Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
Leghs durchstehen.
Was Cassandra auch dazu bewogen haben mochte, persönlich vorbeizukommen, um sie einzuladen – Freundlichkeit war es nicht, dessen war Amber sich sicher. Doch sie konnte ihrer Großmutter natürlich nicht sagen, woher sie das so genau wusste.
»Mr Stanley ist hier, Euer Gnaden, und fragt, ob er Sie wohl sprechen könnte.«
Gregs Freund wollte mit ihr sprechen? Amber war über diese Aussicht nicht besonders begeistert, aber sie konnte sich wohl kaum einem Gespräch verweigern.
»Bitte führen Sie ihn in die Bibliothek, Wilson, und sagen Sie ihm, dass ich gleich bei ihm bin.«
Es war Nachmittag, ihre Großmutter war zu einem Besuch ausgefahren, und Amber hielt sich im Kindertrakt auf, wo sie mit Rose spielte.
Das kleine Mädchen war einfach entzückend, und Amber hatte sich sehr gefreut, als sie sie wiedererkannt und die Ärmchen nach ihr ausgestreckt hatte.
»Blitzgescheit ist sie, Euer Gnaden«, hatte Betsy ihr stolz erklärt.
»Und die Beinchen?«, hatte Amber besorgt gefragt.
Zur Antwort hatte Betsy das Kleid des Mädchens angehoben, um Amber die rundlichen Beine zu zeigen.
»Kerngesund. Wir haben mit ihr Turnübungen gemacht, Sheila und ich, zweimal täglich, wie Dr. Brookes es uns gezeigt hat. Der Doktor meint, sie steht mit ihnen jetzt so fest auf der Erde, wie man sich das nur wünschen kann.«
»Mr Stanley«, begrüßte Amber den Besucher, als sie die Bibliothek betrat.
Er errötete und wirkte leicht verlegen. »Tut mir leid, dass ich hier einfach hereinplatze und mit Ihnen reden will, aber die Sache ist die – Ihr Cousin Greg hat mich in eine echte Zwangslage gebracht, und ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte. Nicht dass es Ihre Sache wäre, ihn herauszuhauen, aber …«
»Ich entnehme Ihren Worten, dass Greg Ihnen Geld schuldet«, unterbrach Amber ihn.
»Es war seine Idee, nicht meine. Er hat gesagt, er will sich an dem Geschäft beteiligen, und so hab ich ihm das Geld vorgestreckt, damit wir die Anteile kaufen können, bloß sagt er jetzt, er will sie doch nicht. Aber jetzt ist es zu spät, dass er es sich anders überlegt. Mein alter Herr gerbt mir den Hintern, wenn er es rausfindet; ich habe mir das Geld in seinem Namen geliehen.«
»Ich glaube, Sie sollten mir das alles noch einmal in Ruhe erklären«, meinte Amber und setzte sich.
Eine halbe Stunde später sah sie Geoff Stanley an und fasste zusammen: »Habe ich Sie richtig verstanden? Sie und Greg haben die Anteile gekauft, die Ihr verstorbener Onkel an der Hermes-Stanley-Fußballmannschaft besaß. Gregs Anteil haben Sie durch einen Kredit überbrückt, den Sie im Namen Ihres Vaters aufgenommen haben. Und jetzt weigert Greg sich, Ihnen das Geld zurückzuzahlen?«
»Ja, genau so ist es. Er sagt, er kann sich nicht erinnern, mit mir halbe-halbe vereinbart zu haben, aber genau das hat er gemacht, verdammt. Verzeihung«, entschuldigte er sich errötend. »Hab mich einen Augenblick vergessen. Mein Vater kommt nächste Woche aus London zurück, und wenn er rausfindet … Er hat seinen Anteil vor zehn Jahren verkauft. Sehen Sie, er billigt das nicht mehr, er ist strenggläubig.«
Amber nickte. Sie hatte gehört, dass Mr Stanley senior nach seiner zweiten Heirat ein strenger Methodist geworden war, was Probleme mit seinen beiden Söhnen aus erster Ehe aufgeworfen hatte.
»Wie viel schuldet Greg Ihnen denn genau?«
»Fünftausend Guineen.«
Amber war schockiert. Rasch dachte sie nach. Sie konnte den Kredit für Greg zurückzahlen, aber …
»Wenn ich Ihnen das Geld gebe, verlange ich dafür, dass Sie mir die Greg zugedachten Anteile an der Fußballmannschaft übertragen«, erklärte sie ruhig.
»Was wollen Sie denn mit Anteilen an einer Fußballmannschaft?«, fragte er verblüfft und, wie Amber fand, nicht sehr erfreut.
»Nichts, aber ich halte es für sicherer, wenn die Anteile in meiner Hand liegen statt in der meines Cousins. Ich möchte nicht, dass er bei einem alten Freund in der Kreide steht, aber ich will auch nicht, dass er um etwas betrogen wird, das eigentlich ihm gehört. Schließlich hat er ein kleines Kind, für das er sorgen muss.« Ihr Lächeln nahm ihren Worten den Stachel, doch Geoff Stanley sollte wissen, dass sie sich nicht über den Tisch ziehen ließ. »Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich den Anwalt meiner Großmutter, die entsprechenden Papiere aufzusetzen.«
»Aye, na schön. Ich meine, ja. Und das Geld?«
»Sie bekommen Ihren Scheck, sowie ich meine Anteile von Hermes
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