Der Glanz des Mondes
werden sich nach Hagi zurückziehen, und es heißt, dass die Stadt durch eine Belagerung nicht einzunehmen ist, erst recht nicht, sobald es zu schneien beginnt.«
Er starrte mich an, studierte prüfend mein Gesicht. Meine Miene blieb teilnahmslos, mein Blick wich ihm aus.
»Ich habe zwei Fragen an Sie, Takeo. Wie waren Sie in der Lage, die Stammesangehörigen in Maruyama ausfindig zu machen? Und war Ihr Rückzug an die Küste beabsichtigt? Wir dachten, wir hätten Sie bereits in der Falle, aber Sie entkamen uns zu schnell, als sei alles im Voraus geplant gewesen.«
Ich hob den Kopf und blickte ihm kurz in die Augen. »Ich akzeptiere Ihr Angebot eines Bündnisses«, sagte ich. »Ich werde Ihnen treu dienen. Als Gegenleistung gehe ich davon aus, dass Sie mich als rechtmäßigen Erben des Otoriclans anerkennen und mich dabei unterstützen werden, mein Erbe in Hagi einzufordern.«
Er klatschte in die Hände, und als ein Diener erschien, verlangte er nach Wein. Ich sagte ihm nicht, dass ich Kaede niemals aufgeben würde, und auch er war zweifellos alles andere als aufrichtig zu mir, doch wir tranken feierlich auf unser Bündnis. Ich hätte eine Mahlzeit vorgezogen, sogar Tee. Der Reiswein versengte mir den leeren Magen wie Feuer.
»Nun beantworten Sie bitte meine Fragen«, verlangte Arai.
Ich berichtete ihm von Shigerus Aufzeichnungen über den Stamm und wie sie in Terayama in meine Hände gelangt waren.
»Wo sind sie jetzt? In Maruyama?«
»Nein.«
»Wo dann? Wollen Sie es mir nicht sagen?«
»Sie befinden sich nicht mehr in meinem Besitz, aber ich weiß, wo sie sind. Und das meiste davon habe ich im Kopf.«
»Daran lag es also, dass Sie so erfolgreich waren«, sagte er.
»Der Stamm schien alles daranzusetzen, mich zu töten«, erwiderte ich. »Es gab nicht viele von ihnen in Maruyama, aber jeder Einzelne war ein Risiko, deshalb musste ich sie vernichten. Ich hätte es vorgezogen, sie für mich arbeiten zu lassen. Ich weiß, wozu sie fähig sind und wie nützlich sie sein können.«
»Werden Sie den Inhalt dieser Schriften mit mir teilen?«
»Wenn es dazu beiträgt, dass wir beide unsere Ziele erreichen.«
Eine Weile saß er reglos da und brütete über meinen Worten. »Die Aktivitäten des Stamms im letzten Jahr machten mich wütend«, sagte er. »Ich wusste nicht, dass er so mächtig ist. Er entführte Sie und schaffte es, Sie versteckt zu halten, während meine Männer ganz Yamagata nach Ihnen durchkämmten. Plötzlich wurde mir klar, dass der Stamm Feuchtigkeit unter einem Haus gleicht oder Holzwürmern, die das Fundament eines großen Gebäudes wegfressen. Auch ich wollte ihn auslöschen - aber dann erschien es mir sinnvoller, ihn zu kontrollieren. Das bringt mich auf etwas anderes, worüber ich mit Ihnen sprechen wollte. Erinnern Sie sich an Muto Shizuka?«
»Natürlich.«
»Sie wissen wahrscheinlich, dass sie mir zwei Söhne schenkte.«
Ich nickte. Ihre Namen waren Zenko und Taku, ich kannte sogar ihr Alter.
»Wissen Sie, wo sie sind?«, fragte Arai. Seine Stimme hatte einen seltsamen Unterton; nicht direkt flehentlich, aber beinahe.
Ich wusste es, doch ich hatte nicht vor, es ihm zu sagen. »Nicht genau«, antwortete ich. »Ich könnte mir denken, wo man mit der Suche beginnen sollte.«
»Der Sohn, der aus meiner Ehe hervorging, ist vor kurzem gestorben«, sagte er unvermittelt.
»Davon wusste ich nichts. Es tut mir sehr Leid.«
»Es waren die Pocken, der arme Kleine. Seine Mutter ist nicht bei bester Gesundheit und der Verlust hat sie schwer getroffen.«
»Mein tiefstes Beileid.«
»Ich schickte Botschaften an Shizuka, um ihr mitzuteilen, dass ich meine Söhne bei mir haben möchte. Ich werde sie anerkennen und rechtmäßig adoptieren. Aber ich habe keine Antwort von ihr erhalten.«
»Es ist Ihr gutes Recht, als Vater«, sagte ich. »Doch der Stamm erhebt normalerweise Anspruch auf Kinder mit gemischtem Blut, die die Stammesfähigkeiten geerbt haben.«
»Was sind das für Fähigkeiten?«, fragte er neugierig. »Ich weiß, dass Shizuka eine beispiellose Spionin war und über Sie habe ich allerhand Gerüchte gehört.«
»Es ist nichts sehr Ungewöhnliches«, sagte ich. »Alles, was man sich darüber erzählt, ist übertrieben. In erster Linie ist es eine Frage der Übung.«
»Ach, tatsächlich«, sagte er und starrte mich an. Ich widerstand dem Drang, seinen Blick zu erwidern. Plötzlich merkte ich, dass der Wein und meine Begnadigung mich leichtsinnig werden ließen. Reglos und
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