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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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er das Bewusstsein verloren hätte, mein Schwert zu nehmen… Ich würde mich unsichtbar machen, an den Wachen vorbeistehlen und querfeldein flüchten.
    Und dann? Wieder wäre ich auf der Flucht gewesen und meine Männer, Makoto, die Miyoshibrüder - wohl auch Hiroshi -, wären allesamt ermordet worden.
    All diese Gedanken schossen mir nacheinander durch den Kopf, während Arai Jato über seinem Haupt schwang. Es war ein schöner Anblick: der schwere Mann, mit konzentrierter, ausdrucksloser Miene, der sich so mühelos bewegte, das Schwert schneller durch die Luft sausen ließ, als das Auge folgen konnte. Vor mir stand ein Meister, daran war kein Zweifel, dessen Geschick das Ergebnis jahrelanger Übung und Disziplin war. Ich konnte nicht umhin, Bewunderung zu empfinden, und diesem Mann, der vor mir stand, mein Vertrauen zu schenken. Mein Verhalten würde das eines Kriegers sein: Ganz gleich, welche Befehle er mir erteilte, ich war bereit sie zu befolgen.
    »Eine außergewöhnliche Waffe«, sagte er schließlich, die Übung beendend, doch noch immer gab er mir das Schwert nicht zurück. Sein Atem klang ein wenig angestrengter und über seinen Brauen hatten sich winzige Schweißperlen gebildet. »Es gibt ein weiteres Thema, über das wir reden müssen, Takeo.«
    Ich schwieg.
    »Es kursieren viele Gerüchte über Sie. Das rufschädigendste und beharrlichste ist, dass Sie irgendetwas mit den Verborgenen zu tun haben. Die Umstände um Shigerus und Lady Maruyamas Tod tragen nichts dazu bei, die Hartnäckigkeit zu mindern, mit der dieses Gerücht sich hält. Die Tohan haben immer schon behauptet, Shigeru sei ein bekennender Gläubiger gewesen, hätte sich geweigert, den Eid gegen die Verborgenen zu schwören oder ihre Götzenbilder mit Füßen zu treten, als Iida es ihm befahl. Unglücklicherweise überlebte damals kein vertrauenswürdiger Zeuge den Fall von Inuyama, also werden wir es nie genau erfahren.«
    »Er hat nie mit mir darüber gesprochen«, antwortete ich wahrheitsgemäß. Mein Puls ging schneller. Ich merkte, dass man mich zwingen wollte, den Glauben meiner Kindheit öffentlich zu verurteilen, und davor scheute ich mich. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich wirklich eine solche Entscheidung würde treffen können.
    »Es heißt, dass Lady Maruyama diesen Leuten wohlwollend gegenüberstand. Und dass viele Angehörige der Sekte Zuflucht in ihrer Domäne fanden. Haben Sie davon denn nichts bemerkt?«
    »Ich war mehr damit beschäftigt, die Stammesangehörigen aufzuspüren«, erwiderte ich. »Die Verborgenen erschienen mir immer schon als harmlos.«
    »Harmlos?« Arais Jähzorn flammte erneut auf. »Ihr Glaube ist der gefährlichste und verderblichste von allen. Er beleidigt sämtliche Götter, er bedroht die Strukturen unserer Gesellschaft. Er behauptet, dass die Niedrigsten der Niedrigen - Bauern, Ausgestoßene - adeligen Männern und Kriegern gleichgestellt sind. Er wagt zu sagen, dass große Herrscher nach ihrem Tod bestraft werden wie gewöhnliche Menschen, und er leugnet die Existenz des Erleuchteten und dessen Lehren.«
    Arai starrte mich zornig an, mit blau hervortretenden Venen, die Augen zu Dreiecken verkniffen.
    »Ich bin kein Gläubiger«, sagte ich. Es war die Wahrheit, doch die Lehren meiner Kindheit bekümmerten mich nach wie vor und verursachten mir wegen meiner Untreue Gewissensbisse.
    »Kommen Sie«, brummte Arai. Er rauschte zum Zimmer hinaus auf die Veranda. Seine Wachen sprangen sofort auf und einer brachte ihm seine Sandalen, damit er hineinschlüpfen konnte. Ich schloss mich seinem Gefolge an, während er am Ufer des blauen Sees eilig an den Stallungen vorbeischritt. Shun erspähte mich und wieherte. Hiroshi stand neben ihm, einen Eimer haltend. Als er mich sah, umringt von Wachen, erbleichte er. Er ließ den Eimer fallen und folgte uns. In diesem Moment nahm ich zu meiner Linken in einiger Entfernung eine Bewegung wahr. Ich hörte Makotos Stimme und sah ihn, als ich den Kopf wandte, durch das untere Tor der Tempelanlage hereinreiten. Draußen versammelten sich meine Männer.
    Es wurde still. Wahrscheinlich dachten alle, dass meine Hinrichtung bevorstand, als sie Arai auf den Berg zuschreiten sahen, Jato noch immer in seiner Hand.
    Dort, wo die ersten Felsen in die Höhe ragten, wartete eine Gruppe gefesselter Gefangener, ihrem Aussehen nach zu urteilen offenbar eine zusammengewürfelte Schar von Banditen, Spionen, herrenlosen Kriegern und den üblichen Unglückseligen, die ganz einfach zur

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