Der Glanz des Mondes
Natürlich kommt es mir gerade gelegen, da ich zurzeit ja niemandem diene, aber wenn die Mutofamilie etwas dagegen hat…«
»Du könntest uns dort von Nutzen sein«, sagte Kenji.
»Lord Arai nahm an, dass ich wüsste, wo du bist, und bat mich dir auszurichten, er wünsche seine Söhne und dich zu sehen, um über eine rechtmäßige Adoption zu sprechen.«
»Möchte er unsere Beziehung fortführen?«, fragte Shizuka.
»Er möchte, dass du als Mutter der beiden Jungen nach Inuyama kommst.« Und als seine Mätresse, dachte Shizuka. Arai hatte es zwar nicht ausdrücklich gesagt, doch sie verstand es auch so. Kondo zeigte keinerlei Anzeichen von Wut oder Eifersucht, während er sprach, aber der ironische Blick huschte wieder über sein Gesicht. Wenn er sich nun in der Kriegerklasse etablieren konnte, bestand dort natürlich die Aussicht auf eine gute Heirat. Er hatte nur eine Lösung in ihr gesehen, solange er ohne Dienstherr gewesen war.
Sie wusste nicht, ob sein Pragmatismus sie eher ärgerte oder amüsierte. Shizuka hatte weder die Absicht, ihre Söhne zu Arai zu schicken, noch jemals wieder mit ihm zu schlafen oder Kondo zu heiraten. Und sie hoffte inständig, dass Kenji ihr nicht befehlen würde, irgendetwas davon zu tun.
»All diese Dinge müssen gut überlegt werden«, sagte ihr Onkel.
»Ja, natürlich«, erwiderte Kondo. »Auf jeden Fall ist die Lage nun durch den Feldzug gegen Otori Takeo komplizierter geworden.«
»Wir hatten auf Neuigkeiten über ihn gehofft«, murmelte Kenji.
»Arai war wütend über die Heirat. Er erklärte sie umgehend für ungültig und sandte Lord Fujiwara ein großes Kontingent an Truppen. Im Spätsommer zog er selbst nach Kumamoto, nah genug, um nach Maruyama vorzustoßen. Das Letzte, was ich hörte, war, dass Lady Shirakawa sich nun in Lord Fujiwaras Residenz befindet und mit ihm vermählt wurde. Sie lebt in völliger Abgeschiedenheit, praktisch wie im Gefängnis.« Er schnaubte verächtlich und warf den Kopf in den Nacken. »Ich weiß, dass Fujiwara der Meinung war, sie sei ihm versprochen worden, aber so hätte er sich nicht verhalten dürfen. Er ließ sie gewaltsam ergreifen; mehrere ihrer Männer wurden getötet, unter ihnen auch Amano Tenzo, ein großer Verlust. Dazu bestand kein Anlass. Ai und Hana leben als Geiseln in Inuyama. Die Angelegenheit hätte ohne Blutvergießen verhandelt werden können.«
Shizuka empfand Mitleid für die beiden Mädchen. »Hast du sie dort gesehen?«
»Nein, ich erhielt keine Erlaubnis.«
Kaedes Schicksal schien ihn wirklich zornig zu machen und Shizuka erinnerte sich wieder seiner unglaublichen Ergebenheit ihr gegenüber.
»Und Takeo?«, fragte sie.
»Offenbar zog er gegen Fujiwara und traf dabei auf Arais Armee. Das zwang ihn zum Rückzug. Was danach geschah, ist völlig unklar. Im Westen wütete ein heftiger früher Taifun. Beide Armeen saßen unweit der Küste fest. Noch weiß niemand genau, wie die Sache ausgegangen ist.«
»Was hat Arai mit Takeo vor, wenn er ihn besiegt?«, fragte Shizuka.
»Das ist die Frage, die sich jeder stellt. Manche sagen, er wird ihn hinrichten lassen. Andere, dass er es nicht wagen wird, auf Grund von Takeos Ruf. Und wieder andere meinen, dass er sich mit ihm gegen die Otori in Hagi verbünden wird.«
»In der Nähe der Küste waren sie?«, sagte Kenji. »Wo denn genau?«
»Unweit einer Stadt namens Shuho, glaube ich. Ich kenne diese Provinz nicht.«
»Shuho«, sagte Kenji. »Ich bin nie dort gewesen, aber dort soll es ein wunderschönes natürliches Becken mit blauem Wasser geben, das ich immer schon mal sehen wollte. Es ist schon eine Weile her, seit ich das letzte Mal gereist bin. Und das Wetter ist gerade ideal. Ihr beide kommt am besten mit mir.«
Es klang beiläufig, doch Shizuka spürte seinen Drang zur Eile. »Und die Jungen?«, fragte sie.
»Wir nehmen sie beide mit; es wird eine schöne Erfahrung für sie sein; und vielleicht werden wir Takus Fähigkeiten sogar brauchen.« Kenji erhob sich. »Wir müssen sofort aufbrechen. Pferde holen wir uns in Yamagata.«
»Was hast du vor?«, fragte Kondo. »Wenn ich fragen darf: Willst du dafür sorgen, dass Takeo beseitigt wird?«
»Nicht ganz. Ich erzähle es dir unterwegs.« Als Kondo sich verneigte und den Raum verließ, flüsterte Kenji Shizuka zu: »Vielleicht kommen wir noch rechtzeitig, um sein Leben zu retten.«
KAPITEL 9
Niemand sprach, während wir ritten, aber das Verhalten von Akita und seinen Kriegern erschien mir höflich und
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