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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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würde es nie geben. Aus seiner Sicht hatten seine Söhne nicht einmal ehrenvoll auf dem Schlachtfeld ihr Leben gelassen, sondern waren schmachvoll von einer kaum menschlichen Bestie ermordet worden.
    »Ich begreife nicht, wie Sie ihn besiegen konnten«, sagte er und musterte mich mit einem Blick, der an Verachtung grenzte. »Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, aber meine Söhne waren doppelt so groß wie Sie, älter und erfahrener.« Er nahm einen tiefen Schluck, ehe er fortfuhr: »Aber ich habe ja auch nie begriffen, wie Sie es geschafft haben, Iida zu töten. Es gab dieses Gerücht, nachdem Sie verschwanden, dass durch Ihre Adern ein besonderes Blut fließt, das Ihnen außergewöhnliche Kräfte verleiht. Ist es eine Art von Zauberei?«
    Ich spürte Kaheis steigende Anspannung an meiner Seite. Wie jeder Krieger fasste er jegliche Unterstellung von Zauberei sofort als Beleidigung auf. Aber Niwa wollte mich sicher nicht bewusst kränken. Der Kummer hatte seinen Verstand wohl so sehr getrübt, dass er nicht mehr wusste, was er sagte. Ich erwiderte nichts. Er starrte mich immer noch an, aber ich wich seinem Blick aus. Allmählich sehnte ich mich nach Schlaf; meine Augenlider zuckten, meine Zähne schmerzten.
    »Es hat eine ganze Menge Gerüchte gegeben«, fuhr Niwa fort. »Ihr Verschwinden hat Arai einen beachtlichen Schlag versetzt. Er hat es sehr persönlich genommen und vermutete irgendeine Verschwörung. Er hatte eine langjährige Mätresse - Muto Shizuka. Kennen Sie sie?«
    »Sie diente meiner Frau«, antwortete ich, ohne zu erwähnen, dass sie außerdem meine Cousine war. »Lord Arai selbst schickte sie zu ihr.«
    »Es stellte sich heraus, dass sie eine Angehörige des Stamms war. Arai hatte es zwar die ganze Zeit gewusst, aber nicht begriffen, was es bedeutete. Als Sie sich offenbar dem Stamm anschlossen, jedenfalls hieß es damals so, wurde so mancher ziemlich nachdenklich.«
    Er unterbrach sich und sein Blick wurde eine Spur misstrauischer. »Aber das wissen Sie ja wohl bereits.«
    »Ich hörte davon, dass Lord Arai beabsichtigte, gegen den Stamm vorzugehen«, erwiderte ich vorsichtig. »Ich weiß aber nicht, was er erreicht hat.«
    »Nicht gerade viel. Einige seiner Gefolgsmänner - ich gehörte nicht dazu - rieten ihm, mit dem Stamm zusammenzuarbeiten, wie Iida es getan hatte. Ihrer Überzeugung nach war es am besten, den Stamm zu bezahlen, um ihn unter Kontrolle zu haben. Arai gefiel das nicht. Erstens konnte er es sich nicht leisten, und außerdem entspricht es einfach nicht seiner Art. Er liebt klare und eindeutige Verhältnisse und er lässt sich nicht gern zum Narren halten. Er fühlte sich von Muto Shizuka, dem Stamm und sogar von Ihnen irgendwie hintergangen.«
    »Das war niemals meine Absicht«, sagte ich. »Aber ich kann verstehen, wie mein Verhalten auf ihn gewirkt haben muss. Ich sollte mich bei ihm entschuldigen. Sobald wir in Maruyama sind, werde ich ihn aufsuchen. Hält er sich zurzeit in Inuyama auf?«
    »Er hat den Winter dort verbracht. Sein Plan war, nach Kumamoto zurückzukehren und das Gebiet von den letzten Aufständischen zu säubern, dann nach Osten zu ziehen, um die früheren Ländereien der Noguchi zu sichern und dann seinen Kampf gegen den Stamm wieder aufzunehmen, ausgehend von Inuyama.« Er goss Wein nach und stürzte den Inhalt seiner Schale in einem Zug herunter. »Aber mit dem Stamm ist es, wie wenn man Süßkartoffeln ausgräbt: Unter der Erde kommt sehr viel mehr, als man denkt, und ganz gleich, wie vorsichtig man versucht sie herauszuholen, einige Stücke fallen immer ab und beginnen neu auszutreiben. Ein paar ihrer Leute habe ich hier aufgespürt. Einer war der Betreiber der Brauerei, ein anderer ein unbedeutender Kaufmann und Geldverleiher. Alles, was mir ins Netz ging, waren ein paar alte Männer, Strohmänner, weiter nichts. Sie nahmen Gift, ehe ich etwas aus ihnen herausbekommen konnte; die anderen tauchten unter.«
    Er hob die Weinschale und starrte sie verdrossen an. »Es wird Arai aufreiben«, sagte er schließlich. »Mit den Tohan kommt er zurecht, sie sind einfache Feinde, geradeheraus, und die meisten haben bei Iidas Tod ihren Mut verloren. Aber gleichzeitig diesen verborgenen Feind ausrotten zu wollen - da hat er sich eine unlösbare Aufgabe gestellt. Und so langsam gehen ihm die Mittel aus.« Er schien plötzlich zu begreifen, was er da sagte, und fuhr hastig fort: »Nicht, dass ich ihm jemals in den Rücken fallen würde. Ich habe ihm die Treue geschworen und

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