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Der Glanz der Welt

Der Glanz der Welt

Titel: Der Glanz der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Amon
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Warum wollte also jemand, dass das noch am selben Abend in der Zeitung steht? Und wer sollte dieser jemand sein? Als Mörderwäre dir doch am liebsten, dass keiner was vom Mord bemerkt. Kein Mord, keine Ermittlungen. Selbstmord, Unglücksfall, was auch immer, alles besser als Mord. Also, für mich ergibt das keinen Sinn.“
    „Für mich auch nicht“, sagte Himmel, „das macht es doch umso verdächtiger. Zuerst habe ich gedacht, dass jemand sichergehen will, dass das als Mord und nicht als Selbstmord eingestuft wird. Aber heute kann die Gerichtsmedizin nicht mehr so leicht getäuscht werden. Einen Mord übersehen die nicht. Jedenfalls nicht, wenn einer vom Dom herunterpurzelt. Wenn wir herausfinden, warum man mir das geschickt hat, dann kapieren wir wahrscheinlich auch den Hintergrund des Mordes. Und der Hintergrund trägt die Namen von Schnittling und Grapschmann.“
    „Also, ich trau den beiden viel zu, aber einen Mord?“ Ich blieb skeptisch, auch nach dem zweiten Glas Talenti und nach dem, ich hatte blöderweise nicht mitgezählt, nach dem weiß nicht wievielten Glas Brunello.
    „Ich traue denen alles zu, Hauptsache, es bringt genug Kohle“, sagte Himmel.
    „Mag sein“, sagte ich, „aber nur, weil jemand für die beiden gearbeitet hat … Das sagt doch überhaupt nichts aus.“
    „Zufälle“, blieb Himmel hartnäckig, „glaubst du wirklich an Zufälle?“
    Da hatte er recht. Rund um Grapschmann und Schnittling wucherten die Zufälle geradezu. Wäre jeder dieser Zufälle ein Wassertropfen, wir könnten Sintflut spielen. Die beiden, Grapschmann und Schnittling, waren offenbar Großmeister des Zufalls.
    „Vielleicht weiß der Pirchmoser inzwischen mehr“, warf ich ein, „kommt der heute noch?“
    „Versprochen hat er es“, sagte Himmel, „aber erst später zur kleinen Runde. Er muss noch irgendwelche Berichte schreiben.“
    „Berichte schreiben statt Mörder fangen“, sagte ich, „wie gut, dass wir die Kriminalpolizei haben.“
    „Bericht muss sein“, hörte ich hinter mir die Stimme Pirchmosers. Ich drehte mich um.
    „Servus, commissario! Wie geht es dir?“, fragte ich.
    „Schlecht, sauschlecht. Ich war ganz knapp dran, den Schnittling zu erwischen, da bin ich absolut sicher. Dann pfeifen diese Pfeifen mich zurück.“ Pirchmoser zog einen leeren Sessel vom Nebentisch herüber, setzte sich zwischen Himmel und mich und legte seinen Kopf müde in die linke Hand, während er den Unterarm mit dem Ellbogen auf der Tischplatte abstützte.
    „Ich sag euch was: Das ist ein Scheißland. Eine Scheißrepublik mit Scheißpolitikern. Und eine Scheißhackn. Wir werden total verarscht. Die wollen nicht wissen, was der Schnittling ausgefressen hat. Wahrscheinlich stehen sie längst selbst auf seiner Lohnliste, so wie der Grapschmann.“
    „Aber“, warf ich ein, „seit der Grapschmann nicht mehr im Amt ist, steht er doch bei der Schnittling-Water ganz hochoffiziell in Schnittlings Diensten.“
    „Stimmt nicht“, sagte Pirchmoser, „der Schnittling streitet entschieden ab, irgendetwas mit Schnittling-Air, Schnittling-Land oder Schnittling-irgendwas zu tun zu haben.“
    „Unfug“, mischte sich Himmel ein, „warum heißen die Fonds dann nach ihm?“
    „Weil er den Namen sozusagen vermietet hat“, seufzte Pirchmoser, „juristisch kommst du da nicht weiter. Rein formal hat das alles nichts mit dem Schnittling zu tun. Morgengeht er übrigens wieder nach Hause. Sobald die fehlenden 20 Millionen da sind.“
    „Ich wundere mich, dass du überhaupt noch einen Haftbefehl für den bekommst“, sagte ich.
    „Der neue, junge Staatsanwalt, der glaubt noch an Gerechtigkeit und will anscheinend keine Karriere machen. Der ist momentan ihr Schwachpunkt. Der lässt sich auch vom Ministerbüro nicht einschüchtern. Ist eine Frage der Zeit, irgendwann setzen sie ihn entweder ins Besenkammerl, zum Durchnummerieren alter Akten, oder sie befördern ihn nach oben, in irgendeine Sackgasse, in der er nichts mehr anstellen kann, außer rundum gegen Schaumgummimauern zu laufen. Bei unsereinem, einem kleinen Kieberer wie mir, ist das leider einfacher. Mir haben sie schon mehrmals angedroht, mich wieder auf Streife zu schicken.“ Pirchmoser angelte sich ein leeres Glas. Ich schenkte ihm einen Altesino Montosoli 1990 ein, einen Brunello aus einer Einzellage.
    Rundherum löste sich die Tischgesellschaft langsam auf. Die Speisenfolge war beendet, es bildeten sich kleine Grüppchen, manche Gäste brachen auch schon auf.

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