte sich um und fror. Er schlurfte über das weiche Zeug zurück auf den Weg und blickte nach beiden Richtungen. Zuerst dorthin, woher er gekommen war, dann dahin, wo die Furchen des Weges weiterführten und auf sie warteten. Schließlich machte er sich auf, um noch ein Stück zu gehen.
    Nachdem er eine scheinbar unermessliche Zeit gegangen war, spürte er, dass die Kälte noch zugenommen hatte, und bemühte sich, seinen Schritt zu beschleunigen. Der Weg führte in einer sanften Neigung aufwärts, und durch die Anstrengung wurde ihm wieder wärmer. Vor ihm hellte sich allmählich der Himmel auf, und lilafarbene Riesenaustern öffneten sich am Horizont, als er die Anhöhe erreichte.
    Unten im Tal nahm Thomal Bewegungen wahr. Dort hasteten kleine schwarze Männlein um ein unkenntliches Zentrum und schienen so in ihre Arbeit vertieft, dass sie den Ankömmling nicht bemerkten.
    Thomal wollte rufen, doch er brachte nur ein heiseres Krächzen zustande. Die kleinen Männlein unten schienen trotzdem heftig zu erschrecken. Einen Moment standen sie wie erstarrt, aber einen Augenblick später waren sie verschwunden.
    Enttäuschung übermannte Thomal.
    In seiner Erschöpfung glaubte er, die Menschen im Tal hätten sich wie ein Trugbild vor ihm aufgelöst. Doch mochte er sich von

Weitere Kostenlose Bücher