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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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erwiderte er düster. »Und davon abgesehen verändert sich die Welt um uns herum. Ich glaube, dass wir am Ende eines Zeitalters stehen. Wenn dieser Krieg vorüber ist, wird der Sieger, ganz gleich, wer es ist, über alle Drei Länder regieren. Takeo möchte sein Erbe antreten und Shigerus Onkel strafen. Aber wer auch immer den Otoriclan anführt, Arai wird gegen ihn kämpfen. Entweder müssen die Otori siegreich sein oder sie müssen die totale Niederlage erleiden und ausgelöscht werden, denn solange der Grenzkrieg schwelt, wird es keinen Frieden geben.«
    »Die Kikuta scheinen es also vorzuziehen mit den Otorilords gegen Takeo zu paktieren?«
    »Ja, ich habe gehört, dass Kotaro selbst sich in Hagi aufhält. Auf Dauer, denke ich, wird sich Arai trotz seiner offensichtlichen Stärke nicht gegen die Otori durchsetzen können. Sie haben ein gewisses Recht, die Drei Länder für sich zu beanspruchen, nämlich auf Grund ihrer Abstammung, die eine Verbindung zur Kaiserfamilie aufweist. Als Anerkennung dieser Tatsache wurde Shigerus Schwert Jato vor Hunderten von Jahren geschmiedet und ihm vermacht.«
    Wieder schwieg er und ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    »Doch das Schwert kam zu Takeo. Es gelangte nicht in die Hände von Shoichi oder Masahiro.« Er sah sie an und sein Lächeln wurde breiter. »Ich möchte dir eine Geschichte erzählen. Du weißt vielleicht, dass ich Shigeru in Yaegahara kennen lernte. Er muss neunzehn gewesen sein, ich war fünfundzwanzig und arbeitete als Spion und Geheimbote für die Noguchi, damals Verbündete der Otori. Ich wusste bereits, dass sie mitten in der Schlacht die Seiten wechseln würden, um ihre früheren Bündnispartner anzugreifen, was Iida den Sieg einbrachte und Tausende Männer das Leben kostete. Ich habe mir nie sehr viel aus dem Recht oder Unrecht unseres Gewerbes gemacht, doch die Untiefen des Verrats faszinieren mich. Einen Verrat zu erkennen hat etwas Entsetzliches, das ich gerne betrachte. Ich wollte Otori Shigemoris Gesicht sehen, wenn die Noguchi ihn angriffen. Aus diesen recht niedrigen Motiven befand ich mich also dort; ich muss zugeben, dass es etwas extrem Aufregendes hatte, sich unbemerkt dort in der Mitte des Geschehens aufzuhalten. Ich sah Shigemori; ich sah seine Miene, als er begriff, dass alles verloren war. Ich sah ihn fallen. Sein Schwert, das so berühmt war und das jeder gern besessen hätte, fiel ihm im Moment seines Todes aus den Händen, genau vor meine Füße. Ich hob es auf und es wurde ebenso unsichtbar wie ich und schien an mir zu haften, immer noch warm von der Hand seines Meisters. Es sagte mir, ich müsse es schützen und seinen wahren Eigentümer ausfindig machen.«
    »Es hat zu dir gesprochen?«
    »Anders könnte ich es nicht beschreiben. Nach Shigemoris Tod verfielen die Otori in einen Zustand blindwütiger Verzweiflung. Die Schlacht tobte noch einige Stunden weiter, in denen ich nach Shigeru Ausschau hielt. Ich kannte ihn; einige Jahre zuvor hatte ich gesehen, wie er in den Bergen mit Matsuda trainierte. Erst als der Kampf vorüber war, entdeckte ich ihn schließlich. Inzwischen suchten Iidas Männer ihn überall. Die Nachricht, dass er im Kampf getötet worden sei, wäre allen gelegen gekommen. Ich fand Shigeru an einer kleinen Quelle. Er war ganz allein und bereitete alles vor, um sich das Leben zu nehmen, wusch sich das Blut von Gesicht und Händen und parfümierte sich Haare und Bart. Er hatte den Helm abgenommen, seine Rüstung gelockert und wirkte so ruhig, als hätte er vor, in der Quelle zu baden. Das Schwert sprach zu mir: ›Dies ist mein Meister‹, also rief ich ihn an: ›Lord Otori!‹, und als er sich umdrehte, zeigte ich mich ihm und hielt ihm das Schwert hin. ›Jato‹, begrüßte er es, nahm das Schwert in beide Hände und verneigte sich tief. Dann blickte er von dem Schwert zu mir und schien sich langsam aus dem Trancezustand zu lösen, in dem er sich befunden hatte. Ich sagte so etwas wie: ›Töten Sie sich nicht‹, und dann, als spräche das Schwert durch mich: ›Leben Sie weiter und nehmen Sie Rache‹, und er lächelte und sprang auf, das Schwert in der Hand. Ich half ihm zu entkommen und brachte ihn zurück zum Haus seiner Mutter, nach Hagi. Als wir dort ankamen, waren wir Freunde geworden.«
    »Ich habe mich schon oft gefragt, wie ihr euch kennen gelernt habt«, sagte Shizuka. »Dann hast du ihm also das Leben gerettet.«
    »Nicht ich, sondern Jato. Auf diese Weise wird es von Hand zu Hand

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