Der Glanz des Mondes
würde ich mir als Ersten vom Halse schaffen. Beide waren gute Kämpfer gewesen, aber inzwischen waren sie alte Männer, Ende vierzig, und sie trugen keine Rüstung. Ich war auf der Höhe meiner Reaktionsfähigkeit und in bester körperlicher Verfassung, hatte meine Muskeln und Knochen durch Entbehrung und Krieg gestählt. Ich tötete Shoichi mit einem Hieb gegen den Hals, der seinen Oberkörper diagonal durchtrennte. Masahiro führte einen Schlag, um mich von hinten zu treffen, doch Kenji parierte ihn, und als ich herumfuhr, um mich meinem anderen Gegner zu stellen, sah ich, wie sich sein Gesicht vor Angst verzerrte. Er wehrte jeden Schlag ab, wich aus und parierte, doch er war nicht wirklich mit vollem Herzen bei der Sache. Ein letztes Mal versuchte er, an seine Gefolgsleute zu appellieren, doch noch immer rührte sich keiner von ihnen.
Die ersten Schiffe befanden sich bereits kurz vor der Küste. Masahiro warf einen Blick nach hinten, blickte wieder nach vorn und sah Jato auf sich herabsausen. Er duckte sich in Panik und stürzte über den Rand der Mauer.
Wütend, dass er mir entkommen war, wollte ich ihm fast schon hinterherspringen, als sein Sohn Yoshitomi, mein alter Widersacher aus der Kampfhalle, von der Residenz herbeigerannt kam, gefolgt von einer Schar Brüder und Cousins. Keiner von ihnen war älter als zwanzig.
»Ich kämpfe gegen dich, du Hexer!«, schrie Yoshitomi. »Zeig uns, ob du wie ein Krieger kämpfen kannst!«
Inzwischen befand ich mich in einem fast übernatürlichen Zustand und Jato war erzürnt und hatte Blut geschmeckt. Es bewegte sich schneller, als das Auge folgen konnte. Jedes Mal, wenn meine Gegner in der Überzahl zu sein schienen, war Kenji an meiner Seite. Als ich wieder in der Lage war, mich Masahiro zuzuwenden, sah ich, dass er neben einem kleinen Boot aufgetaucht war, das die Flotte anführte. Es war Ryomas Boot. Seinen Vater am Haarschopf packend, zog der junge Mann ihn nach oben und schnitt ihm mit einem Fischermesser die Kehle durch. Was auch immer Masahiro sich alles zu Schulden hatte kommen lassen - dies war ein weitaus schrecklicherer Tod als jeder, den ich mir für ihn hätte ersinnen können: von seinem eigenen Sohn getötet zu werden, als er in Angst und Schrecken versucht hatte zu fliehen.
Ich wandte mich an die versammelten Gefolgsleute. »Dort draußen segelt eine Schiffsflotte mit einer großen Anzahl meiner Truppen und Lord Arai und ich sind Verbündete. Ich habe keine Streitigkeiten mit irgendeinem von euch. Ihr könnt euch selbst das Leben nehmen, oder mir dienen, oder jeder von Mann zu Mann gegen mich kämpfen. Ich habe meine Pflicht gegenüber Lord Shigeru erfüllt und ausgeführt, was er mir befohlen hat.«
Noch immer spürte ich, wie sein Geist mich erfüllte.
Einer der älteren Männer trat vor. Ich erinnerte mich an sein Gesicht, doch sein Name war mir entfallen.
»Ich bin Endo Chikara. Viele von uns haben Söhne und Neffen, die sich Ihnen bereits angeschlossen haben. Wir wollen nicht gegen unsere eigenen Kinder kämpfen. Sie taten, was Ihre Pflicht und auch Ihr Recht war, auf eine faire und ehrenwerte Art und Weise. Um der Einheit des Clans willen bin ich bereit, Ihnen zu dienen, Lord Otori.«
Mit diesen Worten kniete er nieder und einer nach dem anderen folgten die übrigen seinem Beispiel. Kenji und ich gingen durch die Innenräume der Residenz und postierten Wachen bei den Frauen und Kindern. Ich hoffte, dass die Frauen sich ehrenvoll das Leben nehmen würden. Was mit den Kindern geschehen sollte, würde ich später entscheiden. Wir kontrollierten sämtliche Geheimverstecke und spürten dort mehrere Spione auf. Einige waren offensichtlich Kikuta, doch weder in der Residenz noch im Schloss fand sich die geringste Spur von Kotaro, der - so hatte man es Kenji berichtet - sich in Hagi aufhalten sollte.
Endo begleitete mich zum Schloss. Dort war der Hauptmann der Wachen ebenfalls erleichtert, sich mir ergeben zu können. Sein Name war Miyoshi Satoru, er war der Vater von Kahei und Gemba. Sobald das Schloss gesichert war, legten die Schiffe an und die Männer gingen von Bord, um Straße für Straße die Stadt in ihre Gewalt zu bringen.
Das Schloss einzunehmen, was ich als den schwierigsten Teil meines Plans angesehen hatte, erwies sich als das geringste Problem. Obwohl die Gefolgsleute der Otorilords kapituliert hatten und ich mein Bestes tat, ergab sich die Stadt nicht ganz und gar friedlich. Auf den Straßen herrschte Chaos. Die Menschen versuchten
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