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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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stehe dazu. Auch wenn es mich meine Söhne gekostet hat.«
    Wir verneigten uns und drückten mit leiser Stimme unser Mitgefühl aus.
    Kahei sagte: »Es wird spät. Wir sollten ein wenig schlafen, wenn wir morgen bei Sonnenaufgang weitermarschieren.«
    »Natürlich.« Niwa erhob sich schwankend und klatschte in die Hände. Kurz darauf erschien die Alte mit einer Lampe, um uns in unser Zimmer zurückzugeleiten. Auf dem Boden waren bereits die Betten ausgebreitet. Ich ging zum Abort und lief dann ein paar Schritte durch den Garten, um nach dem Wein wieder einen klaren Kopf zu bekommen. In der Stadt herrschte Stille. Mir war, als könnte ich das tiefe Atmen meiner schlafenden Soldaten hören. Von den Bäumen rings um das Herrenhaus hallte ein Eulenschrei herüber und in der Ferne bellte ein Hund. Der Dreiviertelmond des vierten Monats stand tief am Himmel. Ein paar Wolkenfetzen zogen an ihm vorüber. Nebel trübte die Sicht, nur die hellsten Sterne waren zu erkennen. Ich dachte über all das nach, was Niwa mir berichtet hatte. Es stimmte: Das Netzwerk, mit dem der Stamm die Drei Länder überzogen hatte, war so gut wie unsichtbar. Aber Shigeru hatte es aufgespürt und ich besaß seine Aufzeichnungen.
    Ich ging zurück ins Zimmer. Makoto war bereits eingeschlafen. Kahei sprach mit zweien seiner Männer, die gekommen waren, um ihren Wachdienst anzutreten. Er berichtete mir, dass zwei weitere Posten den Raum bewachten, in dem Kaede schlief. Ich legte mich hin, wünschte, sie wäre bei mir, und überlegte kurz, nach ihr schicken zu lassen; dann sank ich in tiefen Schlaf.

KAPITEL 3

    Während der nächsten Tage verlief unser Marsch nach Maruyama ohne weitere Zwischenfälle. Die Nachricht von Jin-emons Tod und dem Sieg über seine Banditenbande war uns vorausgeeilt, weshalb wir überall freundlich empfangen wurden. Wir beeilten uns weiterzukommen, mit kurzen Nächten und langen Tagen, nutzten das günstige Wetter vor dem endgültigen Einsetzen der Regenzeit.
    Auf unserer Reise versuchte Kaede mich über die politischen Hintergründe ihrer zukünftigen Domäne aufzuklären. Shigeru hatte mir über die Geschichte des Landes bereits einiges erzählt, aber das verworrene Netz aus Hochzeiten, Adoptionen, Todesfällen - Morden möglicherweise -, Eifersucht und Intrigen, all das war mir größtenteils neu. Und wieder musste ich über die Stärke von Maruyama Naomi staunen, jene Frau, die Shigeru über alles geliebt hatte und die in der Lage gewesen war, nach ihren eigenen Gesetzen zu leben und zu herrschen. Je länger ich darüber nachdachte, desto heftiger bedauerte ich ihren Tod - und den seinen -, was meinen Entschluss, ihr gemeinsames Werk von Gerechtigkeit und Frieden fortzuführen, nur bestärkte.
    »Lady Maruyama und ich unterhielten uns ebenfalls während einer Reise«, sagte Kaede. »Aber damals ritten wir in die entgegengesetzte Richtung, nach Tsuwano, wo wir dir begegneten. Sie meinte zu mir, Frauen sollten ihre Macht verbergen und sich lieber in Sänften herumtragen lassen, um nicht von Feldherren und Kriegern zermalmt zu werden. Und nun reite ich hier an deiner Seite, auf Raku, in aller Öffentlichkeit. Ich werde nie wieder in einer Sänfte reisen.«
    Es war ein Tag mit Sonne und Schauern, wie der Hochzeitstag des Fuchses in dem alten Märchen. Ganz plötzlich spannte sich ein Regenbogen vor einer dunkelgrauen Wolke; die Sonne schien für ein paar Minuten tapfer weiter, dann fiel silbriger Regen. Schließlich bezog sich der Himmel, Sonne und Regenbogen verschwanden und ein heftiger Schauer, wie kalte Nadelstiche, ging hernieder.
    Lady Maruyamas Heirat sollte das Verhältnis zwischen den Seishuu und den Tohan verbessern. Ihr Ehemann war ein Tohan gewesen, sowohl mit der Familie Iidas als auch mit den Noguchi verwandt. Er war sehr viel älter als sie, hatte bereits eine Ehe hinter sich und erwachsene Kinder. Die Klugheit dieser Entscheidung, durch eine derart vorbelastete Ehe ein Bündnis zu schließen, war damals stark in Frage gestellt worden, nicht zuletzt durch Naomi selbst, die, obwohl erst sechzehn, nach Art der Maruyama dazu erzogen worden war, frei zu denken und offen ihre Meinung zu sagen. Trotzdem hatte der Clan die Hochzeit gewünscht, und so hatte man alle Vorbereitungen getroffen. Lady Maruyamas Stiefkinder bereiteten ihr zeitlebens große Probleme. Nach dem Tod ihres Mannes hatten sie versucht, ihr das Recht auf die Domäne streitig zu machen, ohne Erfolg. Die einzige Tochter ihres Mannes war die Frau eines

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