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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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Kapsel zu verlassen. Als er mit dem Kopf aus der Luke tauchte, erinnerte er sich in einem Anflug von Sarkasmus der übertriebenen Gebärden, welcher sich die Handelsherren der Ne Paresen beim Grüßen bedienten – er hatte sie oft genug in den Filmen gesehen –, und so schloss er die Augen, richtete sich in der Luke zu voller Größe auf, warf die Arme in die Höhe, den Kopf in den Nacken und rief: »Grußiu iuwich!« neigte Kopf und Oberkörper und verharrte einen Moment lang in tiefer Verbeugung.
    Als er die Augen öffnete, sah er vor sich ein grünes Gebirge, das vielfältig zerklüftet und schluchtenreich schier unersteigbar vor ihm aufragte. Er wandte sich um in der Hoffnung, dass irgendwo auf einer anderen Seite der Aufstieg leichter möglich sein würde.
    Der Schock war furchtbar. Zu seinem Glück stand Franzik noch bis zur Hüfte in der Kapsel, denn sonst wäre er sicherlich rücklings hinabgestürzt. Er klammerte sich erschrocken am Lukenrand fest.
    Franzik hatte alles andere erwartet, nur nicht, dass ihm hier mitten in der grünen Wildnis ein regelrechtes Empfangskomitee entgegentreten würde. Schreck, Verwunderung und Scham wegen seines blödsinnigen Auftritts, den er sich in der Gewissheit, allein zu sein, gestattet hatte, lähmten ihn einen Moment lang so, dass er weder fähig war, angemessen zu reagieren noch seine Lage einigermaßen zu übersehen.
    Die Ne Paresen, denn um solche handelte es sich zweifellos, standen im Halbkreis um die Kapsel, und zumindest jene in der vordersten Reihe nahmen eine eindeutig drohende Haltung ein. Sie waren gleichmäßig in enganliegende, schwarzschuppige Panzer gekleidet, die nur das Gesicht frei ließen. In der rechten Hand, etwa in Schulterhöhe hielt jeder eine lange Stange, deren Spitze metallisch glänzte, und die alle wiesen auf den Admiral. Es war für ihn eine Szene wie aus einem Alptraum.
    Während Franzik kraftlos am Lukenring lehnte und die verbliebene Hitze des Metalls allmählich durch seine Kleidung drang, während sich sein Verstand auf der Suche nach einem brauchbaren Ansatz mehr verhedderte als klärte, gab es doch einen Teil in seinem Gehirn, der belustigt konstatierte, dass er die Ne Paresen durch sein befremdliches Auftauchen aus der Kapsel sicherlich ebenso verwirrt hatte. Was immer sie erwartet haben mochten, bestimmt nicht, dass der Ankömmling ihnen den Rücken zuwenden und ins Leere grüßen würde.
    Trotzdem löste sich die Erstarrung der Ne Paresen früher. Die meisten von ihnen neigten dazu, den Adaporianer für einen linkischen Tölpel zu halten. Sie staunten über so viel Ungeschicklichkeit, waren verblüfft und bezähmten ihren Lachreiz.
    Wie nicht anders bei kultivierten Kriegern zu erwarten, trat endlich einer vor, der ganz weit hinten gestanden hatte.
    »Grußiu dich!« sagte er lächelnd, und besonders sein erstes Wort klang dem Tonfall, in dem es Franzik gesagt hatte, recht ähnlich.
    Natürlich hätte Admiral Franzik merken müssen, dass der Ne Parese ihm wohlgesonnen war und dass sich hier eine Chance bot, durch ein wenig Gelächter Freundschaft und Frieden zu schließen; aber ungeschickt zerschlug er diese Gelegenheit. Er hätte nur seinen Gruß zu wiederholen brauchen, aber er tat es nicht, sondern fuhr den Ne Paresen in einem barschen Ton an, der sonst nicht seine Art war: »Führ mich …« Er unterbrach sich, als er merkte, dass er Adaporianisch sprach, und fuhr mit schriller Stimme fort: »Fuori mich ze demu Furistin fona Zaina!« Weil er aber schon so viele Wörter mit »fu–« und »fo–« angefangen hatte, fügte er noch rasch das Wort »Fordwardes!« hinzu, womit er ausdrücken wollte, dass er in Eile sei. Dass dieses Wort von den Aufsehern gebraucht wurde, um die Lastträger anzutreiben, konnte Franzik nicht wissen.
    Das Lächeln im Gesicht des so angeredeten Ne Paresen verflog. Franzik, der den Stimmungswandel spürte, straffte sich.
    »Chwer bist du?« fragte er. »Ich bin Admiral Franzik von der Raumpolizei.«
    Der Ne Parese sah ihn finster an und zeigte sich keineswegs beeindruckt.
    »Ich will zum Fürsten von Zaina«, schrie Franzik wütend.
    Der Ne Parese schrie ebenso wütend zurück. Franzik verstand nur einige Wörter, aber die Gebärde des Mannes war eindeutig. Er war weniger erschrocken als verwirrt, denn er konnte nicht begreifen, dass die Bezeichnung »Admiral der Raumpolizei« nicht im Geringsten imponierte. Kein Zweifel, dass der andere ihn sehr wohl verstanden hatte; Franzik glaubte jedoch, er müsse

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