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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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werden mit dir Zaina neu erbauen. Zähle auf uns!«
    Um mich versinken die Hügel, meine Soldaten und die schlafenden Adaporianer. Ich sehe Menschen in endlosen Zügen nach Zaina zurückströmen, so wie ich sie damals die Stadt verlassen sah.
    Sie waten im Staub der Häuser und Paläste. Ihre Gesichter sind vom Hunger ausgemergelt, denn die Vorräte sind zerstört und es wird viel zu tun sein, bis das Leben wieder in den geregelten Bahnen verläuft.
    Ich reiße mich von meinen Träumen los.
    »Gut, Mart! Fliegen wir über das Land, damit ich es sehen und das Nötige tun kann. Bis heute Mittag ist noch viel Zeit.«
     
    Der Admiral entspannte sich, soweit seine überanstrengte Muskulatur das zuließ. Die letzten Kilometer waren der schlimmste Teil seines Fluges gewesen, aber jetzt durfte er zunächst ausruhen. Er blickte nach oben zum Periskop. Die drei Spiegel, die den Boden unter ihm hätten zeigen sollen, waren schwarz. Durch die verbleibenden beiden Spiegel schien ein diffuses, graugrünes Licht in die Rettungskapsel und verlieh den lichtverstärkenden Reflexfarben eine grelle Helligkeit.
    Nun erst spürte Admiral Franzik den Schmerz in seinem Rücken, den Oberschenkeln und Waden. Seine Füße ruhten noch immer auf den Pedalen, die er während des ganzen Fluges unausgesetzt getreten hatte. Es tat gut, nur so dazuliegen.
    Eigentlich hätte er sich freuen sollen, dass er wohlbehalten auf Ne Par gelandet war; aber es war ihm nicht danach zumute. Die Schwierigkeiten würden nun erst beginnen. Bis hierher und keinen Schritt weiter reichte der Raum, der überschaubar gewesen war, in dem er hatte planen können. Bald musste er ins Ungewisse hinaustreten, von dem er buchstäblich keine Ahnung hatte.
    Wie weit würde er gehen müssen, bis er auf Menschen traf, und was würden sie bei seinem Erscheinen unternehmen?
    Entschlossen – endlich entschlossen – zog er an dem Ring, der die Dichtungsklappe der Sauerstoff dusche löste. Die grünliche Helligkeit verschwand. Weiße Nebelschwaden wogten vor den Periskopaugen. Dabei meinte Franzik das helle Zischen zu hören, mit dem der komprimierte Sauerstoff auf den glühenden Wandungen der Kapsel verdampfte; aber das war natürlich Einbildung. Kein Geräusch von draußen konnte durch die Isolierung zu ihm dringen.
    Er verfluchte seine Ungeschicklichkeit, die ihn gezwungen hatte, an diesem Platz zu landen, der so weit von jeder menschlichen Ansiedlung entfernt lag, dass ihm ein tagelanger Fußmarsch bevorstand, ehe er auf irgendwelche wichtigeren Ne Paresen treffen würde.
    Ungeduldig blickte er auf die mechanische Uhr, die ihm der Ingenieuroffizier ausgehändigt hatte. Dann schloss er die Augen und lauschte dem Puls seines Blutes, der ihm in den Ohren klang.
    »Grußiu iuwich!« repetierte er halblaut sein kürzlich gelerntes Ne Paresisch; aber die fremden Laute klangen aus seinem Mund immer noch sehr sonderbar.
    »Grußiu iuwich!« Er wiederholte ein paar Mal die Grußformel, damit sie ihm geläufiger über die Zunge ginge; dann war endlich die Zeit abgelaufen, während der die Kapsel abkühlte und er zum Warten verurteilt war. Er öffnete die 37 Riegel, welche die Einstiegsklappe sicherten, legte den Hebel um, der die Pedale vom Federmotor löste und sie dafür an die hydraulische Pumpe kuppelte, und dann begann er aufs neue zu treten, wie er es während des ganzen Herflugs getan hatte.
    Bei seiner Arbeit, die er auf dem Rücken liegend verrichten musste, blickte Admiral Franzik gespannt nach oben, wo sich lautlos und ganz langsam, Millimeter für Millimeter der schwere Deckel aus dem Mantel der Kapsel herausklappte. Endlich drang zischend Außenluft ein, die unter etwas höherem Druck stand, und ein fremder, würziger Duft umflutete Franzik. Ein winziger, allmählich breiter werdender Ring aus Helligkeit zeichnete die Konturen des Deckels.
    Nachdem er weitere zehn Minuten getreten hatte, stand der Deckel senkrecht neben der kreisrunden Öffnung, und es wäre Zeit gewesen auszusteigen; aber Franzik zögerte. Eine unerklärliche Sehnsucht überkam ihn. Er bereute, Adapor verlassen zu haben, und irgendwie war seine Kapsel ein letztes Stück Adapor. Wenn er sie verließ, brach die letzte Verbindung zu seiner Heimatwelt ab. So lag er auf dem Rücken in der Kapsel und schaute zum treibenden Dunst der Wolkendecke hinauf. Das kreisrunde blendende Loch war wie eine Wunde, die er selbst in seine Geborgenheit geschlagen hatte.
    Endlich fasste er den Entschluss, sich aufzurichten und die

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